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Alt 27.03.2023, 22:09   #58  
Singongo
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Hallo Leute, endlich möchte ich meine Rezi im Forum des Mosaik präsentieren:
(Drum sei nicht verwundert über meine Grätsche, lieber @gbg!)

Die Narrenpritsche
Hier meine kurze Rezension dazu:
Obwohl große Bestandteile des Heftes schon unterm Mosaik-lesenden Volk bekannt waren, habt Ihr aus dem Stoff nochmals einiges herausgekitzelt! Ich wohne in der Nähe (30km) von Bregenz, also recht nah an Salzburg, wo ich schon des öfteren weilte. Also bin ich (aber doch eher unbewusst) meiner Einstiegsserie (und bis heute natürlich Lieblingsreihe Österreich-Ungarn) räumlich relativ nah. Der auch in der Narrenpritsche genutzte Dialekt ist recht authentisch getroffen. Zeichnet dafür heute ein Muttersprachler verantwortlich? Oder der studierte Sprachwissenschaftler in Dir, lieber Gilbert? (ich erinnere mich schwach, in der 13/79 von 2011 näheres darüber gelesen zu haben, d.h. zur Entstehung der Dialekt-Dialoge) Jedenfalls ist es für mich recht genüsslich zu lesen, wie die Hefe des k.u.k. österreichischen Volkes miteinander kommuniziert. Sicher ist das nicht ganz einfach, will man ja auch den „normalen“ Leser nicht überfordern…! Dass der eingeborene „Schluchti“ noch ganz anders vom Leder ziehen kann, sei hier geschenkt!
Und dann die Umsetzung als Gesamtwerk:
Der Rahmen mit dem Hofkapellmeister Joseph Haydn in dem Wiener Vorort OBERE WINDMÜHLE, KLEINE STEINGASSE 78 vereint die beiden Wüstefeld‘schen Kurz-Comics miteinander, perfekt ins Bild gesetzt vom Star unter den Fan-Zeichnern, Jan S.! Viel besser geht das nicht! Ich habe auch nach mehrmaligem Lesen des Büchleins viel Freude daran. Man kann immer wieder Dinge entdecken:
- Alsda wäre ein auf Seite 6 im allerersten Comic-Panel vorüberspurtender Erzbösewicht. Was der wohl im Wien des ausgehenden 18. Jahrhunderts zu tun hat? …ein sehr fan-wunschgedachter Anblick!
- …ja und dann:
Auf Seite 20, also im Teil „Hans‘l im Glück“ begegnen wir im fünften Panel unten mittig einer osmanischen Formation, deren Anführer folgendes spricht: „Özür dilerim! Acaba Bece, nasil gidebiliriz bize söyleyebilirmisiniz?“. Hierbei dürfte es sich um ein (recht bekanntes) türkisches Kinderlied handeln. In einer Fußnote wird erklärt, dass Bec ein alter osmanischer Name für Wien sei! Das habe ich schon 2010 in Zweifel gezogen. Nachdem ich erneut lese‘risch über diesen Lapsus gestolpert bin, muss es nun raus:

Bec

(leider kann ich den kyrillischen Zeichensatz nicht laden!)

Ist die serbische Übersetzung des Stadtnamens Wien.


Fährt man durch Wien, so fallen an allen Zugängen zur Stadt die zweisprachigen „Ortseingangsschilder“ ins Auge. Natürlich bin ich mir darüber im Klaren, dass die Osmanen spätestens seit der Schlacht auf dem „Amselfeld“ im Jahr 1389 massiven Einfluss auf das Leben auf dem Balkan genommen haben, also möglicherweise auch auf sprachliche Belange. Doch auch die Frage nach Ei oder Huhn ist ja nicht so einfach zu beantworten.
Jedenfalls hat mir die Jahresgabe 2023 viel Freude gemacht und auch zum Nachdenken angeregt. Auch dafür meinen besten Dank.

Nun bin ich nicht sicher, ob all meine Aussagen hier schon bekannt sind, doch das Restrisiko gehe ich ein. Besonders bedanke ich mich hier bei @tilberg.
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