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Alt 07.04.2018, 16:58   #55  
Peter L. Opmann
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Die Spinne (Williams) 11

Erscheinungstermin: 6/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 9
2) Tales to Astonish # 82

Story-Titel:
1) Er nannte sich Electro!
2) Der goldene Rächer!

Original-Storytitel:
1) The Man called Electro!
2) The Power of Iron Man!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Jack Kirby / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Die Änderung von Papier und Format in der sechsten Monatsproduktion kam offenbar auch für die Williams-Redaktion überraschend. Erst in der siebten Produktion hat sie das erklärt (ohne Autorenangabe – bisher hatte sich immer Remo großspurig zu Wort gemeldet): „Die wahrlich bereits unübertrefflichen Marvels sind tatsächlich noch besser, noch schöner, noch attraktiver geworden!“ Dennoch hat der Schreiber (oder die Schreiberin) ziemlich daran zu kauen, daß die Hefte nun um vier Seiten dünner sind. Weggefallen sei ja nur Reklame. Papier und Farben seien nun hochwertiger; und hätte man nicht zu der Sparmaßnahme gegriffen, hätte der Heftpreis von 1,20 auf 1,50 Euro angehoben werden müssen. Ja, dann…

Nebenan, in der „Tarzan“-Redaktion, hat das eine gewisse Kirsten etwas eleganter verkauft: „Dieses Heft ist etwas anders, als die Hefte waren, die Ihr bisher gelesen habt. Wir haben daran herumgefummelt und den Extra-Umschlag auf dem dickeren und ein bißchen glänzigen Papier weggelassen. Ehrlich gesagt: Ihr habt jetzt pro Heft vier Seiten weniger in der Hand. Aber gleich genauso ehrlich hinterher gesagt: Eure Helden, die sich hier im Heft austoben, haben immer noch so viel Platz wie vorher…“

In der vorliegenden Spinne-Ausgabe hat der Relaunch aber zwei Seiten „Aquarius“ gekostet, obwohl es sich um eine besondere Episode handelt, in der Jack Kirby den grippekranken Gene Colan vertrat. Begonnen hat die Story in Tales of Suspense # 80, die die Leser erst viel später in der Serie „Rächer“ zu sehen bekamen. Die hatten es schon schwer: In der Anfangszeit hat Williams etliche Seiten und sogar ganze Episoden des Submariner weggelassen.

Die „Spinne“-Story scheint dagegen mit 21 Seiten komplett zu sein. Auf der Splashpage zeichnet Steve Ditko erstmals eine Collage aller Figuren, mit denen es Peter Parker alias die Spinne diesmal zu tun hat. Dieses Stilmittel sah man in der Folgezeit häufiger. Eingeführt wird auch ein neuer Superschurke, nämlich Electro (teils wird er hier „Elektro“ geschrieben), schon wieder einer, mit dem es die Spinne immer wieder zu tun bekam. Auf dem Cover hat er einen Geldsack in der Hand, und die Spinne holt sich bei ihm einen Schlag und bleibt dann liegen. Das kleine untere Bild wird durch eine Kampfszene mit Aquarius und dem Eisernen ersetzt.

Die Entstehungsgeschichte von Electro ist denkbar außergewöhnlich: Er ist Elektriker und holt sich an einer Starkstromleitung einen Schlag, der ihn nicht umbringt, sondern in ein wandelndes Kraftwerk verwandelt. Wie der Geier macht sich Electro nun auf zu zügellosen Raubzügen. Die Auseinandersetzung mit der Spinne verläuft nach dem bekannten Muster: Erst wird sie beinahe besiegt (siehe Cover), dann schützt sie sich durch Gummihandschuhe und schließt Electro durch einen Wasserstrahl kurz. Verkompliziert wird das Ganze allerdings dadurch, daß Jonah Jameson die Theorie streut, die Spinne und Electro seien ein und dieselbe Person. Peter kann am Ende durch seine Fotos das Gegenteil beweisen.

Hinzu kommt: Tante May erkrankt schwer und muß ins Krankenhaus. Diesem Umstand verdankt sich der durchaus originelle Einstieg: Die Spinne kommt zu einer Schießerei zwischen der Polizei und Gangstern hinzu. Die Cops freuen sich schon über die Unterstützung, aber die Spinne schwingt vorbei – sie ist dabei, an Tante Mays Krankenbett zu eilen. Zu allem Überfluß wird Peter (wohl wegen fehlender Krankenversicherung) für die Operation eine Rechnung über 2000 D-Mark präsentiert. In der Not verkauft er JJJ daher zuerst Fotos, die zu belegen scheinen, daß Electro tatsächlich die Spinne ist.

Erstmals tauchen Probleme mit Betty Brant auf: Sie mißbilligt, daß Peter die Gefahr sucht, um die Spinne fotografieren zu können. Offenbar hat sie mit einem Freund, der sich Gefahren aussetzte, schon einmal negative Erfahrungen gemacht. Vorerst erfahren wir jedoch nichts Näheres. Peter reagiert seinerseits verstimmt; er will sich von Betty nicht vorschreiben lassen, wie er leben soll. Am Ende versöhnen sie sich – für den Moment.

Wie schon bei den vorherigen Episoden wird die Story eher durch die Beziehungen der Protagonisten als durch die Action interessant, wenngleich Ditko das Duell mit Electro durchaus überraschend und spannend zu gestalten versucht. Die Aufregung vermittelt sich nicht mehr so recht, weil Electro nach heutigen Maßstäben nur über sehr begrenzte Superkraft verfügt. Allerdings ist das Abenteuer damit auch näher an der Wirklichkeit angesiedelt. Eine schwache Ausgabe ist das in meinen Augen keineswegs.

Geändert von Peter L. Opmann (07.04.2018 um 17:04 Uhr)
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