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Alt 16.03.2020, 18:05   #122  
Peter L. Opmann
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Die Fantastischen Vier # 24




Dieser Band war das erste Heft im ersten Superband, den ich mir gekauft habe (eine # 9). Deshalb kann ich hier erneut kein ganz objektives Urteil abgeben. Ich fand den Superband (der noch Spinne, Thor und Dracula enthielt) knorke, und das ging gleich mit dem sehr schön komponierten FV-Cover los. Daß zum Einstieg ein von Reed Richards gebastelter Gedankenprojektor vorgeführt wird, hat mich gleich gepackt. Aus heutiger Sicht fällt auf: Reed denkt natürlich nur an seine Verlobte, und Sue erscheint apart, aber auch züchtig im vergleichsweise hochgeschlossenen Badeanzug – dass sie als Lustobjekt missbraucht wird, kommentiert sie mit den Worten: „Oh, wie schön! Das bin ja ich!“ Später fügt sie noch hinzu: „Wenn ihr nichts dagegen habt, gehe ich! Keine Frau möchte ihre Gedanken preisgeben!“ Klingt heute auch nicht mehr so ganz genderpolitisch korrekt.

Aquarius (wie der Submariner auf deutsch hieß) kommt dann ziemlich schnell ins Spiel, überwältigt Ben und Johnny und nimmt Sue mit in sein Unterwasserreich. Mit seiner coolen Sonnenbrille sieht er wie ein Agent aus einer Sixties-TV-Serie aus. Taktvollerweise begnügt sich der Fischkopf damit, sie sanft in den Arm zu nehmen und seinen Kopf ganz leicht gegen ihren zu lehnen. Sie wirkt auch nicht völlig abgeneigt, macht ihm aber unmißverständlich klar, daß sie schon vergeben ist, so daß er sie mit Schlafgas betäuben muß.

Reed hat offenbar einen Verlobungsring gekauft und hat noch keine Ahnung von der niederschmetternden Nachricht, daß Sue entführt ist. Sofort setzt er seine gesamte Technik ein, um Submariner zu finden. Ding und Fackel befürchten das Schlimmste (daß er sie nämlich nicht mitnehmen wird), und so nützen sie die Gelegenheit, einen offenbar neuen Marvel-Held einzuführen: Doktor Strange. Reed und Strange haben offenbar die gleiche geniale Idee, daß Namor unter Wasser zu suchen sein dürfte, und treffen auch gleichzeitig bei ihm ein. Reed nimmt den Kampf auf, Doktor Strange kehrt nach New York zurück, um Ding und Fackel mit einem Zauber in das Unterwasserreich zu bringen.

Es folgen einige Seiten Kampfgetümmel (mit anderen Worten: Action), bevor sich die Kontrahenten zum finalen Showdown gegenüberstehen. Wobei sie merken, daß sie einander nichts antun können. Der Grund: Sue ist herbeigeeilt (offenbar soeben aus ihrer Ohnmacht erwacht) und unterbindet weitere feindselige Handlungen mit ihrem Kraftfeld. Das wär’s eigentlich gewesen, aber es folgen noch einige Panels weiblicher Irrungen und Wirrungen: Dem Submariner gegenüber erklärt sie kategorisch, daß sie Reed und nicht ihn liebt. Als Reed sie aber auf der Heimfahrt darauf anspricht, sagt sie: „Bitte, Reed, laß uns nicht jetzt darüber sprechen! Ich bin so durcheinander!“ Also doch ein zumindest beabsichtigter Seitensprung? Das muß gleich wieder korrigiert werden, durch einen inneren Monolog: „Oh, Reed! Du Narr! Natürlich liebe ich dich! Aber wie kann ich das zugeben? Du wirst dich immer fragen, wen ich schützen wollte – dich – oder Namor!“

Die Verwirrung ist also komplett. Bis für die Leser One-Night-Stands und wiederholte Scheidungen normal werden, vergehen noch Jahrzehnte. Interessant ist aber auch noch ein Hinweis am Ende der Geschichte: „In eigener Sache: Wir wollen euch, Fans, an dieser Stelle dafür danken, daß ihr die Fantastischen Vier zum beliebtesten Comic-Magazin gemacht habt! Eure Treue ist unser schönster Lohn!“ Das ist vermutlich eine Botschaft an die US-Leser, wobei ich nicht sicher bin: Die FV beliebter als Superman? Das kam wohl erst einige Jahre später. Was genau ist mit Beliebtheit gemeint? Vielleicht war’s ja nur die beliebteste Marvel-Serie – zu einer Zeit, als Spider-Man gerade startete. Geht's hier um Verkaufszahlen? Oder hatten die FV einen Preis gewonnen? Bleibt leider etwas unklar.

Kurz noch zur Grafik: Jack Kirby ist noch lange nicht an seinem Zenit angelangt, hat aber inzwischen viel Routine gewonnen und zeichnet in meinen Augen durchaus ansehnlich. George Roussos hat die Serie jetzt auch einigermaßen im Griff und bemüht sich um klare Linien, statt nur expressiv herumzuklecksen. Doktor Strange, der ja sonst von Steve Ditko gezeichnet wurde, sieht bei Kirby/Roussos auch ziemlich gut aus.
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