Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 15.06.2011, 18:13   #1585  
michidiers
Mitglied
 
Benutzerbild von michidiers
 
Ort: Oldenburg
Beiträge: 3.054
Mensch, liest denn ausser Detlef, Peter und meine Person kein Mensch Comics oder hat nie damit einmal begonnen? Bzw. will keiner auch nur ein bisschen von seinen Anfängen preisgeben?


Ah, mein letzter Comic war ja ganz besonders gruselig:

Swamp Thing Sammelband 4
Die Form der Angst
Moore/Bissette/Totleben



Die Sümpfe von Lousiana, die feucht-düstere Heimat des Swamp Things, werden gleich von mehreren Dämonen heimgesucht. Das Swamp Thing und seine Vertraute Abigal geraten dabei zwischen die Fronten der sich bekämpfenden Höllenkreaturen. Als auch noch die jungen Patienten aus einem Heim für geistig behinderte Kinder in den Konflikt hineingezogen werden, spitzt sich die Situation zu…

In seinem Gastvorwort bringt es der Autor Neil Gaiman eigentlich schon auf den richtigen Punkt: „Hier vereinigen sich Stärken in Geschichten immener Geschicklichkeit und nicht geringer Dichtkunst. Geschichten, die niemals davor zurückscheuen, Metaphern für die dunkelsten Elemente in unserer kollektiven Seele zu präsentieren.“ Und das ist nach meiner Meinung bezeichnend für den so düsteren Storybogen um die Heimsuchung der Sümpfe durch die Dämonen.

Alan Moore produziert Horror, der die wohl jahrtausende alten Urängste von uns menschlichen Wesen berühren kann. Aus den Tiefen der Dunkelheit befallen Dämonen uns und unser gewohntes und soziales Umfeld. Die unheimliche Begegnung ist zunächst dabei nicht direkt sondern nur indirekt. Die ersten Andeutungen der ungebetenen Besucher sind erschütternd: Geistig behinderte Kinder produzieren erschütternde Kritzeleien von Wesen, die Menschen Gliedmaßen herausreißen. Langsam beschleicht der Horror die Stadt, die Figuren und gleichfalls den Leser. Der Spannungsbogen baut sich auf, das Grauen kann in jedem Schatten lauern.

Dass Alan Moore die Dialoge oftmals ein Reim und Versform formuliert, ist ein weiterer geschickt inspirierter Kniff. Wer hat auf dem ersten Blick schon Furcht vor Versen? Dass Moore diese den so zeichnerisch so schaurig-schön gelungenen Kreaturen diese Art der Dialoge in den Mund legt, ist einmalig gut und wirkt noch lange nach. Und als eine Irrfahrt eines besessenen und betrunkenen Kraftfahrers nach zwei atemberaubend gestalteten Seiten, die filmisch wohl sonst nur Alfred Hitchcock hinbekommen hätte, an einem Baum neben einem Werbeplakat der Rasiercreme „Burma Shave“ tödlich endet, sind die drei Textboxen vorausgegangen:

The night can make /
A man more brave (mutiger/tapferer) /
But not more sober (nüchterner)/
„Burma-Shave“

Eine populäre reale Werbekampagne aus vergangenen Zeiten an den Highways der USA vermischt sich mit Moores Erzählkunst und Totlebens Zeichnungen zu einem schaurigen Gesamtkunstwerk.
michidiers ist offline   Mit Zitat antworten