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Alt 27.06.2020, 16:03   #201  
Peter L. Opmann
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Die Rächer # 11
Williams, November 1974 ("Avengers" # 12, Januar 1965)



„Rächer“ # 11 bis 13 waren lange Lücken in meiner Sammlung. Zuerst fand ich # 13 in einem nachgekauften Superband, dann besorgte ich mir endlich auch # 11 und 12 als Einzelhefte. Es war für mich eine Mischung aus Freude, die Hefte doch noch gefunden zu haben, und Ernüchterung, weil ich den Eindruck gewann, nicht viel verpaßt zu haben. Ich war immer verwundert, warum die Urbesetzung der Rächer schon nach 15 Heften aufgegeben wurde, aber die Ausgaben # 11 und 12 zeigen wie auch schon einige davor, daß Stan Lee mit dieser Combo nicht allzu viel anzufangen wußte. Vermutlich bereitete es ihm Mühe, wirklich eine Brücke zu schlagen von ihren jeweiligen Einzelserien zu diesem Team-up.

Es hat sich eine gewisse Grundstruktur eines Rächer-Abenteuers herausgebildet: Es beginnt oft mit einer Teamsitzung, bei der meist über irgendwelche persönlichen Dinge gesprochen wird, oder einer Alarmierung. Das wird hier nur wenig variiert. Hank Pym, der Ameisenmann/Gigant, empfängt beunruhigende Signale von Ameisen und ruft daher die Rächer zusammen. Die mokieren sich darüber, aus einem solchen nichtigen Grund gerufen worden zu sein (davon, daß Tony Stark tot und der Eiserne der Mörder ist, ist hier übrigens mit keinem Wort mehr die Rede). Es wird bereits – zutreffend – gemutmaßt, daß der Maulwurf, ein alter Feind der Fantastischen Vier, Ursache der Irritationen sein könnte. Jedenfalls muß der Gigant, begleitet von der Wespe, zunächst allein den Alarmsignalen nachgehen. Die beiden stoßen tatsächlich auf den Maulwurf. Der Gigant wird betäubt und gefangengenommen, die Wespe kann fliehen.

Wir werden hier auch gleich eingeweiht, was der Maulwurf im Schilde führt. Er hat ein „Atom-Gyroskop“ entwickelt, mit dem er die Drehung der Erde beschleunigen kann. So will er alles Leben auf dem Planeten zerstören und tief im Erdinneren abwarten, bis er als letzter Überlebender die Weltherrschaft antreten kann. Es bleibt etwas unklar, ob die zunehmenden Erschütterungen und Vibrationen rund um den Globus den Rächern die Augen öffnen, oder ob ihnen die Wespe erzählt, was wirklich los ist. Sie wollen sich jedenfalls nun um die Sache kümmern. Zunächst bekommen sie es mit Subterranern zu tun, lemurenhaften Hilfskräften des Maulwurfs, die über gefährliche Waffen verfügen. Als die besiegt sind, nehmen sie eine Maschine von Tony Stark („Transistor-Röhren“), um zum Maulwurf vorzudringen. Als Captain America und Rick Jones sie holen, müssen sie dabei eine Gangsterbande außer Gefecht setzen. Es bleibt unklar, ob die Gangster in dem Schurkenstück eine Rolle spielen oder ob sie zufällig im Werk von Tony Stark aufgetaucht sind.

Beim Maulwurf stellt sich inzwischen der Geist ein, ein weiterer Schurke aus dem FV-Umfeld, der sich an dem Vorhaben beteiligen will. Seine Super-Affen hat er zuhause gelassen; wir sind immerhin schon auf Seite 16. Der Geist hilft dem Maulwurf in der Abwehrschlacht gegen die anrückenden Rächer, aber so ganz erschließt sich mir die Notwendigkeit seines Mitwirkens nicht. Mich befremdet auch etwas, daß die FV vom bösen Treiben ihrer Feinde offenbar so gar nichts mitbekommen – sie werden nicht auf einem einzigen Panel eingeblendet. Wie dem auch sei, die Rächer stoppen das verhängnisvolle Atom-Gyroskop (Ameisenmann verursacht einen Kurzschluß) und jagen Maulwurf und Geist in die Flucht. Thor zerhämmert das unterirdische Waffenarsenal, und der Eiserne führt eine Explosion herbei, durch die die Super-Bösewichte für Monate oder „für immer“ unter der Erde gefangen sind (wobei der Geist ja alle Materie durchdringen kann, aber beide werden ohnehin unzweifelhaft wieder auftauchen, wenn Stan Lee gerade kein neuer Superschurke einfällt).

Die Story ist also nervtötend naiv, häufig unlogisch und lässt viele Fragen offen. Ihre notdürftige Grundlegung reicht eben aus, um für genug Action zu sorgen. Doch da versagt Zeichner Don Heck, dem ich für die bildliche Umsetzung nur die Note „ausreichend“ geben möchte. Er arbeitet hier mit vielen kleinen Panels, die kaum eine überzeugende Optik ergeben können. Es fehlen Hintergründe, und die Figuren sind oft genug hingeschludert, wie Heck sich das beim „Eisernen“ nicht erlaubt hat. Inker Dick Ayers tut auch hier nichts, um das Gesamtbild zu verbessern. Ich würde den Künstlern allerdings zugute halten, daß sie vermutlich großem Zeitdruck unterworfen waren. Das Beste an diesem Rächer-Abenteuer ist das Cover von Jack Kirby (und möglicherweise Chic Stone), das aber freilich wenig verrät, außer daß die Rächer unter der Erde operieren und der Maulwurf mit seinen Subterranern mit von der Partie ist.
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