Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 11.07.2016, 16:34   #57  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
Benutzerbild von Servalan
 
Ort: Südskandinavien
Beiträge: 10.321
Blog-Einträge: 3
Standard John Milton: Paradise Lost. A Poem in Twelve Books (1667)

Auch dieses Werk liegt wieder in zwei Fassungen vor: Eine frühere Fassung gliedert das Werk in 10 Bücher, die ältere in 12.
https://de.wikipedia.org/wiki/Paradise_Lost
https://en.wikipedia.org/wiki/Paradise_Lost
https://en.wikipedia.org/wiki/Paradi...opular_culture
http://www.klassiker-der-weltliterat...adise_lost.htm (Zusammenfassung bei "Klassiker der Weltliteratur")
http://www.zeno.org/Literatur/M/Milt...orene+Paradies (Volltext der deutschen Fassung bei Zeno.org)
http://www.dartmouth.edu/~milton/rea...k_1/text.shtml (Volltext des Original im John Milton Reading Room)
http://www.samizdat.qc.ca/arts/lit/paradiselost.pdf (Volltext-Ebook im Stil des 17. Jahrhunderts, pdf, 159 Seiten)
http://darknessvisible.christs.cam.ac.uk/ (Darkness Visible, eine Site mit Materialien, zusammengestellt von Studentinnen und Studenten des Milton's Cambridge college, Christ's College)
http://www.paradiselost.org/ (Paradise Lost Guide für Studierende)
http://oyc.yale.edu/english/engl-220/lecture-9 (Open Yale courses: Onlinemitschnitt einer Vorlesung an einer Elite-Universität)

Zu den gern geplünderten Werken zählt unbedingt John Miltons Das verlorene Paradies dazu, wahrscheinlich weil es selten gelesen wird, aber jeder den Plot der Story kennt:

Nachdem der Erzengel Lucifer in Ungnade gefallen und in die Hölle verstoßen wurde, warnt Erzengel Raphael Adam im Garten Eden vor dem heimtückischen Versucher. Leider beschränkt sich Raphael auf Adam, denn Eva entstand ja auch Adams Rippe und fällt somit nicht die Zuständigjkeit des Erzengels.
Aber tagsüber verrichten Adam und Eva ihre Arbeit, indem sie den Dingen Namen geben. Hinzu kommt der Umstand, daß Raphael seine Nachricht ausführlich schildert, was Tage dauert - und so nimmt das Verhängnis seinen Lauf.

Die Ausgaben des Klassikers sind als Requisiten beliebt, die besonders gern Serienkillern und ihren Fans untergeschoben werden, zuletzt beispielsweise in The Fall - Tod in Belfast. Katie Benedetto scheint eines von Paul Spectors Lieblingsbüchern in einer Szene entdeckt zu haben, wird jedoch von ihm entdeckt, als sie den Band durchblättert.

Das Netz strotzt nur so zu Hinweisen, Interpretationen und Erklärungen zu diesem Klassiker. Denn noch heute steckt in seinen Zeilen eine ungeheure Wucht.
John Milton hatte in Cambridge studiert und schrieb vorwiegend Sonette, die heute vergessen sind. Später reiste er umher, lernte vor allem Italien kennen, und schrieb nach seiner Rückkehr religiös-politische Pamphlete. Für seine puritanischen Überzeugungen saß er im Knast. Im Alter erblindete der mehrmals verheiratete Frauenheld.
In seinem monumentalen Epos eiferte er den staatstragenden Epen der Antike von Homer und Vergil nach, um etwas Vergleichbares zu schaffen, das christlich war. Sein Blankvers verbindet den Diktus eines charismatischen Predigers oder eines alttestamentarischen Philosophen mit einer Fabulierlust, die das Geschehen plastisch werden läßt.

Ob Milton allerdings mit seinem Ruhm heutzutage glücklich wäre, bezweifle ich.
Der gestürzte Erzengel Lucifer aka Satan gibt eigentlich den verruchten Bösewicht im Stück. Miltons ausführliche Schilderung läßt ihn allerdings höchst sympathisch erscheinen:
Lucifer reißt sich als Erzengel ein Bein aus, um seinen Boß und den Junior glücklich zu machen, alles Lob und alle Privilegien bekommt aber Gottessohn, weil er eben Gottes Sohn ist. Lucifer fühlt sich betrogen und wiegelt seine Mitengel zum Aufstand auf. Leider scheitert er.
Miltons Satan wird schon bald zur Blaupause für einen neuen Heldentypus, den Byron'schen Helden, einen Antihelden vom Format eines Prometheus oder Ikarus. Zu den Bewunderern solcher Rebellen zählen neben Byron und Shelley auch Goethe und die deutschen Romantiker. Wer ihn sich vorstellen will, kann zum Beispiel die erste Staffel True Detective gucken: Matthew McConaugheys Detective Rust Cohle ist ein Byron'scher Held.
Und Satans Sturz in die Hölle regte Neil Gaiman bei seinem Sandman an.

Paradise Lost ist kein leichtes Buch. Wer es jedoch gelesen hat (vielleicht nur teilweise), wird es an anderer Stelle im modernen Gewand wiedererkennen. Die eigenwillige Sprache ist eine Hürde, die überwunden werden will, danach entfaltet sie ihre Faszination.

Nichts für Feiglinge.

Geändert von Servalan (23.07.2016 um 15:29 Uhr)
Servalan ist offline   Mit Zitat antworten