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Alt 05.12.2018, 21:14   #420  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 90

Erscheinungstermin: 8/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 89
2) Mighty Thor # 127

Story-Titel:
1) Doc Ock lebt!
2) Der Hammer und die Katastrophe!

Original-Storytitel:
1) Doc Ock lives!
2) The Hammer and the Holocaust!

Zeichnungen:
1) Gil Kane / John Romita
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Mir ist 1977 durchaus aufgefallen, daß der „Spinne“-Zeichner wechselte. Von Gil Kane, der zur Zeit der Veröffentlichung in USA zu den bekanntesten Superhelden-Zeichnern gehörte, hatte ich noch nie gehört. Aber sein Zeichenstil gefiel mir. Ich hatte nicht das Gefühl, daß Peter Parker und Spinne nun nicht wiederzuerkennen waren – dafür sorgte maßgeblich auch John Romita als Inker. Aber die eigenwilligen Posen, Untersicht-Perspektiven und Seitenaufteilungen, die Kane einführte, sprachen mich an. Das war offensichtlich keiner, der erst üben und sich einzeichnen mußte.

Ob es mit dem Zeitpunkt des Einstiegs von Kane etwas auf sich hat, weiß ich nicht. Die Story entwickelt sich jedenfalls so weiter, wie man das bei Mehrteilern schon gewohnt war. Nach einer recht verwickelten Eröffnung folgt meist ein Actionteil, so auch hier. Wie Doktor Octopus die Explosion des Flugzeugs letztes Mal überlebt hat, wird mit keiner Silbe erwähnt. Allerdings hat die Spinne erhebliche Zweifel daran, daß Ock ums Leben gekommen ist. Man erwartet also nichts anderes, als daß „Doc Ock lebt“. Seine Tentakel wurden nicht gefunden. Nachdem Peter Parker die Teilnahme an einer Studentendemo abgelehnt hat, macht er sich (wieder mal) auf die mühsame Suche nach seinem Gegner in New York. Letztlich ist Ock aber gar nicht so schwer aufzuspüren: Er will ein Kraftwerk nahe am Meer lahmlegen, zum einen, um die Stadt unter Kontrolle zu bekommen, zum anderen, um die Spinne anzulocken. Auf Seite 9 beginnt ein recht abwechslungsreich gestalteter Zweikampf. Die Spinne hat alle Hände voll zu tun, sich die Tentakel vom Leib zu halten. Sie und Ock müssen beide einiges einstecken.

Am Ende kippt Ock einen typischen New Yorker Wasserturm auf einem Hochhausdach um. Die Spinne muß das Bauwerk auffangen, damit es nicht auf die Straße stürzt und dort versammelte Schaulustige gefährdet. Eine Szene, die ähnlich in der folgenden Ausgabe noch einmal eine wichtige Rolle spielen wird. Mit äußerster Anstrengung gelingt es der Spinne, den Wasserturm nach hinten, aufs Dach, stürzen zu lassen. Danach ist sie am Ende ihrer Kräfte. Ock konnte dem Schauspiel in aller Ruhe zusehen, packt nun die Spinne und wirft sie vom Dach – in ihren sicheren Tod. Das wird offenbar auch angekündigt: „Nächste Ausgabe: Der Tod wird kommen!“

Das Duell ist ungewöhnlich gestaltet und liest sich spannend. Sonst ist an dieser Episode aber nichts Besonderes, abgesehen davon, daß ein neuer Zeichner am Werk ist. Das einzelne Heft ist hier aber schon lange nicht mehr maßgeblich, sondern die Vorgeschichte spielt eine wichtige Rolle, und auch die Fortsetzung trägt bereits zum Lesevergnügen bei. Wie einst bei Hansrudi Wäschers Lehning-Comics kann man jetzt eine Zeitlang darüber nachdenken und sich zusammenfantasieren, wie die gefährliche Situation wohl aufgelöst wird.

Ob auch die Anzeigenkunden die Ausgabe als spannend empfunden haben? Es gibt hier jedenfalls drei Anzeigenseiten, so viele, wie selten vorher bei Williams. Neben den Sea-Monkeys auf dem Backcover gibt es noch richtige Markenwerbung: von Suchard für das Fruchtbonbon „Sugus“ und von Knorr für das „Knusper Flocken Frühstück“ mit Rennauto-Aufkleber. Vielleicht steckte aber auch nur dahinter, daß die Auflagen der Marvels sanken und Werbung so billiger zu schalten war. Eine redaktionelle Seite kommt hinzu, eine Leserbriefseite, auf der kurioserweise über Leserbriefe debattiert wird. Die Leser hätten schon gern mehr Leserbriefe gehabt und auch unterschiedliche in den drei verbliebenen Superhelden-Serien. Aber sie verstehen offenbar nicht, daß in USA einzelne Hefte der Serien von den Lesern bewertet wurden und so spezifische Leserbriefseiten sich anboten. Hätten das deutsche Leser gemacht, wäre aber immer noch das Problem zu lösen gewesen, daß Briefe erst nach einem halben Jahr veröffentlicht werden konnten.
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