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Alt 29.09.2016, 11:17   #167  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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NERO


Kaiser und Tyrann





Zum zweiten Male, nach dem Heft Nummer 2, „Die Verschwörer von Cartagena“, ist Nero das Thema eines Heftes. Strotzte die erste Ausgabe noch von historischen Fehlern – neben der außergewöhnlichen Fülle an `entliehenen´ Vorlagen aus Prinz Eisenherz. Das Titelbild der vorliegenden Ausgabe ist da allerdings schon zwiespältig: Positiv zu vermerken ist, dass das Portrait des Kaisers vor dem Circus Maximus zu sehen ist und nicht das Kolosseum abgebildet wurde. Innerhalb der Pferderennbahn befinden sich verängstigte Menschen vor einigen sie angehenden Löwen (einer scheint dem kommenden Drama allerdings gefasst gegenüber zu stehen). Wer das weit verbreitete Geschichtsbild zur Zeit Neros zu kennen glaubt, wird sie als Christen ansehen, die für den großen Brand von Rom verantwortlich gemacht worden sein sollen. Um dem vorweg zu greifen, als Nero regierte (54 bis 68), dürfte es keine nennenswerten christlichen Gemeinden in Rom gegeben haben. Juden dagegen lebten sehr wohl in größerer Zahl in der Hauptstadt. Christliche Gruppen waren zu dieser Zeit lediglich eine jüdische Sekte. Obwohl die Antike und insbesondere die römische Zeit sich Religionen gegenüber tolerant verhielt (das Pantheon in Rom wurde extra als Heiligtum aller im römischen Reich vertretenen Glaubensbekenntnisse errichtet), hatten die Juden eine negative Presse. Als Gerüchte aufkamen, Nero hätte entweder den Brand selbst gelegt oder als Auftraggeber fungiert, sollen seine Berater ihm vorgeschlagen haben, die Juden dafür verantwortlich zu machen, was dann auch geschah. Das er der Feuersbrunst von einem Balkon zuschaute und dabei laut Hefttext die Harfe, wohl aber eher die Lyra zupfte, gehört zur absoluten Mythenbildung und sollte seinen verderbten Charakter noch stärker herausstellen.






Viele wurden in die Arena (des Circus Maximus) getrieben und dort als Brandstifter, wie es damals die Rechtsprechung vorsah, selbst verbrannt. Entweder auf dem Scheiterhaufen oder als „Fackel“ am Kreuz. Das in späteren Jahrhunderten die erste Christenverfolgung daraus gemacht wurde, diente der Märtyrerlegendenbildung christlicher Autoren.






Die erste Zeit seiner Regierung gilt als ausgesprochen Erfolgreich, wohl durch Berater wie der des Lehrers Seneca, seiner Mutter Agrippina oder des Präfekten der Prätorianer Burrus mit beeinflusst. Als sich Nero von der Abhängigkeit vor allem dem Einfluss seiner Mutter löste, was im Heft nicht erwähnt wird, gab er sich ganz seinen Launen hin. Diese waren die öffentliche Zurschaustellung seiner künstlerischen und sportlichen Ambitionen. Die führende, sogenannte „Elite“ des Reiches, befand dies für den Herrscher absolut nicht schicklich. Und als er auch noch keine größeren Feldzüge in „Auftrag“ gab, bis auf die Eroberung Armeniens, wandten sich auch die Heerführer von ihm ab.


Der Wiederaufbau Roms, mit von Nero veranlassten sinnvollen Brandschutzmaßnehmen, verschlang viel Geld – was Nero u.a. vom Adel und den Gemeinden einzog – erhöhte seine Beliebtheit bei den Repräsentanten des Staates nicht unbedingt. Die Krönung in Bezug auf Verschwendung aber war sein neuer Palast , die Domus Aurea, des Goldenen Palastes, der ein Meisterwerk antiker Architekten, Ingenieure und Bauarbeitern wurde. Dieser wird im Comic überhaupt nicht erwähnt, ist im Gesamtbild und den nötigen Kürzungen aber auch nicht sonderlich relevant.

Eine Reihe von Verschwörungen gegen ihn wurden aufgedeckt, die entscheidende aber, die der „Verschwörer von Cartagena“, ignorierte Nero zu lange. Nero flüchtete nach Ostia um sich nach Ägypten abzusetzen. Bevor er den Hafen erreichte, beging er Selbstmord, als er die Ausweglosigkeit der Situation erfasste. Nach dem Comic dankte er ab (!?) und „man vermutet, dass er seinem Leben durch Selbstmord ein Ende bereitet hat.“ Wie Bood oder der Texter auf eine „Abdankung“ gekommen sind, entzieht sich meiner Kenntnis, denn in keiner mir verfügbaren Quelle ist davon die Rede.

Auch wenn in diesem Heft ein mitunter verfälschtes Bild über Nero wieder gegeben wird, ist es doch um einiges erfreulicher als die Vorgängerversion aus dieser Reihe. Der Hauptmangel, aber das betrifft fast alle Inhalte dieser Reihe, ist die Kürze des zur Verfügung stehenden Platzes. Das hat man bei Napoleon und der „Die Völkerschlacht bei Leipzig“ richtig erkannt (Nummer 39) und nur einen Teilaspekt aus dem Leben des Eroberers gebracht.


Auf der vierten Umschlagseite ist diesmal ein römischer Soldat zum Ausschneiden und Aufkleben abgebildet.
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