Thema: Filmklassiker
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Alt 23.10.2022, 17:03   #66  
Phantom
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Zitat von Peter L. Opmann Beitrag anzeigen
Früher hätte ich gedacht: Der Film war zwar schwach, aber es war eine Erfahrung.
Ja, das kenne ich auch, dass ich dachte "schlechter Film, aber ich weiß jetzt mehr als vorher, hat sich doch gelohnt". Mit Comics ging mir das früher auch so. Ich glaube, da schwang bei mir so ein Gefühl mit, dass ich irgendwann mal alle Comics und alle Filme kennen möchte, also muss ich auch die schlechten gesehen haben. Und dann habe ich plötzlich die eigene Endlichkeit realisiert.

Eine Frage wäre noch, was denn eigentlich einen Film zu einem "Filmklassiker" macht. Nur das Alter? Dann wären alt und klassisch ja dasselbe, das kann es nicht sein. "Alt" und "gut"? Aber was ist ein "guter" Film, das wäre ja sehr subjektiv. Müssen viele Leute übereinstimmen, dass ein Film ein Klassiker ist, damit es ein Klassiker sein kann? Wenn ja, wie viele? (Wenn es zu viele wären, wäre ich schon wieder skeptisch...)

Muss der Film irgendeine Innovation haben, eine neue Schnitt- oder Kameratechnik (subjektive Kamera, steady cam), ein neues Erzählmuster (mit dem Ende beginnen), einen Tabubruch (zum ersten Mal Ehebruch oder Homosexualität thematisieren), eine ikonische Einstellung (ein hochwehender Rock über einem U-Bahn-Schacht), eine eingängige Filmmusik (La strada)? Reicht es, "nur" tolle Schauspieler, ein gutes Drehbuch und einen guten Regisseur gehabt zu haben? Oder muss er "zeitlos" sein, also auch nach 50 Jahren noch ernst genommen werden können?

Vielleicht könnte man danach suchen, welche alten Filme denn keine Klassiker im engeren Sinn sind und warum nicht. Spontane Beispiele dafür:

1) Viele Westernfilme der 30er bis 60er Jahre. Habe ich als Kind gern gesehen, jetzt schaue ich mir die meist nur noch an, wenn ich im Hintergrund Landschaften aus meinen USA-Urlauben erkennen kann. Aber diese Formel "starker Mann besiegt (=erschießt) im Alleingang böse Schurken und/oder Indianer, treue und anschmiegsame Frau wartet zu Hause am Herd auf ihn" wirkt doch heute zu altbacken. (Ausnahme für mich z.B. "The man who shot Liberty Valance".)

2) Deutsche Edgar-Wallace-Filme der 60er Jahre. Fand ich als Kind sogar spannend, kann man heute nur noch ironisch gebrochen sehen (schlechte Kulissen, schlechte Schauspieler, schlechter Plot).

3) Viele Science-Fiction-Filme a la Tarantula, weil die Kulissen und special effects eben doch zu einfach waren und die Handlung meist vorhersehbar ist (ein paar Menschen werden von den Spinnen/Ameisen/Marsbewohnern getötet, aber dann kommt der Held und besiegt am Ende alle), das hattest Du ja auch schon geschrieben.

Sind Fassbinder-Filme aus den 70ern "Klassiker"? Einerseits ja, es wurden andere Themen adressiert als in den "herkömmlichen" deutschen Filmen, aber viele Szenen wirken auf mich zu improvisiert oder zu wenig technisch durchdacht (war sicher auch Absicht). "Angst essen Seele auf" z.B. habe ich gern gesehen, ein "Klassiker" wäre das für mich nicht.

Wenn ich es mir recht überlege, ist die Definition von "Filmklassiker" genauso schwer wie die Definition von "Comicklassiker".
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