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Alt 23.03.2018, 11:29   #39  
Peter L. Opmann
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Die Spinne (Williams) 3

Erscheinungstermin: 2/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 1
2) Amazing Spider-Man # 2
3) Tales to Astonish # 73

Story-Titel:
1) Die Spinne kontra das Chamäleon!
2) Vom bitterbösen Bastler bedroht!
3) Mit Waffengewalt!

Original-Storytitel:
1) Spider-Man vs. The Chameleon!
2) The uncanny Threat of the terrible Tinkerer!
3) By Force of Arms!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Steve Ditko
3) Adam Austin (= Gene Colan)

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee
3) Stan Lee



Offenbar hat „Die Spinne“ im Williams-Programm eine Sonderstellung eingenommen: In keiner anderen Serie wurden zu Beginn die Storys so durcheinandergewürfelt wie hier (wenn auch die Continuity einigermaßen eingehalten wird). Bei den „Fantastischen Vier“ gab es das jedoch grundsätzlich auch. Ursache dafür ist allerdings, daß in den US-Ausgaben anfangs keine 20-Seiten-Storys präsentiert wurden, sondern jeweils zwei kürzere. Das lag wiederum daran, daß man den jungen Lesern zunächst nicht zutraute, 20 Seiten durchzuhalten. Das hat sich bei Marvel jedoch schon nach kurzer Zeit geändert.

Hier haben wir es nun mit der zweiten Story aus ASM # 1 und einer von zwei Storys aus ASM # 2 zu tun. Immerhin ist es nun mit den vielen Füllseiten vorbei. Redaktionell eingefügt wurden die Checkliste (mit allgemeinen Texten, die nicht auf die neuen Hefte konkret eingehen), die Vorschau auf die dritte Produktion, die Marketingseite mit dem Sammelcoupon und daneben nur noch eine Seite Eigenwerbung für „Das Monster von Frankenstein“. Das ist fast das Normalmaß an redaktionellen Seiten.

Kommen wir zur ersten Spinne-Geschichte: Die ist leider ziemlich schwach. Lee und Ditko bringen zwei Handlungsstränge auf zehn Seiten (eigentlich nur neun Seiten plus Splahpage) unter. Obwohl mit vielen kleinen Panels gearbeitet wird, geben beide nicht viel her. Zuerst versucht die Spinne, bei den Fantastischen Vier anzuheuern – erneut in der Hoffnung auf viel Geld. In zweifacher Hinsicht geht die Aktion aber ins Leere. Zum einen kann man bei den FV nicht so einfach hineinspazieren; zum anderen gibt es bei ihnen nichts zu verdienen. Es gibt eine kurze Rangelei, dann zieht die Spinne enttäuscht ab.

Dann tritt der erste Superbösewicht auf, das Chamäleon, vielleicht von Fantomas inspiriert. Er stiehlt in verschiedenen Masken wichtige Raketenabwehrpläne. Zuletzt tritt er als Spinne auf, um die Schuld auf sie zu schieben, aber die echte Spinne macht ihm einen Strich durch die Rechnung und erkennt ihn auch in seiner letzten Verkleidung als Polizist. Weil beim Kampf die Polizeiuniform aufreißt und darunter das Spinne-Kostüm sichtbar wird, kann das Chamäleon schließlich festgenommen werden. Die echte Spinne aber muß fliehen; das Kalkül, ihr das Verbrechen anzuhängen, ist aufgegangen.

Auch wenn diese Story kaum reizvoll ist, kann man wiederum einige typische Spinne-Motive erkennen, vor allem, daß es – scheinbar – kein Happy End für diesen Helden gibt. Die Spinne setzt außerdem ihr Netz und ihren Spinnensinn ein. Was fehlt, ist das Schwingen am Netz; hier läuft sie in der Regel noch wie ein Seiltänzer auf ihrem Netzfaden.

Die zweite Geschichte ist schon interessanter, auch deshalb, weil sie recht untypisch ist. Sie gehört eher in den Bereich Mystery, was allerdings für Marvel nicht ungewöhnlich ist, da vor den Superhelden eine Reihe von Gruselmagazinen zu den Umsatzbringern gehörten (dazu zählte auch „Amazing (Adult) Fantasy“). Peter Parker hilft einem Professor bei dessen Experimenten. Als Gefälligkeit holt er auch für ihn ein repariertes Radio ab und wundert sich, daß der Bastler dafür nur einen lächerlichen Betrag verlangt. Im Spinne-Kostüm sieht er sich heimlich in seinem Keller um und stößt auf eine Verschwörung von Außerirdischen. Mit manipulierten Radios werden Staat und Militär der USA ausspioniert. Die Spinne wird von den Aliens entdeckt und beinahe besiegt. Aber als im Unterschlupf des Bastlers Feuer ausbricht, machen sie sich aus dem Staub. Schließlich hält die Spinne die Maske des Bastlers in der Hand und erkennt, daß auch er ein Alien war. Peter behält die abgewehrte Invasion für sich. Sein Professor meint zwar, er habe ein Raumschiff abfliegen gesehen, sieht aber ein, daß das zu verrückt ist, um wahr zu sein…

Ditko kann hier mit größeren Panels arbeiten, und er kann sein Talent für unheimliche Szenarien (wie später eindrucksvoller bei „Doctor Strange“ gezeigt) ausspielen. Die Story liest sich zwar nicht sensationell, aber weist doch Spannung und ein bißchen Horror auf. Außerirdische werden aber nicht zu häufig wiederkehrenden Gegnern der Spinne, und mit Gruselgestalten hat er es auch selten zu tun – obwohl: Der Grüne Kobold, die Echse, Mysterio, Dr. Oktopus, Electro, Metallo… mit etwas Nachdenken fallen mir immer mehr Gegner mit Grusel-Touch ein. Aber das Herumschleichen in düsteren Kellern wird nicht zur Spezialität der Spinne. Ditko führt hier das halbierte Parker-Gesicht ein (zur Hälfte mit der eigenwilligen Spinne-Maske bedeckt). Und hier schwingt die Spinne nun auch an ihrem Faden.

Noch ein Blick aufs Cover: Es ist das erste reguläre Spider-Man-Cover, das von ASM # 1. Auffällig daran ist, daß es offenbar neu eingefärbt wurde. Im Original sind die Farben deutlich heller. Hier treten die Kontraste deutlicher hervor; in Kauf genommen wird dabei, daß die Kulisse, die in satten Blau- und Violetttönen gehalten ist, ziemlich in den Hintergrund tritt.

Bei Aquarius (Sub-Mariner) geht’s jetzt übrigens regulär weiter.

Geändert von Peter L. Opmann (26.03.2018 um 15:43 Uhr)
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