Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 04.07.2020, 16:59   #226  
Peter L. Opmann
Mitglied
 
Benutzerbild von Peter L. Opmann
 
Ort: Hessen
Beiträge: 5.542
Die Rächer # 13
Williams, Januar 1975 ("Avengers" # 14, März 1965)



Diese Ausgabe hat offensichtlich eine interessante, wenn auch wohl nicht mehr ganz rekonstruierbare Entstehungsgeschichte. Laut den Credits hat Stan Lee einen Plot geschrieben, den dann sein Bruder Larry Lieber und Paul Laiken (der in Wirklichkeit Larry Ivie heißt und bei Marvel hauptsächlich für Horrortitel zuständig war) ausgearbeitet haben. Gleichzeitig griff Jack Kirby Don Heck unter die Arme und zeichnete die Seiten offenbar grob vor. Chic Stone hat dann geinkt und läßt die Zeichnungen hier eher wie von Kirby als von Heck wirken. Ob diese starke Arbeitsteilung dem Zeitdruck geschuldet war (im Fall von Lee) oder die Erkenntnis gereift war, daß die grafische Umsetzung von Heck doch erheblich zu wünschen übrig läßt und er Hilfe braucht, weiß ich nicht – vielleicht spielte beides eine Rolle. Das Ergebnis ist in meinen Augen zwar besser als „Rächer“ # 11 oder 12, reicht aber an ein gutes Gemeinschaftswerk von Lee und Kirby doch nicht heran. Zudem hat Williams in der 13. Produktion erstmals graues, schlechtes Papier verwendet, was den Eindruck zusätzlich beeinträchtigt. Das Lettering hat hier erstmals Uschi Kedrom besorgt.

Man wollte anscheinend etwas Besonderes bieten und läßt die Wespe beinahe am Einschuß einer Pistolenkugel in die Lunge sterben. Heute regt es die Leser ja kaum noch auf, wenn ein Held tatsächlich stirbt – das war zu dieser Zeit noch ganz anders. Die Rächer bringen Janet in höchster Eile ins Krankenhaus; dort bestätigt sich, was der Gigant gleich wußte: Ihr Leben hängt an einem seidenen Faden. Seltsamerweise kann Thor, der ja in seiner Identität als Dr. Don Blake sonst Spezialist für alle Arten von Operationen ist, hier nichts tun. Er bringt aber in Erfahrung, daß es eine Koryphäe gibt, einen Dr. Svenson in Norwegen, der helfen kann. Thor holt Svensson schleunigst herbei; Der will aber nicht helfen. In einem Gerangel verliert der angebliche Doktor seine Maske – er ist in Wirklichkeit ein Außerirdischer, der in der irdischen Atmosphäre nicht atmen kann und stirbt.

Die Rächer suchen nun den echten Dr. Svenson bei den Aliens. Aber während Thor den falschen Arzt mit seinem verzauberten Hammer in Nullkommanix gefunden hat, tun sich die Helden nun enorm schwer, die Außerirdischen ausfindig zu machen. Schließlich kommen sie am Nordpol auf ihre Spur. Als sie in ihren Stützpunkt eindringen, werden sie durch Strahlen gelähmt (wieder mal – gähn!). Der Ober-Alien erklärt ihnen, was er und seine Kallusianer auf der Erde zu suchen haben. Sie flohen vor einem interstellaren Krieg hierher. Wegen ihrer Atemprobleme kidnappten sie Dr. Svenson, damit er ihr Überleben sichert. Wo er sich befindet, erfahren die Rächer allerdings nicht. Thor hat nur so getan, als sei er paralysiert, und befreit seine Teamkollegen. Es beginnt eine Spencer-Hill-mäßige Rauferei, bis Svenson erscheint und Einhalt gebietet.

Während die Kallusianer gegen ihre Feinde in die Weltraumschlacht ziehen (zunächst sollte die Erde der Schauplatz sein, was die Rächer aber verhindern), ist Svenson bereit, Janet van Dyne zu operieren (nachdem er erfahren hat, daß sie Privatpatientin ist ;-) ). Durch einen Transmitter reisen die Rächer und der Arzt in Sekundenschnelle nach New York. Die Rächer müssen vor dem OP warten. Zwischendurch hat der Beobachter eine kurze Szene, verrät uns aber auch nicht, wie der Kampf der Kallu gegen ihre Feinde ausgeht. Er stellt nur fest: „Noch immer ist die Kraft des Gebets die größte Macht im ganzen Universum.“ Vielleicht bezieht sich das auch eher auf die Operation der Wespe. Nach langer Unsicherheit erfahren die Rächer endlich: „Dier Operation ist gelungen. Das Mädchen ist gerettet.“

Es mangelt hier für Rächer-Verhältnisse ein wenig an Kampfgetümmel. Die Spannung kommt eher von der Suche nach Dr. Svenson und der Enttarnung der Kallusianer her – und natürlich der Ungewißheit, ob Jane von Dyne überleben wird. Wie erwähnt, hätte ich Dr. Blake die rettende OP ebenso zugetraut. Aber dann wäre es schwierig gewesen, die Außerirdischen ins Spiel zu bringen. So richtig sinnvoll erscheint die Story nicht, aber sie ist doch eine interessante Mischung aus Mystery, Science Fiction und Arztroman. Bemerkenswert finde ich auch, daß trotz Beschwörung des Schicksals auch Gott mitmischt. Ganz am Ende läßt es sich Stan Lee nicht nehmen zu beschreiben, wie die Rächer ihre Köpfe himmelwärts wenden „in nichtversiegender Dankbarkeit“.

Geändert von Peter L. Opmann (04.07.2020 um 18:06 Uhr)
Peter L. Opmann ist offline   Mit Zitat antworten