Thema: Pecos Bill
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Alt 20.04.2012, 08:34   #8  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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Wer war nun dieser Pecos Bill, dieser Tausendsassa des amerikanischen Westens, wo kam er her und wo ging er hin? Gleich anderen Pionieren zog es die Familie “Bill“ in den dreißiger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts nach Texas, von dem an der Ostküste, aber auch in Europa (6), wahre Wunderdinge erzählt wurden. Wald, Weideflächen, Wasser und Land, alles sollte im Überfluss vorhanden sein. Die einheimische indigene Urbevölkerung wurde meist nur am Rande erwähnt und dann vertrieben und vernichtet wo immer sie sich den landhungrigen Eindringlingen entgegenstellten. Die seit gut einhundert Jahren vorhandene spanisch/mexikanische Bevölkerungsgruppe hatte sich mit den Indianern einigermaßen arrangiert und stellte schon auf Grund ihrer geringen Anzahl keine Existenzbedrohend für diese dar. Die Lateinamerikaner sahen aber, genau wie die Indianer, die massenhafte Einwanderung der „Gringos“ eher skeptisch entgegen – die bald einsetzenden Unabhängigkeitsbestrebungen vom Mutterland Mexiko seitens der Neuankömmlinge gaben ihnen in ihrem Argwohn schließlich recht.




Das unglaubliche an dieser Episode um „The Alamo“* aus dem texanischen Unabhängigkeitskampf ist für mich, dass es sich wohl tatsächlich weitgehendst so abgespielt hat, wie im Film geschildert.
Im unteren Bild sehen wir den Tod des „historischen“ Davy Crockett, gespielt von John Wayne. Im Vergleich dazu ist der „Comicheld“ eine Witzfigur, wie wir später sehen werden.

Die Abbildungen sind einer Souvenir-Bildschrift entnommen, diese erschien beim „Bildschriftenverlag“!
*The Alamo: wäre bei Interesse ein eigenes Thema in LORENZ´ COMIC WELT!?

Vater, Mutter, der kleine Bill und siebzehn (!) weitere Geschwister saßen nun in ihrem Prärieschoner und holperten dem Rio Pecos entgegen. Zu diesem Zeitpunkt hieß unser zukünftiger Held natürlich noch nicht Pecos Bill, sondern bekam seinen berühmten Namen erst später ... sagt die Legende, sowie alles was hier schon über ihn geschrieben steht und was noch folgt. Bei der Überquerung des Flusses schaukelte der Wagen so stark, dass ein Kind hinten runter fiel. Es wurde aber vorerst nicht bemerkt, denn zum einen machte alles natürlich einen Riesenkrach: das Plätschern des Wasser, das Rumpeln und Poltern des Wagens und natürlich auch der Lärm, den achtzehn, oder auch nur siebzehn Kinder veranstalten können. Und eben durch diese quirlige Menge der Kinderschar in der Enge des Wagens fiel eines weniger vorerst nicht auf. Erst als abends gestoppt und sich alle zum Abendessen versammelten, wurde Pecos Bill vermisst. Alles suchen half anschließend nichts, das Kind blieb verschollen.




So sieht die Szene mit dem herausfallenden kleinen Pecos Bill bei Disney aus. Entnommen ist das Bild aus „Eine kleines Disney-Buch“, erschienen im Delphin-Verlag.

Pecos Bill war zu diesem Zeitpunkt vier Jahre alt und damit sozusagen aus dem Gröbsten heraus. Er strolchte ein wenig umher und traf dann auf einen weisen alten Coyoten, dem Anführer des örtlichen Rudels. Beide „beschnupperten“ sich, fanden sich sympathisch und Klein Bill lebte von nun an für mehr als zehn Jahre als „Adoptiv - Coyote“ auf der texanischen Prärie. Das Rudel nannte ihn Cropear (7), nach seinen struppigen roten Haaren. Pecos Bill lernte nun wie ein Coyote zu leben und zu heulen, bald kannte er alle Tricks und Schliche dieser intelligenten Hundeart. Er verstand es rasch, sich nicht nur mit den Coyoten zu verständigen, sondern alle Tiersprachen der Prärie wurden ihm eigen. Das kommt einem natürlich aus den Dschungelbüchern Rudjard Kiplings vertraut vor, die ein paar Jahre vor der Veröffentlichung der ersten Pecos Bill Story erschienen waren; aber bitte, wer war der Erste, denn schon zweitausendsiebenhundert Jahre vorher hatte eine Wolfsmamma zwei Kinder großgezogen: im Kapitolinischen Museum in Rom ist die antike Plastik zu bewundern, die eine Wölfin zeigt, an deren Zitzen Romulus und Remus saugen.




Hier sehen wir zwei unterschiedliche Darstellungen derselben Situation im Leben des Pecos Bill bei den Wölfen. Oben die Disney-Version, unten die der Mondial-Comicreihe.

Das ging so über zehn Jahre. Während Bill mit den Coyoten über die Prärie fegte, wurde Texas besiedelt, die ersten Longhorn-Rinder eingeführt und versucht eine ökonomisch sinnvolle Massentierhaltung zu etablieren. Da entdeckte Bill mitten im wogenden Gräsermeer einen Reiter. Zuerst war er skeptisch über dieses seltsame Wesen, das sich zudem noch als zwei entpuppte, als der Reiter von seinem Pferd stieg. Vorsichtig stellte der Reiter zu Pecos Bill Kontakt her. Bill verstand ihn zu seinem eigenen Erstaunen (das, was er die ersten vier Jahre erlernt hatte, kam plötzlich wieder an die Oberfläche). Natürlich war sein Wortschatz des einen Vierjährigen, aber so nach und nach lernte er bei ihren folgenden häufigeren Treffen sich mit dem merkwürdigen Wesen richtig zu unterhalten. Ein großer Schock für ihn war die Feststellung, dass er selbst gar kein Coyote war, sondern ein Mensch, wie sein Gegenüber. Ihr beider Spiegelbild auf einer Wasseroberfläche überzeugte ihn, so wie Tarzan auf die Wasseroberfläche eines Teiches sein Anderssein gegenüber seinen „Affenbrüdern“ schmerzlich erkennen musste. Als nächstes stellte sich heraus, dass es sich nicht um irgendeinen Cowboy handelte, sondern das sich zufällig zwei Brüder in den Weiten der Prärie getroffen hatten. Ihre Eltern hatten sich damals in der Nähe niedergelassen, wobei „in der Nähe“ auf texanisch natürlich „Meilen um Meilen entfernt“ bedeuten kann, weshalb dieses Zusammentreffen auch erst jetzt stattfinden konnte. Nach einigen Wochen war Pecos Bill bereit, seinem Bruder zu folgen und unter seinesgleichen zu leben. Seine Adoptivfamilie vergaß er allerdings nie, besuchte sie so oft wie möglich und versuchte auch, die Coyoten vor den Nachstellungen der Menschen zu schützen.




In dieser Illustration aus dem „Alexa-Buch“ werden Pecos Bill die Haare geschnitten, nachdem er zu den Menschen zurückgekehrt ist.

Fortsetzung folgt …

Geändert von Lothar (20.04.2012 um 14:49 Uhr)
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