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Alt 15.04.2018, 14:50   #70  
Peter L. Opmann
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Die Spinne (Williams) 14

Erscheinungstermin: 7/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 12
2) Tales to Astonish # 85

Story-Titel:
1) Die Maske fällt
2) Einer wird sterben!

Original-Storytitel:
1) Unmasked by Dr. Octopus!
2) And One shall die

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Bill Everett

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Durch einen Superband habe ich diese Ausgabe (wie auch „Spinne“ # 8) recht früh kennengelernt. Die Superbände habe ich zu kaufen begonnen, als ich die noch verbliebenen Serien, „Spinne“, „FV“ und „Rächer“, regelmäßig las, also etwa ab 1977. Da war ich zwölf. Mit dem aus der Kindheit stammenden Eindruck kann ich diese Episode nicht distanziert beurteilen, aber daß sie für mich zu den besseren der frühen Folgen zählt, dafür lassen sich auch ein paar Argumente anführen.

Schon in „Spinne“ # 13 hatten Lee und Ditko mit der Geheimidentität wie auch mit Schwächen der Spinne recht effektvoll gespielt. Jetzt nutzen sie diese Themen noch einmal für noch dramatischere, effektvollere Verwicklungen und Höhepunkte. Zunächst kehrt Betty Brant (mit neuer Frisur) nach New York zurück; sie hatte sich wegen der Schande ihres in Kriminalität abgerutschten Bruders in Pennsylvania versteckt. Und auch Dr. Octopus taucht wieder auf, unternimmt an der Ostküste einen Raubzug nach dem anderen und will nicht zuletzt eine Revanche gegen die Spinne. Peter Parker aber wird krank. Schließlich entführt Ock in seinem Beisein Betty aus Jamesons Büro, um so den nächsten Auftritt der Spinne zu erzwingen (wieder werden hier Storylinien gewaltsam verbunden, denn Ock weiß nichts von der Verbindung von Betty und Peter).

Die Spinne soll nach Coney Island kommen, wo Ock Betty als Köder oben im Riesenrad postiert. Trotz eines Schwächeanfalls eilt die Spinne dorthin, nimmt den Kampf auf, aber ist Ock heillos unterlegen. Sie geht k.o., und während Ock sie demaskiert, ist er bereits überzeugt, daß er nicht die echte Spinne vor sich hat. Sowohl die Geisel Betty als auch die Polizei und der ebenfalls an den Schauplatz gekommene JJJ denken, Peter Parker habe nur den Helden spielen wollen. Immerhin: Ock gibt Betty frei und sucht einen anderen Weg, mit der Spinne abzurechnen. Peter wird zuhause bei Tante May ins Bett gesteckt, um schnell wieder gesund zu werden. Bemerkenswert: Im Traum erscheint ihm die Spinne und tadelt ihn dafür, daß er seine Geheimidentität so leichtfertig aufs Spiel gesetzt hat.

Am nächsten Morgen springt Peter mit einem Salto aus dem Bett – er ist offensichtlich wieder auf dem Damm und geht zur Schule. Erstmals wird etwas Scheinwerferlicht auf seine Klassenkameradin Liz Allen geworfen; als Flash sich wie gewohnt über Peter lustig macht, verteidigt sie ihn furchtlos und gesteht ihre Bewunderung dafür, daß er sich Doc Ock entgegengestellt hat. Der versucht weiter alles, um die Spinne auf den Plan zu rufen. Er befreit gefährliche Tiere aus dem Zoo. Es klappt: Die wiedererstarkte Spinne erscheint, hilft der Polizei beim Einfangen und stellt sich Ock zum Kampf. Das Duell läuft ziemlich originell ab: Der „Tintenfisch“ wird mit Netzfaden an einen Wasserbehälter gefesselt, dann greift ihn die Spinne aus einem Schacht heraus an. Schließlich landen die beiden in einem Bildhaueratelier, das in Brand gerät. Ock wird unter einer riesigen Statue begraben. Die Spinne versucht vergeblich, ihn zu retten, und muß sich selbst in Sicherheit bringen. Die Feuerwehr holt Ock dann doch noch aus den Flammen und übergibt ihn der Polizei. Peter taucht wieder auf; Liz will ihn (was noch nie da war) zu einer Party einladen, aber er gibt ihr wegen Betty einen Korb. Das Ganze wird als „Happy End“ verbucht.

Statt verstauchtem Knöchel behindert die Spinne diesmal eine 24-Stunden-Grippe (was ihr noch mehrfach zu schaffen machen wird). Und statt sich zu überlegen, Betty seine Geheimidentität zu offenbaren, wird sie diesmal tatsächlich, jedoch unfreiwillig enthüllt, erscheint aber nicht glaubhaft. Die Story ist also eine verbesserte Variante der vorherigen Ausgabe. Es gelingt Lee und Ditko, die Besonderheiten ihrer Figur (Teenager, verwundbar, in Liebesnöten, aber zugleich als Superheld meist schlagkräftig und smart) innerhalb einer halbwegs logischen Story hervorzuheben. Die Leser dürften angetan gewesen sein. Für mich galt das beim ersten Lesen – und auch jetzt beim Wiederlesen – auf jeden Fall.

Hat der neue Look von Betty eine Bedeutung? Ich weiß es nicht. Jedenfalls weichen ihre kessen Locken einem strengen, glatten Haarschnitt. Sie wirkt im Verlauf der Ditko-Phase immer älter. Als junger Leser hatte ich den Eindruck, sie ist viel älter als Peter. Ob Lee und Ditko aber ihr Image bewußt verändert haben, kann ich nicht sagen.

Eine Seite Spider-Man fällt wieder dem Platzmangel zum Opfer. Dafür fehlen beim Submariner nun vier von zwölf Seiten – und das in der Ausgabe, in der Bill Everett als Inker zu seiner alten Figur zurückkehrt. Das Cover dieses Williams-Hefts gefällt mir gut. Es zeigt die entscheidende Szene, in der Ock die besiegte Spinne in seinen Tentakeln hält und gerade die Maske abgezogen hat. Betty, Jameson und drei Polizisten verfolgen das Geschehen fassungslos. Den Williams-Leser wundert nur, daß die Hintergrundfarbe ursprünglich nicht schwarz, sondern gelb war. Dominierend werden bei Williams stattdessen die Farben Schwarz und Rot, was zugegeben einen schönen Effekt ergibt. Nur die Schraffuren, die Schatten auf dem Boden darstellen und nun gelb erscheinen, sind damit eigentlich überflüssig geworden.
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