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Alt 28.01.2008, 16:50   #3  
Peter_Wiechmann
am 11.01.2020 verstorben
 
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Müßige Gedanken beim Füllen von sprechenden Blasen ...





Jetzt ist ANDRAX wieder auf meinem Tisch. Als 850 Seiten-Berg!



Vor 34 Jahren kam er Häppchenweise in wochenlangen Abständen aus Barcelona in Grünwald im Kauka-Verlag an.

Fest gerollt in Packpapier-Zylinder. Mit Kordelwindungen verschnürt und die Knoten mit rotem Siegellack verschweißt. Briefmarken in spanischen Großformaten wie bunte Flecken. Als Absender: Bardon Art, Barcelona.

Die DIN A-2 Originale behalten erst einmal stur die Rollenform bei. Müssen in Gegenrichtung scharf über die Tischkante gezogen werden, um halbwegs plan zu liegen.

Schwarz getuschte Bildfolgen in fast filmischer Bewegungsabfolge. Der Katalane Jordi Bernet hat lange Wochen an diesen 44 Seiten gearbeitet.

Schnell ein Bild von der Geschichte machen, den Inhalt aufnehmen und dann in die Redaktion mit den Seiten.
Noch die handcolorierten Kopien durchschauen. Das übliche Übermaß an Pink und Violett dämpfen - per Anmerkungen für die Repro ...

Die Episode ist längst für die nächste PRIMO-Ausgabe eingeplant und überfällig.
Sofort texten. Gaby Schuster, Peter Puls, Peter Wiechmann – wer gerade Zeit hat.
Die fertigen Manuskriptseiten mit dem täglichen Boten zur Setzerei in München bringen lassen ... Vierfarb-Filme anfertigen, Kupfer-Zylinder ätzen. Drucken, heften. Ausliefern.
Bereit für den Leser am Kiosk ... und für uns längst wieder aus dem Sinn.
Das nächste PRIMO wartet auf Comic-Originale oder -Vierfarbfilme aus Spanien, Frankreich, Italien, Deutschland.


Man begegnet sich tatsächlich immer zwei Mal im Leben. ANDRAX liegt wieder auf meinem Tisch. Und ich gebe der Odyssee des Schwertkämpfers durch eine chaotische Welt eine neue Sprache. Kasten für Kasten – Blase für Blase. Zehn Blasen pro Seite,1.500 pro Buch, rund 8.000 in den fünf Büchern ...

Das ist als synchronisiere man stumm einen endlosen Film auf Papier. Und der spätere Lesevorgang geht ja auch stumm vonstatten. Sprechblasen? Klingt irgendwie falsch nach Vertonen!

Ich stecke in den Köpfen der beiden Weggefährten Holernes und Andrax, lasse ihre Gedanken Buchstaben werden.Treibe durch ihren Dialog die Handlung voran. Zusammen mit dem Bild wird das Geschehen lebendig, erlebbar.

Manche Episoden erblickten damals nie das Licht des Marktes und ich erinnere mich - drei Jahrzehnte danach - nur blass oder eben gar nicht an den Geschichtenhergang. Da muss ich an den Bildern entlang einen neuen Faden erfinden und das neue Garn spinnen.


Verleger Andreas Mergenthaler hat die Neuauflage der PRIMO-Serie hartnäckig angestrebt.
Sein kleiner, aber sehr feiner Verlag einigt sich mit den Nachlassverwaltern des Kauka-Erbes und nun bringt der junge Verleger – einst selbst PRIMO-Leser - den kompletten ANDRAX in memoria und in fünf Bänden heraus. Zwei sind bereits in den Händen der Leser. Der dritte ist in Vorbereitung und ich schreibe mich gerade vom vierten zum fünften durch den Seitenberg zum geheimnisvollen Finale vor.

Remake? Eigentlich nicht. Das art-work ist ja gleich geblieben. Aber die Optik setzt auf harten Kontrast: grafisches Schwarz-Weiß, keine störende Farbe. Format geändert, Sprache grundlegend reformiert. Mit was hat man es hier also zu tun? Mit einer zeitlosen Serie, die frühere Leser erfreut und neue Leser wieder mitnimmt auf das Abenteuer einer Reise durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.


Jetzt auf der Zielgerade meiner Textreise durch ANDRAX fallen mir andere Serien aus dem Dunstkreis meines Schaffens ein, bei denen sich ein Wiedersehen bestimmt lohnt.

Da drängt sich natürlich CAPITAN TERROR aus PRIMO geradezu auf. Lonely Wolf HOMBRE aus YPS oder die Prärievagabunden TEX & MEX gehört zu meinen Western-Favoriten. Der Recke DIETRICH VON BERN und der Söldner THOMAS DER TROMMLER (YPS) verkörpern das hohe und das auslaufende Mittelalter. Beides ganz aktuell im Trend.

Ich mache meine näheren Gedanken dazu lesbar! Demnächst in diesem Notizbuch!



... und natürlich Bens Bande





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Nachtrag vom 31.01.2008

Hundertfach erlebt – immer wieder spannend:

Das Auspacken von Beleg-Exemplaren!


Vorspiel: Das Recherchieren, das Vertrautmachen mit den Geschichten des Inhalts, das Texten an guten und an schlechten Tagen, das Überlesen, die Freude an gelungenen Passagen ... das grummelnde Überarbeiten verquaster Sequenzen. Das Versenden zum Satz. Das Korrigieren. Das Vergessen ...

Und dann steht irgendwann beim Heimkommen ein kompaktes Paket auf der Schwelle – vertrauensselig vom Postboten dort geparkt. Vom Gewicht auf den Inhalt schließen, denn die Brille ist natürlich nicht zur Hand – der Absender bleibt unerkannt. Die Hüllen fallen lassen. Und jetzt: Das erste Exemplar ist blätterbereit! Noch einmal Verweilen vor dem Seitenfächern. Und schon bist Du zurück in der Welt der textend durchlebten Abenteuer ...


Band 2 der Buchserie ANDRAX liegt vor und gut in der Hand!

Ich kann das Gackern des Federviehs über gelungenes Eierlegen durchaus verstehen!!



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Geändert von underduck (31.01.2008 um 11:27 Uhr) Grund: 2 Bilder und Text angehangen
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