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Alt 23.01.2013, 17:42   #2205  
michidiers
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Die Sopranos Staffel 1 - 6



Ja, was soll man da noch sagen … ich bin fast sprachlos: Wir haben hier die gesamte Box in einem Zug innerhalb von 6 Wochen geschaut, gut 90 Folgen einer Serie, die weit über das hinausging, was normale Serienkost bietet.

Tony Soprano ist der Boss der italienischen Mafia von New Jersey. Neben dem Druck seines Jobs als Mafiaboss, der Polizeibehörden, zahlreicher Techtelmechtel mit Geliebten und anderer Mafiafamilien, eines konkurrierenden Onkels und einer gebietenden Mutter hat er eine weitaus größere Aufgabe zu stemmen: die Erziehung seiner pubertären Kinder. Doch nach einigen Zusammenbrüchen und Angstattacken sucht eine Psychologin auf, der er sich mehr und mehr anvertraut.

Das ist schon eine ganze Menge von Aspekten und Versatzstücken, aus denen sich diese geniale Serie zusammensetzt. Entsprechend vielschichtig ist da natürlich auch der Inhalt aufgebaut. Zentrale Figur ist dabei Tony Soprano, alle anderen Figuren (ausnahmslos hervorragend besetzt) wirken dabei auf den ersten Blick wie eine Staffage, bei fortlaufender Handlung bekommen jedoch auch diese immer mehr Tiefe und werden immer wichtiger. So transportiert sich dann die ganze Geschichte auch auf verschiedenen Ebenen: durch Handlung, durch die Gespräche bei der Psychiaterin, und durch die immer passende Musik und durch die immer wieder eingestreuten Verweise auf alte Filme. Oft werden kurze Filmsequenzen gezeigt, wenn der Fernseher im Wohnzimmer der Sopraos läuft, deren Handlung eine gewisse Verbindung zur Handlung der Serie aufweist. Daher ist man mit einem guten Film- und Musikwissen hier sicherlich im Vorteil und kann es vielleicht noch besser erleben.

Ach ja, es dauerte allerdings eine Weile, bis wir mit der Serie richtig warm wurden. Erst ab der Folge 1 der 3. Staffel (Besuch vom FBI), die wohl beste Folge einer Serie, die ich jemals sah, gab es den Durchbruch. Sie war der Auftakt von Folgen auf höchstem Niveau, die bis zum Ende nahezu durchgehend anhielt. Ja, und am Schluss war es fast schon so, als wenn Tony Soprano zum Teil der eigenen Familie wurde, wir bemitleideten ihn, hassten ihn und liebten ihn und seine Mannen. Allein seine und Ehefrau Camillas Debatten mit ihren Kindern, die im Übergang von Schule ins Berufsleben/Studium stehen: als Eltern in derselben Situation mag man sich an die eigenen Gespräche mit den Kindern erinnern.

So ist das abrupte Ende in der letzten Folge dieser fast schon epischen Serie auch schon beinahe zwangsläufig. Er ist, als würden sich Tony und seine Familie bei uns Zuschauern irgendwie verabschieden, ohne Worte, nur mit einigen bedrohlichen Kameraeinstellungen, Schnitten und der Musik und vor allem mit Tonys allgegenwärtiger Angst, eines Tages mit einer Kugel im Kopf zu enden!

Ja, und jetzt ist es, als hätte uns ein Familienmitglied verlassen, mal sehen, wer das Loch stopfen kann. Ich werde den abscheulich sympathischen Bösewicht, Rassist und Mörder im Schafspelz , sowie seine hässlichen Mitstreiter und hochattraktiven Geliebten und vor allem seine verrückte Familie jedenfalls für eine ganze Weile vermissen.
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