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Alt 30.10.2019, 09:40   #246  
Peter L. Opmann
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Die Spinne (Williams) 115 und 116
(= Der mächtige Thor 57)

Erscheinungstermin: 7/8/1978

Originalausgabe:
1) The mighty Thor # 139

Story-Titel:
1) Zu sterben wie ein Gott!

Original-Storytitel:
1) To die like a God!

Zeichnungen:
1) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee



Das Bemühen, die Serie zu verändern, ist erkennbar. Das Ergebnis finde ich allerdings durchwachsen. Impulse bringt die Einführung von Sif, Thors neuer Freundin, die eine Kämpferin ist – soweit das innerhalb des Frauenbilds vor 50 Jahren überhaupt möglich ist. Die Trolle, die Asgard erobern wollen, treten ebenso trickreich wie kraftvoll auf und lassen sich nicht so einfach aus dem Weg räumen, wie das jedenfalls Thor mit seinen letzten Gegnern gemacht hat. Aber die Story ist in mancher Hinsicht nicht stimmig. Der Einsatz des bizarren außerirdischen Wesens Orikal ergibt keinen rechten Sinn, und dann sind noch ein paar unlogische Spielereien mit Thors Hammer und Odins Zepter eingebaut. Doch immerhin wird der Krieg mit den Trollen am Ende strategisch entschieden und nicht durch bloße Gewalt.

Thor wankt demoralisiert durch einen New Yorker U-Bahn-Schacht, denn die Trolle haben ihm seinen Hammer geklaut, und er weiß, daß er sich gleich in Don Blake verwandeln wird und damit in die Schlacht um Asgard nicht mehr eingreifen kann. Sif dagegen bleibt zuversichtlich und tut ihr Bestes, um Thors Moral wieder aufzurichten. In seiner Verzweiflung will sich Thor vor eine U-Bahn werfen, um auf diese Weise zumindest nach Walhalla zu gelangen (auf diese Weise würde wohl auch eher die U-Bahn in Schrott verwandelt). Im letzten Moment transportiert Sif sich und Thor durch Zauberei nach Asgard. Was auch den Vorteil hat, daß er dort, wie wir erfahren, auch ohne Hammer Donnergott bleibt. Da wird auch wieder ein Klischee bedient: Wenn Frauen Macht besitzen, dann ist das eine zauberische Macht, mit anderen Worten: Sie sind Hexen.

In Asgard steht es nicht gut um die Götter. Für die Trolle ist der Sieg schon greifbar. Odin bräuchte die Hilfe Thors, aber er weiß immer noch nicht, wo sein Sohn steckt. In diesem Moment erklärt er, was ein nordischer Gott nach der Vorstellung von Lee und Kirby eigentlich ist. Ein übermenschliches Wesen, das ist klar, aber offenbar durchaus sterblich und dem wahren (Christen-)Gott unterworfen. Bisweilen hat man ja schon erlebt, daß Odin Gott um Hilfe angerufen hat. So harmonisiert Marvel offenbar den herrschenden Glauben mit seiner erdachten Fantasy-Götterwelt. Kurz darauf haben die Trolle durch eine „Ulti-Macht-Kanone“ Odins Zepter wirkungslos gemacht. Er wirft es weg und führt seine Getreuen in die Schlacht.

Thor und Sif sind inzwischen in Asgard auf eine Troll-Rüstungsschmiede gestoßen. Hier hat Ulik soeben eine Kopie von Thors Hammer hergestellt (wohl ein früher Markenpirat). Was die Kopie eines verzauberten Hammers wert sein kann, darüber sollte man besser nicht zu viel nachdenken. Thor ruft seinen Hammer zu sich und tritt in ein Duell mit Ulik und seinem Hammer („made in China“) ein – wobei die Kopie dem Original durchaus standhält. Sif springt ihm mit ihrem Schwert zur Seite und hält die übrigen Trolle auf Abstand. Dann werden beide aber durch eine unbekannte Kraft vom Kampfplatz weggezogen. Und dann stehen sie Orikal gegenüber. Thor erfährt Genaueres über sein Schicksal. Orikal besitzt zwar „schier unermeßliche Kraft“, wird aber von den Trollen innerhalb eines Feuerrings gefangen gehalten (was auch einer eigenen Logik folgt). Orikal sieht sich wohl gezwungen, Thor zu vernichten, aber der will ihm zur Freiheit verhelfen.

In diesem Moment stürzt Ulik wutentbrannt herein. Troll-König Geirrodur will künftig nicht mehr auf ihn, Ulik, als Mann fürs Grobe setzen, sondern auf Thor (der davon allerdings noch gar nichts weiß). Ulik will Orikal ausmerzen, um selbst wieder die Nummer eins zu werden. Thor verhindert das, und er gibt Orikal die Freiheit, worauf der ins All entfleucht. Damit verlieren aber die Waffen der Trolle ihre Durchschlagskraft. Die Asen, die unentwegt Widerstand geleistet haben, gewinnen nun wieder die Oberhand. Am Ende steht Thor Geirrodur gegenüber, und beide diskutieren, wie die aktuellen Kräfteverhältnisse aussehen. Thor macht dem Trollkönig klar, daß Ulik besiegt und Orikal verschwunden ist, so daß die Trolle keine Siegchance mehr haben. Geirrodur entschließt sich zum Rückzug. Odin bekommt nun erstmals in der Schlacht Thor zu sehen. Vater und Sohn fallen sich in die Arme – Happy End. Für das nächste Heft wird nur „ein neuer Feind auf Erden“ angekündigt.

Wir haben also insgesamt einen Trolle-Dreiteiler vor uns. An der Story stimmt einiges nicht, aber erkennbar ist, daß man aus alten Mustern herauskommen möchte. Über die Zeichnungen habe ich in letzter Zeit wenig gesagt, aber nach wie vor bietet uns Jack Kirby eine sinnenverwirrende Götterwelt und viel mitreißende Action, während Inker Vince Colletta nur mühsam Schritt hält.


Geändert von underduck (30.10.2019 um 11:23 Uhr) Grund: Cover eingefügt
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