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Alt 06.12.2019, 10:25   #4438  
michidiers
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Zusammenbruch



Text und Zeichnungen: Pascal Rabaté

Zitat:
1940 sind die Deutschen auf dem Vormarsch und bringen den Franzosen eine vernichtende Niederlage bei. Das besetzte Frankreich ist der Handlungsort einer Burleske, in der Soldaten gefangen genommen werden, fliehen, wieder festgesetzt werden, um am Ende eine kurze Zuflucht auf einem Bauernhof zu finden. Anhand der Geschichte des Soldaten Videgrain, der von den Kriegswirren hin und her gespült wird, ohne jemals Herr seiner selbst zu sein, erzählt er vom Wahnsinn des Krieges. Pascal Rabaté, der mit Vorliebe aus dem Alltag der Menschen im ländlichen Frankreich berichtet, lässt hier in nüchternem Zeichen- und Erzählstil die Erinnerung an eine dunkle Zeit aufleben.
Es ist schon eine sehr ungewöhnliche Kriegsgeschichte, die Pascal Rabaté in der Graphic Novel „Zusammenbruch“ zu Papier gebracht hat. Ein wenig Drama, etwas Road Movie, eine Prise Existentialismus, etwas Charakterstudie, etwas Antikriegsroman, etwas Posse, nicht immer weiß man, wohin der Autor mit der Geschichte von Videgrain überhaupt will, bzw. welche Absichten er mit der in ruhigen Bildern und Worten erzählten Story verfolgt. Fakt ist jedoch, dass man sich als Leser mit dem von ihm erdachten kleinen Soldaten Videgrain – er steht wohl für viele der geschlagenen französischen Landser von 1940 – sehr schnell anfreundet, ihn sympathisch findet und ihm eigentlich alles erdenklich Gute in diesem Chaos wünschen will. Die übermächtige deutsche Armee spielt hingegen eine seltsame, eher schon bizarre Rolle. Sie ist gesichtslos, fast unwirklich, wird von den Franzosen eher mit Lakonie, als mit Waffen begegnet. Die Wehrmacht wird nicht einmal als ein echter Feind von Videgrain und seinen Kameraden wahrgenommen, am ehesten könnte man sie als stetiges Hintergundrauschen einer sich langsam aber sicher nähernden Flut bezeichnen.

Leider bleibt dann am Ende von Videgrains langen Wegs durch die französische Provinz, auf dem wir ihn begleiten durften, sehr viel offen … vielleicht so offen, wie das Schicksal der ganzen Grande Nation zur „Stunde Null“ nach dem Ende des Blitzkriegs im sommerlich warmen Juni 1940.
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