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Alt 25.06.2018, 13:45   #173  
Peter L. Opmann
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Okay, wieder in medias res, wie es so schön heißt.

Spinne (Williams) 33

Erscheinungstermin: 5/1975

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 32
2) Tales to Astonish # 97

Story-Titel:
1) Ein Mann sieht Rot!
2) Der Herrscher und die Wilden

Original-Storytitel:
1) Man on a Rampage
2) The Sovereign and the Savage

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Werner Roth / Dan Adkins

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Obwohl dies nur der Mittelteil eines Dreiteilers ist, hat dieses Heft nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht. Ich habe diese Episode in einem Superband gelesen, und sie hat mich gepackt und lange nicht wieder losgelassen. Die vorherige Nummer brauchte ich nicht; ich hatte auf sie durch einen österreichischen Superband Zugriff, den ich wohl erst etwas später in die Hände bekam, und daß „Spinne“ # 32 die Vorgeschichte enthielt, habe ich nicht richtig registriert. Daß ich nicht erfuhr, wie die Geschichte ausging, hat mich, soweit ich mich erinnere, nicht gestört. „Spinne“ # 34 war eine Lücke in meiner Sammlung, die ich erst nach längerer Zeit schließen konnte. Aber diese Story brachte einen Comichelden nach meiner Wahrnehmung in Schwierigkeiten, die weit über das Übliche hinausgingen: Tante May liegt im Sterben. Gangster stehlen das Medikament, das ihr Leben retten kann. Die Spinne rastet beinahe aus, um es zurückzubekommen. Am Ende steht sie in einem Bau auf dem Meeresgrund einem ihrer größten Feinde gegenüber: Doktor Oktopus. Beim Fight stürzen Tonnen von Metall auf sie herab und begraben sie unter sich. Sie sieht das Medikament vor sich, kommt aber nicht heran. Und das Bauwerk läuft langsam voll Wasser. Puh!

Daß sich die Spinne auch hier irgendwie freikämpfen würde, war naheliegend. Wäre schön gewesen, wenn ich das hätte lesen können, aber es war gar nicht so entscheidend. Das Besondere war, wie sie in diese Falle geriet. Das habe ich in Grundzügen bereits dargestellt. Hinzu kommt noch ein Motiv, das eine ähnliche tragische Wucht entwickelt, was ich jedoch damals auch nicht gleich erkannte. Peter Parker kommt zu dem Schluß, daß seine Beziehung zu Betty Brant keine Zukunft hat. So verfällt er darauf, sie auf sich wütend zu machen, damit sie sich für Ned Leeds entscheidet und für klare Verhältnisse sorgt. Ein bißchen wie Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Peter beschimpft also Ned und schubst ihn herum, damit sich Betty auf dessen Seite schlägt. Allerdings reagiert Betty nicht wie von Peter kalkuliert. Sie ist zwar schockiert, aber nimmt ihm sein Auftreten nicht so richtig ab. Die Geschichte von Peter und Betty muß schließlich gemäß der Serienlogik weitergehen.

Betrachten wir die oben skizzierte Geschichte noch etwas genauer. Tante May liegt bekanntlich im Krankenhaus. Die Untersuchungen ergeben, daß sich radioaktive Teilchen in ihrem Blut befinden. Ein völlig aus dem Rahmen fallender Befund, für den die herkömmliche Medizin offenbar auch keine Therapie kennt. Peter ahnt indes: An ihrer Krankheit ist womöglich er schuld, weil er einst von einer radioaktiven Spinne gebissen wurde und Tante May einmal Blut gespendet hat. Ihm fällt Dr. Curt Conners ein (die Echse), ein genialer Wissenschaftler, der ihm gleich ein Gegenmittel nennen kann: ein Serum namens Iso-36 (es könnte natürlich auch völlig anders heißen). Es muß von der Westküste nach New York geliefert werden. Da schlägt aber der Meisterplaner wieder zu. Wir Leser wissen inzwischen, daß er Doc Ock ist (ich glaube, das ist das einzige Mal, daß Ock mit einer kostümierten Bande arbeitet). Er braucht das Serum ebenfalls für seine dunklen Pläne und bringt es eiskalt an sich.

Die Nachricht bringt Peter völlig aus der Fassung. Im Spinnenkostüm schnappt er sich zunächst Frederic Foswell, der ihm verraten soll, wo sich der Meisterplaner aufhält. Parallel mischt die Spinne bereits die New Yorker Unterwelt auf und kämpft wie ein Berserker. Endlich findet sie die Bande des Meisterplaners und schlägt blindlings um sich. Ock stellt ihr den Medikamentenbehälter als Köder hin und greift sie sich. Aber wiederum kämpft sie furios. Dabei geht schließlich Ocks gesamtes Hauptquartier zu Bruch. Tonnenschwere Maschinen stürzen auf die Spinne. Dabei gelingt es ihr gerade noch, sich so zu drehen, daß sie nicht zerquetscht wird; aber befreien kann sie sich auch nicht. Hin und wieder wird ins Krankenhaus übergeblendet, wo Tante May immer mehr ihrem Tod entgegendämmert. Und Conners wartet hilflos auf das Serum. Niemand weiß, daß die Spinne gefangen ist.

Für mich war es normal, „Die Spinne“ nicht kontinuierlich lesen zu können. Der Hinweis am Ende dieser Folge: „Die Spinne ist hilflos, eingesperrt. Wollt ihr, Marvelianer, da tatenlos abwarten, zusehen?? Haltet eure Netze bereit…“ hatte für mich leider keine praktische Bedeutung. Aber dies war eine Ausgabe, die auch für sich schon ein Leseerlebnis darstellte. Es war ein Cliffhanger, der sich gewaschen hatte! Ich kann mir allerdings vorstellen, daß es sowas bei „Sigurd“, „Tibor“ oder „Nick“ auch schon gegeben hatte, wahrscheinlich gar nicht selten. Aber diese Comics kannte ich nicht.

Die Redaktion setzt im Übrigen ihre Bemühungen um die Leser fort. Eingeführt wird nun die Aktion „Leser des Monats“; dazu wird derjenige Leserbriefschreiber (respektive die Schreiberin) gekürt, dessen Zeilen besonders originell sind oder besonders gut begründete Kritik enthalten. Die Jury bilden Kirsten Isele und Hartmut Huff sowie Thor, Mr. Fantastic, Captain America, Spinne und Ding. ;-) Auf der aktuellen Leserbriefseite werden die Leser aufgerufen, ihre Schreiben doch direkt an Marvel-Figuren zu richten, wie das in USA (teilweise) üblich war – hat sich aber offenbar nicht durchsetzen lassen. Ansonsten fällt diese Seite durch zwei gar nicht so üble farbige Leser-Zeichnungen auf.

Und eine letzte Bemerkung: Die „Aquarius“-Story zeichnet nun ein Veteran, der mir immer schon ziemlich gut gefallen hat: Werner Roth. Das Artwork erinnert mich ein wenig an John Romita (sr. natürlich).

Geändert von Peter L. Opmann (25.06.2018 um 16:04 Uhr)
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