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Alt 08.10.2019, 20:54   #216  
Peter L. Opmann
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Die Spinne (Williams) 102 und 104
(= Der mächtige Thor 51)

Erscheinungstermin: 1/2/1978

Originalausgabe:
1) The mighty Thor # 133

Story-Titel:
1) Sieh… der lebende Planet!

Original-Storytitel:
1) Behold… the Living Planet!

Zeichnungen:
1) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee



Dies ist eine bei Williams, aber auch im Original in ein paar Punkten vom Üblichen abweichende Episode. „Thor“ wurde als „Spinne“-Zweitserie für eine Ausgabe unterbrochen; das war „Spinne“ # 103, die im Original und somit auch in Deutschland einen erweiterten Umfang aufwies (um die Leser an die Preiserhöhung von 15 auf 20 Cent pro Heft zu gewöhnen). Weil die Spinne-Episode auch in „Spinne“ # 104 noch 22 Seiten hatte, war bei Williams erstmals kein Platz für die „Thor“-Coverabbildung. Bei dem Cover verpassen wir aber nichts Herausragendes. Thor rennt da gegen den „lebenden Planeten“ an, der wie eine personifizierte Gewitterwolke aussieht. Darunter ist eine Horde kriegerischer Körperzellen zu sehen, am rechten Bildrand beobachtet der Humanoide, den Thor von Rigel mitgenommen hatte, das Geschehen. Er versteht sich als Chronist, ähnlich wie der Beobachter aus „Fantastic Four“. Festzuhalten ist zudem, daß Jack Kirby in dieser „Thor“-Ausgabe erstmals mit ungewöhnlich großen Panels arbeitet. Es gibt ein doppelseitiges Panel, ein ganzseitiges, eine Seite mit zwei und drei mit drei Panels. Das hat inhaltlich damit zu tun, daß der Zeichner die Größe und fantastische Struktur des Planetenwesens Ego zum Ausdruck zu bringen versucht. Er zeichnet fantasiereiche Körperwelten, die zwar nicht an die mystischen Settings von Steve Ditko bei „Doctor Strange“ heranreichen, doch man kann sagen, der Zeitersparnis beim Zeichnen werden die großen Panels wohl nicht gedient haben. Leider büßt das Inking von Vince Colletta in meinen Augen wieder etwas an Qualität ein.

Vorbild dieser Episode dürfte der Richard-Fleischer-Film „Die phantastische Reise“ gewesen sein, der im selben Jahr ins Kino kam und die Reise eines Mini-Raumschiffs mit entsprechender Besatzung durch einen menschlichen Körper zeigt. Dieser Streifen gewann 1967 den Oscar für Spezialeffekte. Hier landet Thor mit seinem Begleiter auf einem Planeten, der sich als lebendiger Organismus entpuppt und gerät – eher unfreiwillig – in dessen Inneres. Der lebende Planet erzeugt ein Abbild von sich in normal großer Menschengestalt, um mit Thor kommunizieren zu können. Er enthüllt ihm, daß er schon lange auf einen Reisenden wie ihn gewartet hat. Er will herausfinden, ob er Thor überwinden kann. Wenn ja, will er zahlreiche Abbilder von sich selbst in den Weltraum senden, um Planeten wie die Erde zu erobern (wie das zuvor auch Rigel vorhatte).

Hier packt nun Thor nicht sogleich den Hammer aus, sondern muß sich auf dem und im Inneren dieses „Körpers“ erstmal zurechtfinden. Zusammen mit dem Humanoiden übersteht er dann jedoch alle Angriffe. Am Ende schaffen es die beiden, den Körper unbeschadet wieder zu verlassen – für den lebenden Planeten ist damit die Niederlage besiegelt. Er gibt alle Eroberungspläne auf. Thor kehrt mit dem Humanoiden im Schlepptau zur Erde zurück. Allerdings ist das wieder mal nicht das Ende der Geschichte. Inzwischen ist die Nebenhandlung mit Jane Foster so weit vorangetrieben, daß wir annehmen können, daß dies die nächste große Herausforderung für Thor wird. Der Glatzkopf, den Jane im Flugzeug kennengelernt hatte, bringt sie zu einem bärtigen alten Mann namens Tagar, der offenbar mit ihr bizarre genetische Experimente anstellen will (nächste Ausgabe: „Die Menschenzüchter“). Außerdem begegnen wir noch einmal Tana Nile, der Rigel-Kolonisatorin, die sich bereits als Kaiserin der Erde betrachtet hatte. Die Menschen nehmen sie nach wie vor nicht ernst. Während sie versucht, sich bei der Polizei Respekt zu verschaffen, bekommt sie eine Nachricht von Rigel, daß die Kolonisation der Erde abgeblasen ist und sie schleunigst nach Hause zurückkehren soll. Für sie ein peinlicher Karriereknick, denn dies wäre ihre erste Kolonisation gewesen.

„Lebende Planeten“ waren in den 60er Jahren sicher auch ein gängiges Motiv in der Science Fiction. Mir fällt allerdings gerade kein einschlägiger Roman ein. Dagegen erinnere ich mich an die „Valerian“-Kurzgeschichte „Tsirillitis, der Asteroid“, die aber erst nach „Der lebende Planet“ entstanden sein kann. Allerdings wird da eine ähnliche Story mit erheblich mehr Charme erzählt. Ich finde diese „Thor“-Episode nicht so schlecht wie die vorherige, aber es fällt wiederum auf, daß Lee und Kirby eher grelle Effekte aneinanderreihen, als der Geschichte eine folgerichtige Struktur zu geben oder sie mit humorvollen Untertönen zu versehen. Wir sind nach wie vor weit von der Erde und dem Alltag der menschlichen Identität des Helden entfernt, was für Marvel eher untypisch ist. Ich halt dies also nach wie vor nicht für eine gute Ausgabe. Aber vielleicht wird die Serie ja so allmählich wieder besser.



Geändert von underduck (08.10.2019 um 21:08 Uhr) Grund: Cover eingefügt
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