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Alt 22.06.2016, 16:31   #54  
Servalan
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Standard Giogrio Vasari: Le Vite ... / Lebensläufe ... (1550)

Der vollständige Titel lautet: Le Vite de’ più eccellenti architetti, pittori, et scultori italiani, da Cimabue infino a’ tempi nostri: descritte in lingua toscana da Giorgio Vasari, pittore arentino – Con una sua utile et necessaria introduzione a le arti loro / Lebensläufe der berühmtesten Maler, Bildhauer und Architekten
Diverse Ausgaben, darunter Manesse Bibliothek der Weltliteratur 1993, 675 Seiten (Auswahlband)
http://gutenberg.spiegel.de/autor/giorgio-vasari-1059 (Volltext bei Projekt Gutenberg-DE)
http://www.memofonte.it/autori/giorg...1511-1574.html (Volltext im italienischen Original)
http://www.kunstgeschichte.uni-muenc...ni_disegno.pdf (Biographie als pdf, 38 Seiten)
http://www.designerhistory.com/giorgio-vasari.htm
http://www.italian-renaissance-art.c...io-Vasari.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Giorgio_Vasari

Für klassische Bildungsbürger beginnt die Kunst mit Giotto - und die Kunstgeschichte mit Vasari.
Wer sich ernsthaft mit Kunst beschäftigt, hört ziemlich rasch den Namen Giorgio Vasari, der eigentlich selbst ein berühmter Künstler werden wollte. Schließlich baute und malte er für die Dynastie der Medici aus Florenz, unter deren Fittichen auch eine Sammlung von Künstlerbiographien entstand.

Heute geschieht alles in Echtzeit, weite Teile des Globus sind nur einen Klick entfernt, und Copy&Paste erlauben Kopien in Bruchteilen von Sekunden.
Im Grunde fertigte der weitgereiste Vasari so etwas wie sein Social Media-Profil an, allerdings in mühsamer Handarbeit.
Von ungestörter Arbeit konnten die alten Meister der Renaissance nur träumen. Kirchliche und weltliche Fürsten in ihren Stadtstaaten kämpften um Einfluß, Macht und Geld, weshalb gewöhnliche Sterbliche einen hohen Herrn zum eigenen Schutz brauchten. Falls der unterlag oder geschlagen wurde, half nur die Flucht.
Auf diese Weise kam Vasari auf der Halbinsel weit herum.
Sein unfreiwilliges Exil nutzte er, indem seinen Kollegen, ihren Meistern und Schülern über die Schulter schaute.
Nachdem ihm die Medicis 1537 einen Posten im Orden der Olivetaner verschafft hatten, konnte er seine Reisen fortsetzen. Im Gegenzug verlangte die sagenhaft reiche Dynastie von ihm einen Katalog.
Was Vasari darin zeigen wollte, mußte er abzeichnen oder umständlich beschreiben. Über Schüler-Meister-Beziehungen ging er drei Jahrhunderte zurück, denn sein Werk beginnt mit Giovanni Cimabue (* 1240) und reicht bis zu seinen Zeitgenossen Michelangelo, Leonardo da Vinci und Raffael.
Seine insgesamt 108 biographischen Skizzen ergänzte er mit Beschreibungen der wichtigsten Kunstwerke.

Vasaris Kompendium existiert in zwei Fassungen, einer zweibändigen 1550 und einer dreibändigen 1568.
Ästhetisch sind für in die Ideale der römischen und griechischen Antike das Maß aller Dinge. Verständlicherweise sehnt er sich einer Wiedergeburt (rinascita) solcher Kunstfertigkeit und prägt den Begriff der Renaissance.
Falls er mal die Gotik erwähnt, dann eher abfällig und verächtlich.
Heutigen wissenschaftlichen Kriterien historischer Methodik wird er nicht gerecht, dennoch gelten seine Lebensläufe ... fur kunsthistorische Interpretationen weiterhin als unerläßlich.
Die wenigsten werden sich das trockene Werk in Gänze antun.
Gezielte Vergleiche mit greifbaren populären Sachbüchern oder Kunstbiographie-Reihen zeigen jedoch, wieviel Vasari in unseren Vorstellungen von dieser Epoche stecken.
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