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Alt 02.03.2022, 21:28   #66  
God_W.
Captain Rezi
 
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Wonder Woman Anthologie



Ich habe vor demnächst mal wieder mit meinem John Constantine Run weiterzumachen. In der zeitlichen Abfolge der Erscheinungstermine steht als nächstes die vierbändige Justice League Dark von 2019-2021 (deutsche Erscheinungsdaten) auf dem Programm. Offensichtlich kommt Wonder Woman dabei eine gewichtige Rolle zu, und da ich die Amazonenprinzessin abgesehen von kleineren Auftritten in größeren Events (Invasion!, Neue Horizonte) noch nicht kenne, habe ich mir gedacht, ich belege vorab zumindest mal so einen kleinen Grundkurs, um mir einen groben Überblick zu verschaffen. Die neuen Kinofilme und auch ein paar Folgen der alten TV-Serie kenne ich natürlich, aber in Comicform bietet die Wonder Woman Anthologie sicher einen guten Überblick über Dianas Werdegang.

Was soll ich sagen? Genau so war es dann auch! Der Band bietet von Wonder Womans erstem Auftritt in Wonder Woman #1 von 1942 bis zu Sensation Comics Featuring Wonder Woman 7 von 2015 ein breit gefächertes Programm. Ich will jetzt nicht zu jeder Story ins Detail gehen, das haben schon Andere getan (z.B. LaLe an anderer Stelle ), aber ich kann sagen, dass ich absolut positiv überrascht war! Zuerst einmal mag ich Dianas Verankerung in der griechischen Mythologie total gerne, das bringt nicht nur ein historisches Feeling rein, sondern verleiht dem Ganzen auch irgendwie mehr Substanz und Tiefe.

Zweiter wichtiger Aspekt, der sich wie ein roter Faden durch ganz viele Wonder-Woman-Abenteuer zieht ist die Verbindung zu Kriegen. Klar, bei einer Kriegerprinzessin macht das schon auch Sinn, aber hauptsächlich liegt das sicherlich daran, dass der Comic zur Zeit des zweiten Weltkrieges entstanden ist und auch ihr Schöpfer William Moulton Marston nicht ganz unbeteiligt war. So hat der Mann, seines Zeichens Professor der Psychologie, doch tatsächlich den ersten Lügendetektor der Welt erfunden, was die besondere Eigenschaft von Wonder Womans Lasso nochmal in ein ganz anderes Licht rückt. Ja, ich muss sagen auch die Sekundärartikel in dem Band sind hochinteressant und ich muss mir beizeiten mal das Biopic „Professor Marston & The Wonder Women“ mit Luke Evans in der Hauptrolle anschauen.

Im Laufe der Jahre veränderten sich die Erzählstrukturen der Comics, die Optik natürlich ebenso und vor allem auch die Kriege, in denen die Superheldin gegen die Bösewichte der Welt antritt. Ja, auch Wonder Woman hat es ab und an „nur“ mit einem der vielen Superschurken zu tun, aber sehr häufig ist sie doch an Kriegsschauplätzen, anderweitig für die US Army tätig, oder die Geschichten stehen in Verbindung mit der griechischen Mythologie. Diese Grundthemen sind meistens präsent und treffen meinen Geschmack, sicher einer der vielen Gründe weshalb ich mit dem Band so viel Freude hatte. Ein weiterer Hauptgrund ist, dass es gerade in den ersten Jahrzehnten von Wonder Womans Bestehen sicher eine Seltenheit war, mit welcher körperlichen, vor allem aber auch geistigen Stärke eine Frau dargestellt, und ins Zentrum des Geschehens gerückt wurde. Regelmäßig ist die Amazone ihren, häufig männlichen, Widersachern nicht nur in Stärke, sondern auch in Sachen Intelligenz haushoch überlegen. Herr Marston war also überzeugter Feminist, mit dieser Einstellung seiner Zeit ein gutes Stück voraus und trifft auch damit bei mir, als Freund starker Frauenfiguren, absolut einen Nerv.

Damit komme ich dann auch zu meinem einzigen größeren Kritikpunkt an Wonder Womans Entwicklung. Ja, die Frau ist noch immer stark, noch immer intelligent und ihren Feinden zumeist über. Es scheint auch so, als sei die reihe über die Jahrzehnte zumeist gut gelaufen, denn für ihre Zeit sehen nahezu alle Comics in dem Band sehr gut aus, es scheinen also doch oft die talentierteren Zeichner an Diana gesetzt worden zu sein, aber warum zur Hölle müssen die die Muskelpartien und vor allem die Körbchengröße von Jahrzehnt zu Jahrzehnt massiv vergrößern? Das hat die Lady wahrlich nicht nötig! Zum Glück hat man sich da bei der Kinoauswertung besonnen und mit Gal Gadot eine wunderschöne Frau, aber eben kein Busenwunder gecastet, sondern jemanden der vor allem den Stolz und die Intelligenz von Wonder Woman zu transportieren weiß. Wurde das durch den Film in den neueren Comics eigentlich wieder besser? Auf alle Fälle schmälert das nicht meinen hervorragenden Gesamteindruck zu dem Band, meine bislang liebste Anthologie-Ausgabe und für jeden der Wonder Woman mal ein klein wenig kennenlernen möchte eine absolute Kaufempfehlung.

8,5-9/10

VG, God_W.
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