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Alt 28.07.2021, 20:33   #63  
Peter L. Opmann
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Conan the Barbarian # 4 / Marvel-Superhelden-Comic-Taschenbuch: Conan # 1

Erscheinungstermin: April 1971 / 1979

Story-Titel: Der Elefantenturm

Original-Storytitel: The Tower of the Elephant!

Zeichnungen: Barry Windsor-Smith und Sal Buscema

Text: Roy Thomas

Übersetzung: Robert Wantke

In der Condor-Version gibt es erneut den Hinweis „Nach Charakteren von Robert E. Howard“. Aber nachdem in der letzten Ausgabe erstmals eine konkrete Howard-Story zugrunde lag, haben wir hier nun zum ersten Mal eine echte Conan-Geschichte vor uns. Die auch ziemlich originalgetreu in einen Comic übertragen ist. Ich habe zuerst die literarische Vorlage gelesen, und mein Eindruck ist, daß die Geschichte vom Raub des Edelsteins „Elefantenherz“ so erzählt ist, daß der Leser meint, am Geschehen immer hautnah teilzunehmen. Sie ist allerdings ein bunter Genremix mit einem starken Einschlag von Mystery und Science Fantasy. In dem Elefantenturm, den Conan und sein Zufallsgefährte Taurus erstürmen, geht so manches an Zauberei vor sich. Hinter allem steckt aber der letzte Überlebende einer fremdartigen außerirdischen Rasse, die vor undenklichen Zeiten auf die Erde gekommen ist. Nicht unbedingt Conan-typisch, würde ich sagen, aber Howard hat öfters Geschichten umgeschrieben, wenn sie von einem Magazin abgelehnt worden waren und nur mit bestimmten Storyelementen in ein anderes paßten.

In der zamorischen Stadt der Diebe, Arenjun, hört Conan in einer Taverne vom „Elefantenherz“. Dieser riesige, ungeheuer wertvolle Edelstein soll im Elefantenturm aufbewahrt werden, der die Stadt beherrscht. Conan gibt zu erkennen, daß er den Stein an sich bringen will. Die versammelten Diebe lachen, weil es als unmöglich gilt, in den Turm einzudringen – und zu überleben. Conan läßt allerdings nicht mit sich spaßen und tötet den Wortführer, während kurz das Licht im Raum verlöscht ist. Dann schreitet er zur Tat. Unmittelbar am Turm trifft er Taurus, der gerade dasselbe vorhat. Kurzentschlossen tun sie sich zusammen. Auf einer mittleren Ebene des Turms treibt sich ein wildes Löwenrudel herum, das Taurus durch ein tödliches Pulver aus der Lotospflanze unschädlich macht. Dann dringt er als erster in einen Innenraum ein, kommt aber schnell wieder heraus und stirbt, im Hals ein paar Einstichstellen wie von einem Vampirbiß. Nun geht Conan hinein und entdeckt an der Decke eine riesige Spinne, die dort auf ihn lauert. Nach kurzem Kampf tötet er das Kerbtier, indem er eine Schatzkiste nach ihm wirft.

Im nächsten Raum stößt Conan auf ein seltsames Elefantenwesen, das sich als blind und hilflos erweist und sich in der Gefangenschaft des Schamanen Yara befindet. Das Wesen erzählt seine Geschichte: wie es einst mit zahlreichen Artgenossen auf die Erde kam, sich mit Yara zusammentat und ihm seine magischen Fähigkeiten vermittelte, dann aber von ihm kontrolliert und beständig gequält wurde. Nun will es sich auf eigentümliche Weise an Yara rächen. Conan soll es töten und den Edelstein mit seinem Blut tränken. (In der ursprünglichen Story schneidet ihm Conan sein Herz heraus.) Als Yara mit dem Edelstein konfrontiert wird, beginnt er zu schrumpfen und verschwindet in dem Stein. Dort verfolgt ihn nun das Elefantenwesen mit seiner Rache. Der Turm wird von gleißendem Licht erfüllt, und Conan läßt den Edelstein sausen und bringt sich in Sicherheit. Kaum ist er im Freien, wird der Turm von schweren Explosionen zerstört. – In der Howard-Story zerspringen erst der Edelstein und dann der Turm in unzählige kleine Splitter; das versucht Barry Smith auch, zeichnerisch umzusetzen.

In vielen Storys muß Conan vor magischen Kräften Reißaus nehmen, aber selten kommt es vor, daß er mit seinem Schwert kaum etwas ausrichten kann. Hier tötet er damit zu Beginn den spöttischen Dieb und gegen Ende das traurige Elefantenwesen, doch im Kampf setzt er sein Schwert nicht ein. Typisch ist der Tod seines Gefährten, den wir freilich zuvor nur wenig kennenlernen. Vieles, was erzählt wird, erscheint nicht unbedingt folgerichtig, aber Howard läßt dem Leser kaum eine Atempause, um Distanz zum Geschehen zu wahren. Ähnlich ist es im Comic, der jedoch in der Condor-Version doch etwas abgehackt wirkt. Barry Smith hat hier erstmals Gelegenheit, die Fantasy-Architektur einer Stadt am Zeichenbrett erstehen zu lassen, und es sieht nicht schlecht aus. Sal Buscema inkt hier zum dritten Mal, man erkennt aber nirgendwo auch nur andeutungsweise den Buscema-Stil. Vielmehr folgt er ganz dem Strich von Smith. Das Originalcover rückt den Kampf mit der Riesenspinne ins Bild. Bedroht wird eine leichtbekleidete Frau, die im Comic überhaupt nicht auftaucht. Weibliche Reize kommen in dieser Episode generell so gut wie nicht vor. Alles in allem: Eine ungewöhnliche, aber für mich recht gelungene Conan-Ausgabe.
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