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Alt 10.08.2018, 16:20   #37  
74basti
Moderator Sekundärliteratur
 
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(Teil 2)

Anlass für diese Zeilen ist, dass ich heute die Piccolos 96 bis 104 gelesen habe, nachdem hier im Thema vor kurzem über das Ende der Serie spekuliert wurde. Wenn – so mein Gedanke – nur noch zwei Hefte folgen, dass muss ja die Handlung noch zu Ende gebracht werden. Das wird nicht einfach. Tibor befindet sich noch bei den O-Dobos, die James Connors Maschinenpistole in ihren Besitz gebracht haben. Tibor muss gegen einen Spinosaurus antreten und William Turner, der zweite Gauner, lenkt seinen Transporthubschrauber zum Dorf der O-Dobos, wo die Verladung der Jungsaurier stattfinden soll. Nach der Landung versucht er, Tibor über seine wahren Absichten zu täuschen. Der abgesetzt Häuptling MaHogan findet derweil die vergifteten Pfeile wieder. Und Ben Morley, der auf der Suche nach William ist, erreicht den Grenzfluss zum Gebiet der Toten Sümpfe. (Inhalt der Piccolos 96/97).

Irgendwie geht dann alles ziemlich hin und her mit gegenseitiger Gefangennahme und Befreiung und die Figuren, die über viele Piccolos räumlich getrennt waren, treffen nun auf einander. „Aha“, denke ich, es geht dem Ende tatsächlich entgegen. Doch in Heft 102 bedroht der Häuptling mit seiner MP Tibor und Ben Morley. „Ob sich das hier alles in wenigen Heften auflösen lässt?“, frage ich mich und blättere auf Seite 2/3. Da wird Tibor aufgefordert, den Zwergenhäuptlich zu erschießen. Der weigert sich natürlich. Nun langt es Morley: „Dann mache ich es eben!“, knurrt er, springt auf, zieht einen Revolver und legt den Häuptling mit einem gezielten Kopfschuss flach: Peng!
Tibor: „Er ist tot
Morley: Na, das hoffe ich doch. Der kleine Mistkerl war drauf und dran uns umzulegen.

Da bleibt mir dann doch die Spucke weg.

Einige Seiten weiter: Die Minikrieger haben sich mit Speeren bewaffnet auf den Weg gemacht, um die großen Menschen zu fangen. William Turner wird aus der Luft von Speeren durchbohrt, darunter einem durch seinen Hinterkopf und einem durch seinen Hals.

Er bricht sofort tot zusammen.



Heft 104: James Connor, der Komplize von Williams hat die Nase voll. Bei einer Rangelei mit Morley löst sich ein Schuss und erledigt den Nächsten.


Bei Tibor wird gerade brutal ausgesiebt. Das Ende rückt näher.

Ich nehme Kontakt mit dem Autoren des zuvor zitieren Buches „Tibor – Eine Legende in Afrika“ auf, um mich zu vergewissern, dass das, was ich gerade gelesen habe, eine absolute Ausnahme darstellt. Der bestätigt mir in einem sehr netten und angenehmen Telefonat (alle Telefonate mit ihm sind nett und angenehm), dass ihm eine derartige Szenerie aus Tibor so nicht in Erinnerung ist und dass so etwas bisher nicht vorgekommen sei.

Eine gehörige Portion Realität also zum Schluß der Serie. So ist es kein Wunder, dass die Geschichte sich auf den nächsten 64 Seiten auflösen lässt.

In „Deutsche Comicforschung 2010" ist nachzulesen: „In der Weiterführung der Wäscher-Serien war Michael Goetze naturgemäß um Konstanz bemüht gewesen. Nicht etwas Neues sollte hier geschaffen werden, sondern etwas in der Fortsetzung des Gewohnten“ (vgl. Eckart Sackmann, Ritter Sigurd. As Streifenheft als Gattung, Muster und Mythos, Deutsche Comicforschung 2010, comicplus+, 2009, S. 116 f.)

In einer Serie, in der nach wie vor (wie in der Originalserie) keine Brustwarzen gezeichnet und gezeigt werden, überrascht ein derartiger Mut zur Realität durchaus (und Abkehr von bisherigen und bewährten Erzählmustern). Nicht, dass es mich (Jg. 1974) stören würde, aber es stellt alles auf den Kopf, was ich unter der „Fortsetzung des Gewohnten“ verstehe. Vielmer ändert diese Radikalität nun einiges. Viele Autoren haben die „Zensur“geschichte es Lehning Verlages untersucht; sie soll als bekannt vorausgesetzt werden, daher soll hier auf eine nähere Betrachtung verzichtet werden. Letztlich werden die Nachdruck ohnehin nur von Erwachsenen gelesen. Man wird abwarten müssen, was in den letzten beiden Piccolos noch geschieht. Ich tippe auf einen „klassischen“ Schluss. Tibor überwältigt den Bösewicht, fliegt ihn zu einer Polizeistation und damit ist die Geschichte zu

ENDE

Nachtrag: James Connor wurde bereit in Heft 94 (Org-Gromos Tod) von Speeren getroffen und auf dem Cover ist auch Blut zu sehen, er starb jedoch nicht daran)

"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer" - Francisco de Goya 1799

Geändert von underduck (10.08.2018 um 23:10 Uhr)
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