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Alt 28.12.2019, 16:22   #19  
eck@rt
Moderator Deutsche Comicforschung
 
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Wollt ihr mal hören, was einem Verleger dazu einfällt? Wir (comicplus+) haben früher ständig mit Druckern gekämpft. Drucker sind der größte Feind des Verlegers. Besonders Drucker, bei denen man erst kurze Zeit ist, so dass man nicht weißt, was sie tun, wenn man sich aufplustert.

Da kommt also ein Lieferung von 5000 Alben, und man denkt: Das kann doch nicht wahr sein! Man hört dann sehr schnell die Standardantwort: Tut uns furchtbar leid, soll nicht wieder vorkommen. Kommt dann leider doch immer wieder vor. Was tun? Einen Neudruck verlangen (natürlich auf Kosten des Druckers)? Das ist uns selten gelungen. Man will es sich ja mit dem Drucker nicht ganz verderben (wer weiß, ob der nächste besser ist; ist er in der Regel nicht), und besser als der Gang zum Anwalt ist es in jedem Fall, zu verhandeln. Man kann die Rechnung kürzen (selten um mehr als 20%), und das war's dann. Die meisten Fehler passieren bei Binden – da hat man dann ein Buch, das wunderbar gedruckt ist, aber saumäßig eingebunden.

Die Erfahrung zeigt auch, dass die Leser/Kunden selten so erbost reagieren, dass sie Umtausch oder Rückgabe verlangen. Also sitzt man den Murks aus, kriegt ein paar böse Briefe und Kritiken, und dann wächst Gras über die Sache.

Ich ärgere ich bis heute über "Bastos und Zakusky" 2 (Cover in der Höhe falsch eingehängt) oder "Lula und Yankee" (bei Bd. 1 Offsetpapier statt mattgestrichen, bei Bd. 2 glattes Papier, das aber viel zu dünn war). Die Zahl der Softcoveralben, bei denen der Rücken schief hängt, ist groß. Bei anderen war der Lack des Covers nicht genug getrocknet – von einigen Serien hatten wir etliche "Briketts", Klötze mit Büchern, die sich nicht mehr voneinander trennen ließen (schon gar nicht nach einem Jahr Lagerzeit). Oder der Lack war runzlig, oder er löste sich ab. Schlimm war es auch in den 80ern, wenn der Leim der Klebebindung spröde wurde. Die Bücher machten dann ganz trocken "knacks", wenn man sie aufschlug, brachen auseinander oder lösten sich vom Cover. Beim Hardcover konnte es passieren, dass der Druck bei der Bindung noch nicht trocken war. Dann wellte sich der Innenteil, besonders bei Temperaturunterschieden, wenn die Bücher im Winter angeliefert wurden. Ein eingeschweißtes Buch, bei dem die Folie labberig am Buch hängt, macht auch keinen guten Eindruck. Aus meiner Carlsen-Zeit kann ich mich daran erinnern, dass der Drucker bei "Hommage an Hergé" die Kanten mit Plastikecken gesichert hatte. Die drückten sich wunderbar ein, wenn man größere Stückzahlen aufeinanderstapelte - bei einem Buch, das damals 98 Mark kostete!

Ach ja, ich könnte viel mehr erzählen. Das wollt ihr aber gar nicht hören, denn es hilft euch nichts. Entweder habt ihr Glück, der Fehler betrifft nur einen Teil der Auflage, und der Verlag ist so kulant, das beschädigte Buch auszutauschen. Oder ihr lebt damit, schimpft und ärgert euch. Aber eins müsst ihr wissen: Der Verlag kann in den seltensten Fällen was dazu, wenn ein Buch fehlerhaft ist. Würde er auf eigene Kosten nachdrucken, wäre er nach spätestens einem Jahr pleite.

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