Thema: Filmklassiker
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Alt 13.01.2024, 06:28   #1829  
Peter L. Opmann
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„Buddy Buddy“ (1981) von Billy Wilder ist ein schwieriger Fall. Es war sein letzter Film, und er erhielt sehr gemischte Kritiken. Nachdem ich jetzt Vorlage und Remake unmittelbar nacheinander gesehen habe, muß ich sagen, daß Wilder hinter dem Original ganz klar zurückbleibt. Es ist kein schlechter Film, aber Wilder hat sich zusammen mit I. A. L. Diamond für die meisten Einzelheiten der Handlung etwas Neues einfallen lassen, und fast immer ist es nicht so lustig geworden wie „Die Filzlaus“. Ich habe das Gefühl, nichts an dieser Geschichte hat ihn wirklich interessiert. Die kleinen Seitenhiebe, etwa auf Filmzensur oder die Sexbesessenheit der modernen Gesellschaft, verpuffen. Schade eigentlich.

In meinem Remake-Handbuch wird vor allem bemängelt, daß das so bewährte Paar Jack Lemmon und Walter Matthau hier nicht funktioniert. Lemmon ist nicht so eine Nervensäge wie Jacques Brel; er leidet eher still als in Tränen aufgelöst und ist zeitweise durchaus in der Lage, seine Beziehung zu seiner Frau (Paula Prentiss) nüchtern einzuschätzen. Matthau wird zwar stärker als Auftragsmörder eingeführt, indem er zu Beginn des Films zunächst zwei von drei Kronzeugen ins Jenseits befördert. Aber er ist im Gegensatz zu Lino Ventura kein Killer, sondern im Grunde ebenfalls ein Versager. In „Extrablatt“ hat Matthau einen harten Geschäftsmann gespielt, aber hier fällt der Gegensatz zwischen dem eiskalten Killer und dem verzweifelten Selbstmordkandidat zu schwach aus. Prentiss bekommt anders als Caroline Cellier keine Chance zur Rehabilitation, und Klaus Kinski als ihr neuer Liebhaber (hier nicht nur Arzt, sondern „Sexarzt“) bleibt ganz blass – er hat keinerlei Spielraum zur Entfaltung, und zu allem Überfluß hat ihm die Synchronisation einen penetranten sächsischen Dialekt verpaßt (naja, dafür immerhin kann Wilder nichts). Die Filmmusik von Lalo Schifrin paßt gut.

Insbesondere haben Wilder und Diamond sich entschlossen, das Ende umzuschreiben. Nachdem Matthau durch eine Beruhigungsspritze betäubt ist, springt Lemmon für ihn ein. Er will aus Dankbarkeit das Attentat übernehmen. Lemmon schießt daneben, trifft aber doch den Richtigen, denn die Polizei hat den Kronzeugen mit einem Polizisten die Kleider tauschen lassen. Matthau flieht als Priester verkleidet und wird von der Polizei genötigt, dem Mordopfer die letzte Ölung zu spenden. So erfährt er, daß er doch am Ziel ist, und setzt sich beruhigt auf eine einsame karibische Insel ab – bis Lemmon mit einem Boot dort ebenfalls angespült wird. Im Original war es konsequent, daß der Selbstmordkandidat dem Killer bis zuletzt seinen Auftrag vermasselt und ihn noch im Knast vollquatscht.

Nur selten mal bietet „Buddy Buddy“ etwas Gleichwertiges oder gar Besseres als das Original. So bringt Matthau Lemmon keinswegs in die Klinik seines Nebenbuhlers, sondern will ihn irgendwo weitab der Zivilisation umlegen. In diesem Moment kommt die Polizei mit der schwangeren Frau vorbei und zwingt ihn dazu, sie ins Krankenhaus zu fahren. So landen sie dann doch bei Kinski, und ein Krankenpfleger versucht, sie abzuwimmeln: „Wir sind eine Sexklinik – mit dem Ergebnis beschäftigen wir uns nicht.“

Kennt man nur Wilders Film, so wird man ihn wohl für ganz unterhaltsam halten. Nichts besonderes, aber eine ordentlich gemachte schwarze Komödie. Die Konsequenz der „Filzlaus“ fehlt ihm. Vielleicht ist Wilder daran aber gar nicht schuld oder jedenfalls nicht allein. Denn er hat den Film nicht produziert. Kann sein, daß die Produzenten keine ätzende Komik wollten, sondern etwas Familientaugliches. Kann aber auch sein, daß Wilder mit der ganzen langen Erfahrung seiner gesamten Hollywoodkarriere nicht mehr den Mut zu einem Werk mit Biß hatte.

Geändert von Peter L. Opmann (13.01.2024 um 09:10 Uhr)
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