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Alt 02.04.2016, 16:31   #93  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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Nummer 16

Der rote Ritter – Männer Gegen Faustrecht Und Willkür





Bei meinen Recherchen zum vorliegenden Heftinhalt erlebte ich eine Überraschung. Zu simpel erschien mir nämlich der Plot, als das er auch nur ansatzweise auf historischen Tatsachen beruhen konnte. Der Reihe nach: Der rote Ritter spielt im Mittelalter, genauer ab 1250, nach dem Tode Kaiser Friedrich ll. Dem Grafen Vinea, der Kanzler Kaiser Friedrichs, wurden nach Untersuchungen Unterschlagungen nachgewiesen und dafür in den Kerker geworfen. U.a. soll er seinem Sohn die Klingsburg übertragen haben. Fakten: Einen Graf Vinea gab es als Kanzler tatsächlich, er wurde auch in den Kerker gesteckt, allerdings nach einer Blendung. Unrechtsmäßige Bereicherungen konnten ihm auch nachgewiesen werden, aber das Hauptverbrechen – was ihm vorgeworfen wurde – war die Teilnahme an einer Verschwörung gegen den Kaiser. Eine „Klingsburg“ habe ich in diesem Zusammenhang nicht gefunden, aber eine Burg Kling in Bayern, was zum Heftinhalt passt, denn der spielt in diesem Ländle.

Der rechtmäßige Graf (Klingsburg) wurde als Kind entführt, von einem der Häscher gerettet und später Feldhauptmann von Nürnberg. Natürlich erhält er zum Ende des Heftes seinen Besitz wieder, was mit den Eigentumsverhältnissen der Burg Kling nicht in Einkling steht, sofern diese gemeint ist. In Ausübung seines Jobs, als Beschützer der Handelsreisenden, rettet der Graf eines Tages die Tochter des Kaufherrn Fugger aus Augsburg. Hier stimmt so vieles nicht: Der Ahnherr der später enorm reichen Fugger war ein Hans, der 1408/09 gestorben ist. Die Dame im >>Männersitz<< auf dem Pferd, mit >>offenen<< langen welligen Haaren, kann also nicht zum Geschlecht der Fugger gehört haben. Die mit spitzen Klammern versehenen Hinweise deuten auf weitere grobe Falschdarstellungen hin. Weder der Männersattel, noch offene Haare waren für eine Frau des Mittelalters – und schon gar nicht für eine vom Stand – das passende Gehabe. Solches „Gebaren“ wider den „guten Sitten“ gab es noch nicht einmal Jahrhunderte später im Wilden Westen!





Im Text wird dauernd von „Deutschland“ gesprochen, das ist natürlich ebenfalls definitiv falsch. Das Reich Friedrich ll wurde als „Heiliges Römisches Reich“ tituliert (Sacrum Imperium Romanum oder Sacrum Romanum Imperium). Der Begriff „deutsch“ taucht zwar schon im 11. Jahrhundert auf (Regnum Teutonicum oder Regnum Teutonicorum, Königreich der Deutschen), damit war aber nur der Ostteil des ehemaligen Fränkischen Reiches gemeint. Der ach so beliebte Zusatz „deutscher Nation“ findet sich erstmals ab dem späten 15. Jahrhundert, als das Reichsgebiet schon erheblich geschrumpft war und kaum mehr Gebiete außerhalb deutscher Sprachen umfasste, wie Italien, Ostfrankreich, usw. Wenn also hier von „Deutschland“ die Rede ist, geschieht dies möglicherweise in chauvinistischer Hinsicht, vielleicht auch und das hoffentlich, in simplifizierender Absicht.

Im Heft erfolgt dann ein Angriff des Grafen Klingsberg zur Befreiung der Fuggertochter, der Sturz des unrechtmäßigen Besitzers der Feste von der Mauer – letztlich ist es doch eine Räuberpistole geworden, von Lothar Linkert sehr schwach in Szene gesetzt. Übrigens befinden wir uns mit der 15. Ausgabe der Reihe im November 1954, das als kurze Zusatzinfo.
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