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Alt 23.12.2015, 12:42   #53  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Beim Schreiben spielen etliche Details eine Rolle, die sich bewußt kaum kontrollieren lassen.
In diversen Biographien habe ich gelesen, daß sich Schriftsteller auch noch nach Jahrzehnten als Anfänger fühlen und ständig etwas dazulernen.
Je länger ein Text ist, desto mehr unkontrollierbare Elemente enthält er. Selbst winzige Änderungen können sich auf eine Strecke auswirken, die niemand in einem Rutsch lesen kann. Und Romane können sich unter Umständen mehrere Jahre in der Werkstatt befinden.

Konkret läßt sich dieser Effekt erkennen, wenn jemand ältere Geschichten oder Gedichte aus eigener Feder liest: Häufig ist das nur peinlich, und diejenigen sind froh, den jeweiligen Text nicht veröffentlicht zu haben.
Oder der Text ist richtig gut. Ich habe mir dann verwundert die Augen gerieben und gedacht: "Das soll ich verfaßt haben? Das stammt von mir. Unglaublich."

Darin sehe ich ein Gegengift zum Narzissmus.
Wenn dann noch Lesungen so organisiert sind, daß der Autor oder die Autorin auf der Bühne vom Spotlicht geblendet ist und das Publikum in der Finsternis verschwindet, schützt das vor einem aufgeblasenen Ego.
Lampenfieber sorgt für übrigens für einen Tunnelblick.
Außerdem haben Musiker und Schauspieler höhere Chancen, zu Stars oder Sternchen zu werden. Bei Autoren kommt das seltener vor, und meist stehen über längere Sicht sowieso die ausgedachten Figuren im Vordergrund: Wer von Scarlett O'Hara schwärmt, kennt nicht notwendigerweise Margaret Mitchell ...

Ich bin zufrieden, wenn meine Texte ohne mich auskommen.
Es sind nämlich die Texte, die sich bewähren müssen, ohne jeglichen Popanz. Als Autorin bin da nur ein Medium, eine Botin.
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