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Alt 14.06.2019, 15:25   #66  
Peter L. Opmann
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Der mächtige Thor (Williams) 15

Erscheinungstermin: 3/1975

Originalausgabe:
1) Journey into Mystery # 97
2) Silver Surfer # 5

Story-Titel:
1) Thor bekämpft den Lavamann
2) ohne Titel (…und wer wird um ihn weinen?)

Original-Storytitel:
1) The Lava Man
3) …and who shall mourn for him?

Zeichnungen:
1) Jack Kirby/Don Heck
3) John Buscema / Sal Buscema

Text:
1) Stan Lee
3) Stan Lee



Stan Lee und Jack Kirby sind zurück. Nun erleben wir nicht sofort einen Epochenwandel. Auch diese Thor-Story hat einige Schwächen. Aber es ist zu erkennen, daß melodramatische Elemente eingeführt werden und ein Konflikt aufgebaut wird, der über viele Ausgaben hinweg tragen kann. Zudem wird das bisher starr verfolgte Schema durchbrochen. Der neueste Gegner Thors taucht bereits auf Seite 7, strenggenommen sogar auf Seite 6 auf, und dem Zweikampf wird deutlich mehr Raum gegeben. Die Auflösung des Konflikts erscheint eher enttäuschend, aber es geht bergauf mit der Serie. Dieses Heft habe ich ziemlich früh gelesen, vielleicht schon bei Erscheinen, ich bin aber nicht ganz sicher. Daß es sich von den vorhergehenden in mancher Hinsicht unterschied, habe ich damals aber nicht mitbekommen.

Wieder gibt es eine Rahmenhandlung, die aber mehr Gewicht hat als bisher. Zunächst rettet Thor einen bewußtlosen Piloten aus seinem Düsenjet; das Flugzeug läßt er ins Meer stürzen. Diese einleitende Aktion kontrastiert aber mit dem Folgenden: Thor geht nun ein deutlich größeres Wagnis ein. Er will Jane Foster endlich seine Liebe gestehen und ihr gleichzeitig offenbaren, daß Thor und Don Blake zwei Identitäten einer Person sind. Blake betritt die Praxis und spricht Jane an, besinnt sich dann aber, daß er ihr nichts erzählen darf, bevor er Göttervater Odin um Erlaubnis gebeten hat. Sie ist sich ziemlich sicher, was ihr Doktor sie fragen will (eine Frau fühlt so etwas), und ist sehr enttäuscht, als er ihr sagt, er müsse nur noch eine Sache erledigen, bevor er sich mit ihr aussprechen kann.

Thor nimmt mental mit Odin Kontakt auf. Dessen Reaktion ist klar und eindeutig: „Hast du den Verstand verloren? Die Bitte ist abgelehnt!“ Thor ist ein gebrochener Mann. Nun wendet sich Jane Foster an Don Blake; sie eröffnet ihm, daß sie kündigt, weil sie sein ewiges Lavieren und Ausweichen nicht mehr ertragen kann. In Asgard wittert der gefangene Loki seine Chance. Vor einiger Zeit hat er den Lavamann durch einen Vulkanausbruch an die Oberfläche geholt. Jetzt wird der für ihn Thor besiegen, denkt er sich. Thor hat wegen seines Liebeskummers gar nicht bemerkt, daß in New York beträchtliche Aufregung herrscht, weil der Lavamann bereits auf die Stadt zumarschiert und die Nationalgarde ihn nicht stoppen kann. Er zerschmilzt einfach jede Waffe, die auf ihn gerichtet wird. Ganz New York wird evakuiert. Wie wir nebenbei erfahren, gibt es eigentlich ein Volk von Lavamännern, das keine Lust mehr hat, unter der Erde zu leben, und nun die Welt erobern will. Thor kommt wieder zu Sinnen – ein Kampf wird ihn von seinem Kummer ablenken.

Nun folgt der reine Actionteil. Zunächst geht der Lavamann in Deckung und verschwindet im Erdboden. Thors Hammer treibt ihn jedoch wieder nach oben. Nun schließt der Lavamann Thor in heißem Gestein ein. Dann wird er zu einem Lavaklotz und will Thor plätten (da erinnert er ein bißchen an Thors späteren Erzfeind, den Absorber). Aber der läßt seinen Hammer den Klotz davontragen und in den nächsten Vulkan versenken. Thor verschließt den Krater und löst das Problem damit endgültig – in „Rächer“ # 5 kehrt das Lavavolk jedoch noch einmal so richtig zurück; bei Williams ist das schon früher erschienen. Doch Thor hat nun noch eine große Bewährungsprobe vor sich. Motiviert durch seinen Sieg will er als Don Blake Jane dazu bringen, bei ihm zu bleiben. Doch er kommt zu spät: In Begleitung eines anderen Arztes verläßt sie seine Praxis (schon damals herrschte offenbar großer Mangel an medizinischem Personal). Sie wirft ihm vor, sie nicht aus der Stadt gebracht zu haben, und sieht das als endgültigen Beweis, daß er ein Schwächling ist. Blake steht am Ende ebenso frustriert da wie Peter Parker.

Während die (vorerst) gescheiterte Liebesgeschichte durchaus zu Herzen geht, ist die Invasion der Lavamänner nicht richtig durchdacht. Warum ziehen sie die Invasion nicht richtig durch? Warum fühlt sich Thors Gegner so siegessicher, da dem die Lava überhaupt nichts anhaben kann? Und wird irgendein Problem gelöst, indem Thor einen einzigen Vulkan verschließt? Davon abgesehen macht dieser Gegner aber schon etwas her. Für einen richtigen Kampf fehlt lediglich der Platz. Insgesamt schlagen Lee und Kirby hier den richtigen Ton an, um Thor zu einem typischen Marvelhelden zu machen und mit Odin. Jane und Loki einen Grundkonflikt aufzubauen, der die Serie noch lange bestimmen wird. Die Grafik sagt mir auch zu. Don Heck gelingt es hier, als Inker seinen eigenen Stil durchscheinen zu lassen, ohne daß das Artwork von Jack Kirby verfälscht wird. Beide Zeichner kombinieren ihre Stärken. In der nächsten Ausgabe, so wird angekündigt, wird Thor eine „schicksalhafte Entscheidung“ treffen.

Letzte Anmerkung: In der US-Ausgabe beginnen hier die „Tales of Asgard“. Das ist für mich noch einmal ein Indiz, daß Thor jetzt als wichtige Figur im Marvel-Universum gesehen und „Journey into Mystery“ zunehmend auf ihn zugeschnitten wird.
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