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Alt 31.01.2019, 21:14   #493  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 112

Erscheinungstermin: 6/1978

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 111
2) Mighty Thor # 137

Story-Titel:
1) Jagd auf die Spinne!
2) Der Donnergott und der Troll!

Original-Storytitel:
1) To stalk a Spider!
2) The Thunder God and the Troll!

Zeichnungen:
1) John Romita
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Gerry Conway
2) Stan Lee



Das Niveau wird im zweiten Teil des Gibbon-Zweiteilers gehalten. Dabei gibt es eine wichtige Änderung: Gerry Conway löst als Autor Stan Lee ab, und so, wie John Romita mitten im Spinnenroboter-Dreiteiler den Zeichenstift von Gil Kane übernahm, tut das jetzt auch Conway im Gibbon-Zweiteiler. Und das finde ich noch etwas seltsamer. Also ich würde nicht in eine Comicserie einsteigen wollen, wenn gerade eine Story begonnen hat. Vielleicht hatte Lee den Zweiteiler in Grundzügen insgesamt vorskizziert, vielleicht hat er auch Conway beim Schreiben geholfen. Trotzdem ist das ungewöhnlich.

Eine Kleinigkeit fällt mir noch auf, die sich hier ändert: nämlich bei der Farbgebung des Spinnenkostüms. Plötzlich wird das Rot zu einer Art Lila. Jakubkurtzberg hatte allerdings schon angemerkt, daß Williams Druckvorlagen von den alten HIT-Comics übernommen hat. Und dort gibt es diesen Farbwechsel auch. Alles in allem sieht diese Ausgabe in meinen Augen grafisch ebenso gut aus wie der erste Teil.

Zum Inhalt: Nachdem die Spinne den Gibbon, der sich mit ihr zusammentun wollte, ausgelacht und auf einem Dach zurückgelassen hat, schnappt ihn sich Kraven. Da Martin Blank erklärtermaßen eifriger „Spinne“-Leser ist, kennt er den Jäger, hält ihn aber für tot. Kraven erklärt erstmal, daß er von Ka-Zar über eine Klippe gestoßen wurde („Spinne“ # 105), aber den Sturz dank seiner Gewandtheit mit ein paar Knochenbrüchen überlebt hat. Nun will er mit Hilfe des Gibbon seine Rache vollenden. Ein dummes Muster: damit ist er nämlich schon mindestens zweimal reingefallen. Sein Team-up mit dem Geier funktionierte ebensowenig wie das mit dem Monster Gog im vergessenen Dschungel. Vielleicht sollte er sich statt solcher Versager mal jemanden wie Dr. Doom als Partner suchen – wobei selbst der ja nicht allzu viele Erfolge vorzuweisen hat.

Die Spinne entdeckt inzwischen einen Brief von Tante May, der so klingt, als wolle sie sich nach dem Disput mit Gwen im vergangenen Heft etwas antun. Die Spinne macht sich auf die Suche – vergeblich. Jonah Jameson hat von der Sache schon Wind bekommen und will sie zur Schlagzeile verarbeiten: „Alte Dame von der Spinne entführt!“ Glücklicherweise wendet die sich aber an Lokalchef Joe Robertson, um Tante May zu finden. Ihm kann sie ihren Abschiedsbrief zeigen und damit beweisen, daß es sich keineswegs um eine Entführung handelt. Sie macht Robertson weis, Peter Parker habe sie geschickt. Der scheint die Ausrede zu schlucken.

Kraven bereitet derweil Martin Blank auf seinen Kampf mit der Spinne vor. Dazu flößt er ihm einen Kräutertrank ein. Ohne Wissen von Blank verwandelt er ihn damit in eine Bestie. Allerdings wendet sich der Gibbon zuerst gegen seinen Peiniger. Der hat sich allerdings selbst mit den Kräutern gestärkt. Das Duell geht daher unentschieden aus – Kraven hat jedenfalls den stärkeren Willen und hetzt den Gibbon auf die Spinne. Dabei kann er ihn offenbar mental kontrollieren. Vor dem Kampf wird jedoch noch einmal zu Peter Parker übergeblendet. Gwen ruft ihn an und erklärt ihm, sie fühle sich schuldig an Tante Mays Verschwinden. Peter versucht ihr das auszureden. Das Telefonat bringt ihn dazu, die Stadt noch einmal nach seiner Tante zu durchsuchen. Dabei stößt die Spinne schließlich auf den Gibbon. Sie weiß nichts von seiner Veränderung und wird daher hart getroffen, als er unvermittelt beginnt, auf sie einzuprügeln. Der Gibbon geht ihr an die Kehle und will sie erwürgen. Von seinem Hauptquartier aus versucht Kraven, ihn zusätzlich dazu aufzustacheln. Aber im letzten Moment zögert der Gibbon und schüttelt die innere Stimme Kravens ab. Die Spinne nutzt den Moment und wirft ihn vom Dach. Gerade noch kann sie ihren Gegner vor einem tödlichen Sturz bewahren. Der Bann des Kräuterelixiers ist gebrochen, der Gibbon bewußtlos. Kraven muß erkennen, daß er verloren hat.

Weil Martin Blank kein typischer Schurke ist, sondern eine Figur, die Mitgefühl hervorruft, finde ich den Zweiteiler insgesamt recht gelungen. Nicht ganz nachvollziehbar ist, was sich Kraven von dem Stellvertreterkampf verspricht. Zwischendurch demonstriert er, daß er stärker ist als der Gibbon; da wäre es nur folgerichtig, daß er – quasi gedopt durch seinen Kräutertrank – selbst gegen die Spinne antritt. Daß er das nicht tut, liegt sicher nicht daran, daß er sich nicht traut. Aber sein Plan ist wieder mal schlecht ausgedacht. Das Schicksal von Blank berührt auch im zweiten Teil: Erst wurde er verlacht, nun wird er von einem raffinierten Bösewicht ausgetrickst, der ihn für seine Zwecke benutzt. Auch die Aufregung um das Verschwinden von Tante May ist geschickt konstruiert und eingeflochten. Die Story gehört für mich zu den besseren.

Statt Kleinanzeigen gibt es in diesem Heft wieder mal Leserbriefe. Der erste ist eine reine Lobeshymne, aber die Redaktion läßt nun auch wieder mal ein paar kritische Töne zu. In zwei Briefen werden die reißerischen Sprüche der Redaktion bemängelt. Ein weiterer Schreiber findet den Coverpreis der Hefte von 1,50 D-Mark zu hoch. Überraschend teilt die Redaktion mit, sie habe grünes Licht für neue Titel, und deutet an, sie wolle nun auch Annuals veröffentlichen. Dazu ist es dann ja bekanntlich doch nicht gekommen. Von 48seitigen Heften mit einem dann noch höheren Preis hat Williams doch abgesehen. Ich glaube, auch Condor war später mit den Marvel-Sonderheften nicht allzu erfolgreich.

Geändert von Peter L. Opmann (25.04.2019 um 14:42 Uhr)
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