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Alt 17.09.2009, 08:37   #9  
Peter L. Opmann
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Robin Hood # 4. Bastei Verlag, Bergisch-Gladbach (1973). 1 Mark

Ich kann mich noch erinnern, daß mein Vater mir dieses Heft mal mitgebracht hat. Mein Vater hat sich nie auch nur annähernd im Comic-Angebot ausgekannt. Doch er wußte, daß eine Jugendausgabe von „Robin Hood“ aus dem Tosa Verlag das erste Buch gewesen war, das ich besaß und das ich gelesen habe. Das war noch bevor ich in die Schule kam; meine Oma hatte mir das Lesen beigebracht. Das Buch war übrigens auch eindrucksvoll illustriert, fand ich damals und finde ich noch heute, von einer gewissen Gertrud Purtscher-Kallab. Es waren locker skizzierte, dynamische Tuschezeichnungen mit kräftigen schwarzen Strichen. Meine Lieblingsepisode war Robins Begegnung mit „Guy von Gisburn“. Der Unhold wird wie folgt beschrieben: „Die Kleider des Fremden, seine Hose und sein Wams, waren aus haarigem Pferdefell; eine haarige Kapuze, an der Ohren aus Fell hochstanden, verbargen sein Gesicht und seinen Kopf. Er sah fürchterlich und furchterregend aus und war mit Köcher und Bogen, Schwert und Dolch bewaffnet.“ Gertrud Purtscher-Kallab hat die Begegnung entsprechend packend visualisiert. Robin verschweigt Guy listig seine wahre Identität und überrascht ihn dann im Zweikampf. Das Ende der Ballade ging damals fast über mein Fassungsvermögen: Robin wird von seiner Schwester, einer Nonne, zur Ader gelassen. Aber sie läßt ihm absichtlich zu viel Blut ab, so daß der Unbesiegbare elend zugrundegeht. Um auf das Comicheft zurückzukommen: das war nur ein fader Abklatsch solcher Dramen. Die französische Serie (Editions de Vaillant) sollte den Rächer der Enterbten burlesk-ironisch verkaufen. Guy de Gisborne, der gleich zu Beginn des Hefts auftritt, ist hier eine Art debiler Falstaff (er schlüpft nämlich in die Rolle des Sheriffs von Nottingham), und Robin Hood treibt munter seine Späße mit ihm. Man kann es Franzosen wohl nicht verdenken, daß sie die dramatischen Aspekte des britischen Helden nicht herausarbeiten können. Aber obwohl ich damals von Frankreich und Großbritannien noch nicht viel Ahnung hatte, hatte ich doch ein feines Gespür dafür, was der Geschichte fehlte. Außerdem merkte ich auch schon damals, daß das Heft recht lieblos coloriert war (im Original wohl schwarz-weiß). Ganz nett fand ich die in der Heftmitte laufende, mit Zweitfarbe Rot gedruckte Nebenserie „Fanfan der Husar“, ohne zu ahnen, daß hier Gerard Philipe vercomixt wurde. Fanfan wird unschuldig eines Diebstahls bezichtigt, entkommt mit akrobatischem Geschick den Häschern und beweist seine Unschuld. Wie er da über die Dächer turnt - ist das nicht eine frühe Vorahnung von Spider-Man?
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