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Alt 07.06.2016, 15:00   #122  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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Nummer 24
Gefahr am Khaiber-Pass





In Konkurrenz zum Russischen Reich der Zaren, die ihre Eroberungsgelüste weit nach Asien ausdehnten, versuchten die Briten, diesen durch Besetzung weiter Gebiete im Norden Indiens entgegen zu stehen. Nachdem die Russen Buchara mit der Hauptstadt Samarkand erobert hatten, gingen die Briten nach Afghanistan rein. Die Afghanen waren von alle dem nicht begeistert und wehrten sich nach Kräften. Die Folgen waren drei Auseinandersetzungen, die sogenannten Anglo-Afghanischen Kriege (1839-42, 1878-1880, 1919). Nach dem letzten erkannten die Engländer die Unabhängigkeit des heutigen Afghanistans an, aber aktuell wird noch immer um die Herrschaft des Landes gemordet, zerstört und Schlachten geführt.

Im Heft 24 der Abenteuer der Weltgeschichte geht es um eine Episode der Russisch-Britisch-Afghanischen Auseinandersetzungen, damals als The Great Game bezeichnet. Dies kann natürlich nur sehr zynisch gemeint gewesen sein, schließlich kosteten diese Gemetzel abertausende von Menschenleben. Nur weil der Britischen Ostindienkompanie eine Fortsetzung der ersten Auseinandersetzung zu kostspielig geworden war, wurden diese beendet – nicht weil sie bisher so viel Menschenleben gekostet hatten. Im Heft habe ich keinerlei historische Daten gefunden und auch bei den Recherchen um die Handlungstragenden Personen keine Übereinstimmungen mit gelebten Menschen. In der Geschichte wird aus dem dem Pass nahegelegenem britischen Fort mit dem Hauptquartier in Jaipur telefoniert, was erstaunlich ist, den eine der beiden indischen Städte mit diesem Namen liegt im östlichen Assam und das andere in der Nähe von Mumbai, dem früheren Bombay. Also kommen zeitlich gesehen die ersten beiden Kriege wohl so und so nicht in Betracht und das ganze Inventar der Briten 1919 passt nicht zur dritten Auseinandersetzung, denn dort setzten die Engländer bereits Flugzeuge und entsprechende moderne Waffensysteme ein. Also gehe ich mal von einer insgesamt zusammen gesponnenen Story aus, was ich nicht negativ meine.

Ein Captain Grant leistet seinen Militärdienst in Indien ab, rettet einen Elefanten aus einer Tigergrube (sein Kollege wollte diesen sogleich abknallen), befreit ein Dorf von einem Tiger, der ihr Vieh dezimiert und gerät in einen Hinterhalt von aufständischen Pathaner*. Diese wollen ihn in einer großen Volksbelustigung von einem Elefanten zertreten lassen, was dieser verweigert. Es ist, wie man sich denken kann, der von ihm gerettete, und wie dieser in der erstaunlich kurzen Zeitspanne aus den Dschungeln Indiens in das sehr weit nördlich gelegene Afghanistan gekommen sein mag, weiß wohl nur der Autor … wenn überhaupt. Grant wird vom Elefanten, dem die Paschtunen aus Wunderglauben heraus nichts antun, in ein nahe gelegenes Dorf gebracht. Dort versorgt sich Grant mit Waffen und gelangt an den Khaiber Pass. Inzwischen sind die Engländer ausgerückt und geraten in Gefahr, auf eine nicht vermutete Übermacht zu stoßen. Grant erkennt von einer Anhöhe aus die Situation und morst mittels eines Handspiegels die Stellungen der Aufständischen zu seinen Kameraden, die mit ihren Kanonen die Paschtunen und ihre Verbündeten zusammen schießen. Grant reitet mit seinem Elefanten und den Kameraden wieder in die Garnison ein und die englische Herrschaft über Indien ist für weitere Jahrzehnte gesichert …






Gezeichnet hat die Geschichte Eugen Blumentritt und wenn man gelegentliche – auch häufigere – Anleihen bei Foster akzeptiert, kann auch dieses Heft grafisch gefallen.






Gelegentlich nahm sich Blumentritt auch Wäscher als Vorbild, jedenfalls sahen wir das Motiv dieser Szene bereits im Piccolo Sonderband 7 „Peterle, Feinde im Dschungel“.






Wäscher wiederum hat sich den Tiger bei Hogarth geliehen (Seite 919) und diese Verknüpfungen sind für mich insgesamt Interessant, amüsant und akzeptabel.






*Pathaner ist eine persische Bezeichnung für Paschtune, wie der größte Bevölkerungsteil Afghanistans bei uns bekannt ist.
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