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Alt 13.09.2016, 16:16   #23  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Ein Sonderfall in dieser Hinsicht ist sicher das Subgenre des Nordic Noir (des Krimis aus Skandinavien).

Meine Grundkenntnisse über Krimis habe ich mir damals über die Anthologien von Mary Hottinger (Morde, Mehr Morde und Noch mehr Morde) und Graham Greene (Spionageschichten) verschafft.
Dann kam ein glücklicher Umstand hinzu: Als ich mich für die zehnbändige Serie über den Stockholmer Kommissar Martin Beck von Maj Sjöwall und Per Wählöö interessierte, erschien gerade eine Kassette mit allen Bänden plus einem Booklet. Der linke Journalist Per Wahlöö war zu dem Zeitpunkt schon tot, also gab es bloß ein interview mit seiner "Witwe" Maj Sjöwall (die Ähnlichkeiten zu Stieg Larsson und Eva Gabrielsson sind frappierend).
Einerseits war sie froh, daß ihre Charaktere Martin Beck und Gunvald Larsson auf dem Bildschirm ein jüngeres Publikum fanden, andererseits beklagt sie, die Filme wären immer gewalttätiger geworden.

Durch die Fernsehserie Beck wird Sjöwall/Wahlöös Urkrimi immer wieder auf den neuesten Stand gebracht. Manche Folgen sind genial ("Spår i mörker | Todesengel"), manche einfach nur Durchschnitt.
Im Original heißt das Gesamtwerk "Roman über ein Verbrechen", und von dort führt der Weg fast direkt zu Kommissarin Lund – Das Verbrechen. Die Serie entstand zuerst für das Fernsehen, dann erst kam der Roman.

Abgesehen von der Atmosphäre, die einen kräftigen Schuß Gore, Splatter und Horror enthält (da muß ich Maj Sjöwall zustimmen), gibt es bestimmte Plots, die zum Beispiel immer wieder aufgegriffen und neu formuliert werden.
Als erstes fällt mir das Mädchen ein, das naiv und abgebrüht zugleich, eine Bank um eine beträchtliche Summe erleichtert. Das Mädchen kommt damit nicht nur durch, sondern gewinnt die Sympathien des Publikums und/oder anderer Figuren - solche Fälle gibt es bei Sjöwall/Wahlöö, bei Arne Dahl und bei Stieg Larsson ...

So eindeutig ist die Richtung nicht mehr: Es kann auch vom Film bzw. der Serie zum Buch gehen.
Der Lund-Roman wurde ja als eigenständiges Werk mit gewisser literarischer Höhe in den Feuilletons bewertet - im Gegensatz zu den "Büchern zum Film", die als minderwertige Merchandisingprodukte gelten.

Geändert von Servalan (13.09.2016 um 19:57 Uhr)
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