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Alt 22.01.2022, 18:18   #123  
Servalan
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Jackie en Oopjen | Jackie & Oopjen – Kunstdetektivinnen (Niederlande 2020, Column Film und Fiction Valley), Drehbuch: Myranda Jongeling, Regie: Annemarie van de Mond, 90 min, FSK: 12

Zum kunsthistorischen Hintergrund: 2016 kauften die Niederlande und Frankreich gemeinsam für 160 Millionen Euro die beiden Gemälde "Marten Soolmans" und "Oopjen Coppit" (1634) von Rembrandt van Rijn (1606 - 1669). Die lebensgroßen Barockportraits gehören zusammen und zeigen erfolgreiche Bürger des Goldenen Zeitalters in einer Pose, die vorher Königen und mächtigen Kirchenfürsten vorbehalten war. Bei ihrem Vorbesitzer, dem Baron De Rothschild, hingen die Gemälde über dem Bett im Schlafzimmer seiner Pariser Residenz. Jetzt hängen sie wechselweise im Rijksmuseum in Amsterdam oder im Louvre in Paris.

Der Kinderfilm basiert auf einer netten Idee: Oopjen Coppit steigt aus ihrem Gemälde in die Gegenwart, weil sie ihre kleine Schwester Aeltje vermißt und diese in ihrer Kurzsichtigkeit mit der 12jährigen Jackie Meyer verwechselt, der älteren Tochter der Rijksmuseums-Kuratorin Mouna Meyer. In einer feministischen Catweazle-Variation gibt es einen Culture Clash über 400 Jahre, und zahlreiche Szenen wurden sogar im Rijksmuseum gedreht.
Darüber hinaus lief der Film in einer englischen und einer französischen Fassung auf etlichen europäischen Kinderfilmfestivals, manchmal sogar als Eröffnungsfilm. Die Trailer auf youtube versendeten sich im Nirgendwo, und das weltweite Einspielergebnis beträgt laut Internet Movie Database klägliche 291.632 US-Dollar, womit wohl nicht mal die Produktions- und Vertriebskosten gedeckt worden sind. Entsprechend bescheiden bis nicht vorhanden sind Publikumsresonanz und Rezensionen.

Zum Jahresende lief der Film auf dem Kinderfilmsender KiKA, wo er noch einen Monat in der Mediathek stand. Für das Kinder und Jugend Filmportal schrieb Katrin Hoffmann eine enthusiastische Kritik, die im letzten Absatz wohl unfreiwillig darauf hinweist, weshalb das feministische Empowerment des Kunstkrimis krachend gescheitert ist:
Zitat:
Alle positiven Figuren sind weiblich besetzt und einen Vater von Jackie und Piek gibt es auch nicht, denn die beiden stammen aus dem Reagenzglas. Nicht einmal hier benötigte die Mutter einen Mann, die kleine Familie kommt sehr gut ohne das männliche Geschlecht aus. Es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn wir hier von einem Frauenbild sprechen, dass sich im Wandel der Zeit darstellt.
Der flotte Spruch, Qualität wäre ein (patriarchaler) Mythos, entlarvt sich hier als realitätsfremdes Wunschdenken.

Geändert von Servalan (23.01.2022 um 10:31 Uhr)
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