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Alt 15.12.2015, 16:57   #49  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Standard Wichtig: Umgang mit Kritik

Sobald ein Werk ein veröffentlicht ist, fängt es ein eigenes Leben an. Dabei ist es schnurz, ob es sich um eine Kurzgeschichte, einen Roman oder ein Sachbuch handelt. Wenn es vekauft oder verschenkt worden ist, entgleitet es den Händen des Autors. Später können diese Werke an den unmöglichsten Stellen auftauchen.

Bei uns gilt die Kunst- und Meinungsfreiheit. Wer will, kann die abstrusesten und bizarrsten Bücher fabrizieren. Vielleicht findet sich ein Publikum, vielleicht auch nicht. Und wer ein Buch erworben oder geschenkt bekommen hat, kann damit machen, was er oder sie will: Es lesen, es nicht-lesen, mit ihm ein Regal schmücken oder es als Keil für wacklige Möbel nutzen.
Außerdem besitzt das Publikum das Recht, das Buch nicht zu mögen oder es zu hassen. Kein Autor hat das Recht, ein bestimmtes Verständnis seines Werkes einzuklagen. Wer krampfhaft versucht, sein Publikum zu kontrollieren, macht sich bestenfalls zur Witzfigur. Schlimmstenfalls geht die Reputation baden, und die Karriere verschwindet im Orkus.

Niemand kann gute Rezensionen einklagen. Verrisse sind Berufsrisiko.
Wer wie John Asht (Twin-Pryx-Trilogie beim Roder Verlag) 2012 eine bösartige Verschwörung eines ominösen Rezensenten-Kartells wittert, wird zum Gespött.
Vorsicht, die Branche hat ein langes Gedächtnis.

Jede hinterlistige Manipulation fliegt früher oder später auf. Wer Empfehlungen auf A***** oder Follower bei T****** kauft, wird irgendwann ertappt. Dann fühlt sich das Publikum zurecht über den Tisch gezogen, und die gutgemeinten Tricks und Kniffe richten beträchtlichen Schaden an.
Spätens nach dem eigenen Tod verliert auch der erfolgreichste Schriftsteller (wie zum Beispiel Günter Grass) die Definitionshoheit über sein Werk.

Das Beste ist, gute Miene zum gemeinen Spiel zu machen und zu schweigen.
Wer will, denkt sich ihren oder seinen Teil.
Ich habe mich manchmal gewundert, was Rezensenten in meinen Werken alles entdeckt haben. Und wenn mich jemand aus der Literaturszene parodiert hat, habe ich das als Ehre empfunden und nicht tränenreich ob meiner verletzten Eitelkeit geschmollt.

Der größte Teil des Veröffentlichten wird glücklicherweise vergessen.
Klassiker sind rar und kostbar.
Ein kleiner Trost: Gute Werke können wiederentdeckt werden.
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