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Alt 24.08.2012, 16:07   #44  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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In Letzter Zeit habe ich den Western etwas zu kurz kommen lassen (von meinem ellenlangen Beitrag über Pecos Bill mal abgesehen :-):

Kit Carson




Durch das Auftreten des Kit Carson in den Lance HC-Alben des Bocola Verlags kam mir erneut der Gedanke, mich näher mit dieser historischen Person zu beschäftigen. Herausgekommen ist diese Abhandlung, die mit einer kurzen Schilderung vom Leben des Kit Carson beginnen wird. Anschließend zeige ich die mir bekannten deutschsprachigen Comichefte und Serien – nicht so üppig wie im Pecos Bill Beitrag, aber sicherlich repräsentativ.

Kit Carson wurde als Christopher Houston Carson am 24. Dezember 1809 in Kentucky geboren. Drei Jahre später zog die Familie nach Missouri um. Er begann eine Lehre als Sattler, entzog sich aber mit fünfzehn Jahren dem sich abzeichnenden bürgerlichen Leben und ging weiter in den Westen. Seine Gestalt war eher schmächtig, weshalb ihm der Spitzname Kit Zeit seines Lebens anhing. Als gewandter Trapper und Pelzjäger durchstreifte Kit Carson das Land westlich des Mississippi, lernte es kennen und beteiligte sich schließlich an der kartographischen Erschließung der riesigen Gebiete. An der Seite von John C. Freemont erkundete er den Oregon-Trail, der zu einem der wichtigsten Wege für die Auswanderer in den Westen werden sollte und der heutzutage, ähnlich dem Limes in Deutschland, als Bodendenkmal geschützt ist.

In Taos, einer kleinen Stadt in New Mexiko, wurde er sesshaft, heiratete eine Arapaho und nach derem Tod eine Cheyenne-Indianerin. 1843 schließlich die vierzehnjährige (!) Josefa Jaramillo und bezog mit ihr ein Haus in Taos, das noch immer steht und nun als Museum dient. Dazu am Ende dieses Beitrages mehr.

Der Bürgerkrieg sah in an der Seite der Union und er erwarb den Rang eines Brigade Generals. Kit Carson war danach auch an der Niederschlagung von Indianeraufständen beteiligt, versuchte aber anscheinend auch deren Bewegründe zu verstehen und behandelte sie wohl respektvoller als üblich. Dass er ihnen gegenüber tatsächlich keine Vorurteile hegte, zeigte schon die Hochzeit mit den zwei Indianerfrauen. Bei der Geburt eines Kindes starb Josefa am 23. April 1868 und Kit Carson nur einen Monat später, am 23. Mai an den Folgen eines Aneurysma.

Kit Carson ist in den USA eher als historische Persönlichkeit bekannt, denn als Medienstar – im Gegensatz zu William F. Cody, der zwar auch geschichtliche Wurzeln hat, sich dann aber selbst als „Showman“ inszeniert hat. Die Unterhaltungsindustrie hat um Carson nie einen Bogen gemacht, neben Romanen und Filmen gibt es auch Comics, und deren deutschsprachige Ausgaben folgen anschließend. Wobei „deutschsprachig“ nur für die Übernahmen gilt, denn einheimische sind mir nicht bekannt (wie z. B. „Buffalo Bill“).





Semrau Texas 1. Serie, Nr. 10, 1953

Mein erstes „Zusammentreffen“ mit Kit Carson geschah vermutlich 1953/54, als die Serie Texas von Semrau gebracht wurde. Da ich damals zu einem Kreis comicbegeisteter Freunde gehörte, kam ich an diese Lektüre problemlos heran. Die Hefte waren im Kleinformat, das eine direkte Übernahme aus Italien war (was mir damals nicht bekannt war und auch ziemlich schnuppe). Nicht nur Lehning hatte sich also auf dem italienischen Markt umgesehen. Aber auch Dardo, der italienische Verlag, hatte sie nicht selbst produziert, sondern aus England, vom Fleetway Verlag bezogen. Genauere Informationen über diesen Verlag, wer dort und was gezeichnet hat, kann in der Sprechblase 202 nachgelesen werden. Gerhard Förster hat in seiner Artikelreihe „Die italienischen Wurzeln“ ausführlich über die Herkunft von Lehning-Material berichtet und ist dabei auch über Kit Carson auf Fleetway gestoßen. Um es hier kurz zu machen: an Kit Carson waren so prominente Zeichner wie Alberto Salinas (u. a. Cisco), Harry Bishop (Rauchende Colts), Arturo Del Castillo (Sheriff Kendall) beteiligt.





Semrau Texas 1. Serie, Nr. 10, 1953

Hier habe ich mal die zweite Umschlagseite und die erste Comicseite zusammen gelassen. Ich wollte einmal auf die Eigenwerbung des Verlages hinweisen, der gerade erst anfing, auf dem Comicsektor Fuß zu fassen.

Mit dem Wissen um die Zeichner ist der qualitative Unterschied zu einer Vielzahl anderer Comics nicht weiter verwunderlich. Exzellente Bildkompositionen, spannend gestaltete Handlungselemente und deren zeichnerische Umsetzung machen Kit Carson zu einer gestalterisch außergewöhnlichen Westernserie.





Semrau Texas 2. Serie, Nr. 22, 1958

Semrau brachte fünf Jahre später einen Reprint seiner Texas-Reihe heraus, der Unterschied ist leicht im Preis zu erkennen: hatte die erste Reihe noch 30 Pfennig gekostet, schlug der Kauf nun mit 40 Pfennig zu Buche. Bis auf drei Hefte (Nr. 8, 9, 10) wurden alle nachgedruckt. Als zweiten Titel gab es in allen Heften jeweils die Abenteuer um Buck Jones, einen ebenfalls populären Westernhelden, der allerdings nur durch den Film bekannt war - wie Tom Mix beispielsweise.





BSV, Illustrierte Klassiker Nr. 3, 1956.

Die Abbildung stammt aus dem „Comic Guide“ und soll die der ersten Auflage sein, sie ist aber leider nur eine höhere, erkennbar am schwarzen Schild mit der Aufschrift „Kit Carson“. In der ersten Auflage steht dort, ohne Schild, „Die Abenteuer des Kit Carson“.

Interessant und bezeichnend für den Umgang mit Westerndarstellungen ist der Hut Kit Carsons: erstens hat er im gesamten Heft überhaupt keinen auf und wenn er eine Kopfbedeckung hätte, dann bestimmt nicht einen dieser „modernen“, dem damals aktuellen Trend der Western-Filme folgend, wie auf dem Titelbild. Eher hätte er einen großen aufgesetzt, einen der tatsächlich Schutz vor der Sonne bieten konnte, aber Carson schien im realen Leben nie einen aufgehabt zu haben – jedenfalls habe ich keine historische Abbildung von ihm mit Hut oder Biberfellmütze gesehen.





BSV, Illustrierte Klassiker Nr. 3, 1956.

Ansonsten gibt das vorstehende Heft einen guten Überblick zum Leben von Kit Carson. Es ist allemal authentischer als alle anderen Comics, die Geschichten über ihn erzählen (mit Ausnahme von Lance weiter unten).





BSV, Illustrierte Klassiker Nr. 3, 1956.

Hier ist die Heirat von Carson mit der Indianerin Waa Na Nibe dargestellt, die unter den Trappern Beifall findet. Derartige Verbindungen waren im Westen vor dem Bürgerkrieg durchaus normal und wurden akzeptiert. Erst danach, als die Siedler in Massen über den Mississippi strömten und die Indianer in nicht lebensfähige Reservationen zusammengepfercht wurden, hörte die Toleranz unter der weißen Bevölkerung auf. Bemerkenswert finde ich den Einleitungstext auf der ersten Comicseite: „Bevor die Siedler in den Wilden Westen zogen, vor den Ranchern und Farmern, den Städten und Eisenbahnen kamen verwegene Männer in die Wälder des Westens, die jeden Tag unerschrocken dem Tod dutzende Male ins Auge sahen. Ihre Tragödie war, dass sie – um das Land für die Siedler zu erschliessen – anderes Leben vernichten mussten. Dies ist eine wahre Geschichte aus den ersten Tagen der Besiedlung Nordamerikas.“ Dem ist von meiner Seite nichts hinzuzufügen! Die Zeichnungen sind von Rudy Palai und guter Durchschnitt.





Lehning, Winnetou Nr. 49, 1966.

Der Lehning Verlag versuchte in den sechziger Jahren sein Programm mit Material aus Frankreich zu erweitern. Im Austausch mit eigenen Serien, wie Falk oder Roy Stark, erwarben sie u. a. auch die Rechte an Kit Carson. Auch dieses Material stammt ursprünglich von Fleetway und entspricht der guten Qualität der Texas-Hefte. Zwar bedienen diese Zeichnungen ebenfalls gängige Klischees, sind aber flott gezeichnet.

Die ersten Geschichten um Kit Carson wurden in den „Winnetou“ – Heften gebracht.





Lehning, Winnetou Nr. 49, 1966.

Sie waren in schwarz weiß, was sie dynamischer macht (jedenfalls wenn man schwarz weiß mag ). Es sind in der Regel nur zwei Bilder untereinander wieder gegeben, was am Ursprungsformat, beziehungsweise an der zeichnerischen Darstellung für das Kleinbandformat in Frankreich und Italien liegt.





Lehning, Kit Carson Nr. 8, 1967.

Nach der Einstellung der „Winnetou“ – Reihe versuchte Lehning Kit Carson als eigenständige Serie weiter zu führen. Dies gelang allerdings nur bis zur Nummer 16. Bestimmt lag es nicht am Materialmangel, denn das lag noch vor. „Lasso“, „Sheriff Klassiker“, die „Hit Comics“, die Konkurrenz war schlief nicht und drückte den einstigen Marktführer in die Ecke.





Lehning, Kit Carson Nr. 4, 1967.

Auch hier können die Zeichnungen gefallen, selbst die Farben überzeugen … aber für Lehning war die Zeit abgelaufen.





BSV, Sheriff Klassiker Nr. 158, ca. 1970.

Die „Sheriff Klassiker“ kamen bei BSV bereits ab 1964 heraus, lange Zeit in schwarz weiß. Ihre Westerngeschichten entsprachen dem Zeitgeschmack und die Aufmachung erinnerte an „kleine“ Alben, was mir aber bei der Abbildung des Innenteils erhebliche Kopfschmerzen bereitete. Währedn des Scannvorganges hörte ich ein Knirschen, das entsteht, wenn geleimte Seiten aus dem Rücken herausbrechen





BSV, Sheriff Klassiker Nr. 158, ca. 1970.

In mehreren Heften war auch Kit Carson vertreten, die Geschichten stammen wohl aus den USA. Hier ist Kit Carson nicht als Westernheld dargestellt, schon mehr in seiner Aufgabe als Scout. Er trägt auch kein modernes Repetiergewehr und die US-Kavallerie wird noch richtig als Dragoner bezeichnet. Nur das er einen Pfeil mitten im Flug entzwei schießt, dürfte, bei aller Kunstfertigkeit, stark übertrieben sein.


Im zweiten Teil geht es um die Comicserie „Lance“, in der Kit Carson neben der Hauptfigur einen wichtigen Part spielt. Außerdem zeige ich noch etwas reales aus dem Leben des Kit Carson.
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