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Alt 11.05.2020, 10:04   #45  
Phantom
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Ah, Opa soll vom Krieg erzählen.

1. Wann hast Du begonnen, regelmäßig Comics zu lesen?

Im Kindergarten mit 5, erstes Comic-Heft: LTB 35. Irgendwie hatte ich mir schon vor der Schule das Lesen beigebracht. Ab Grundschulbeginn gab es dann Disney, Kauka, Williams-Marvels. Ich erinnere mich, in der 1. Klasse (als einer von drei, die schon lesen konnten) der ganzen Klasse Pippi Langstrumpf vorlesen zu dürfen/müssen. Und ich weiß noch, wie mir diese Story gegen meine Comics zu Hause so langweilig vorkam.

2. Hattest Du Familienmitglieder, die auch Comics gelesen haben?

Nein. Ich hatte keine Familienmitglieder, die irgendwas gelesen haben (siehe unten).

3. Was waren Deine allerersten Lieblingscomics?

Disney, Kauka, Marvel, Zack.

4. In welchem Alter wurde Dir klar, dass Dein Interesse an Comics überdurchschnittlich groß ist?

Schon in der Grundschule, weil die anderen kaum Comics gelesen haben, und wenn, dann haben sie sie nicht gesammelt, sondern gleich weggegeben oder getauscht.

5. Gab es Phasen, (bis 18 Jahre) in denen Du keine (oder kaum) Comics gelesen hast?

Nein. Andere haben mit 14 wohl langsam entdeckt, dass Mädels noch mehr Spaß als Comics machen können. Aber ich war ein schmächtiges, schüchternes, neurotisches, dick bebrilltes Kerlchen, das in der Schule meist Einsen hatte und in der Freizeit Comics las. Somit in absolut allem genau das Gegenteil dessen, was Mädels damals von einem Jungen erwartet haben. Also habe ich weiter Comics gelesen, dazu kamen immer mehr Krimis, Romane, Mathematik-Bücher. Aber Comics gingen nie ganz weg.

Allerdings hat sich zwischen 12 und 18 mein Fokus verändert: ich hatte die Sprechblase, das Comic Forum, die Comixene, das Reitberger/Fuchs-Buch usw. entdeckt, und jetzt wollte ich mehr über Zeichner und Texter, Originalveröffentlichungen, auch englische Originaltexte wissen. Neue Comics wurden weniger wichtig, die Suche nach den besten Comics aus der Vergangenheit wurde wichtiger.

6. War es als Kind und oder Jugendliche(r) leicht, an Comics zu gelangen? Waren die Umstände günstig?

Als Kind ein Traum: Neben den ganzen Zeitungshändlern mit den aktuellen Comics gab es in jedem kleinen und größeren Kaufhaus Wühltische mit remittierten Comics für 20 Pfennige das Stück: Williams, Kauka, Bastei, natürlich auch viel Schrott (Kelter Comics, anyone?). Obwohl das Taschengeld immer knapp war, hatte ich nach wenigen Jahren einen Querschnitt von allem, was es in den 70ern gab und gegeben hatte. Komplett hatte ich aber natürlich nichts. Unvergessen bleiben die Glücksgefühle, wenn ich am Wühltisch mal wieder mir bis dahin völlig unbekannte Comics fand und dann gleich zehn davon mitnehmen konnte.

Mit 12 hatte ich den Comic-Preiskatalog von Peter Skodzik entdeckt. Das eröffnete einerseits neue Horizonte (nicht wegen der angeblichen Preise, sondern weil mir plötzlich klar wurde, was es an Comics in der BRD schon alles gegeben hatte), andererseits wurde mir schlagartig die Aussichtslosigkeit des Sammelns klar. Nie würde ich auch nur ein Teilgebiet vollständig bekommen.

Flohmärkte, Tauschbörsen, Händler waren mir als Kind völlig unbekannt. Als Jugendlicher hatte ich dann Versandhändler wie Jürgen Janetzki und Kurt Werth entdeckt. Toll, man musste nicht mehr auf Zufallsfunde im Kaufhaus warten, sondern konnte im Prinzip das bestellen, was man suchte. Nicht so toll: die Preise waren ganz andere als im Kaufhaus.


7. Gab es Menschen in Deinem Umfeld, die Dir versucht haben, die Comics auszureden? Oder wurdest Du eher darin bestärkt?


Weder noch. Ich bin ein Arbeiterkind, meine Eltern haben außer der Lokalzeitung nie irgendwas gelesen. Ich galt zu Hause wegen meiner Comic-Leidenschaft als Leseratte, und meine Eltern hat das wohl beruhigt: wenn das Kind liest, wird vielleicht mal was aus ihm. Von den ganzen Argumenten des Bildungsbürgertums gegen den Comic-Schund hatten sie sicher nie gehört.

8. Welche drei männlichen Comicfiguren waren (bis 18 Jahre) Deine Favoriten?

Bis 18? Das ist eine zu lange Zeitspanne mit zu vielen Änderungen. Sagen wir bis 9: Donald Duck, Peter Parker, Phantom.

9. Welche drei weiblichen Comicfiguren waren (bis 18 Jahre) Deine Favoritinnen?

Wieder bis 9: Joko Zuno (so schrieb man die damals), Daisy Duck, Isabelle.

10. Hat Dein Comic- Geschmack sich seitdem stark verändert? Oder liebst Du noch das Meiste, was Du früher schon geliebt hast?

Superhelden interessieren mich seit 35 Jahren kaum noch, nur aus Nostalgiegründen. Giraud, Barks, Gottfredson, Eisner, Caniff, Raymond, Foster, Hogarth, Schulz, Williamson: diese Leute haben mich als Jugendlicher begeistert, und sie tun es heute noch. Dank der vielen Gesamtausgaben, speziell auch von Zeitungscomics, gibt es für mich bis zum Ableben genug zu lesen, zumal die verfügbare Freizeit immer weniger wird. Neue Comics lassen mich völlig kalt. Schaut sich wirklich jemand freiwillig das Gekrakel mancher Graphic Novels an, wenn man sich statt dessen etwa mit Alex Toth abgeben könnte? Aber jedem das Seine.

11. Hast Du schon als Kind oder Jugendlicher angefangen zu sammeln?

Sammeln im Sinne von "nichts wegwerfen": Ja. Sammeln im Sinne von "abgestoßene Ecken am Album machen mir schlaflose Nächte" habe ich bis heute noch nicht angefangen.

12. Was Du sonst noch über Deine Kindheit/Jugend als Comicleser(-in) sagen möchtest:

Allgemein zur Kindheit/Jugend: Die Hölle, das sind die anderen.
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