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Alt 13.07.2021, 17:53   #1  
Peter L. Opmann
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gold01 Auf den Spuren von Conan, dem Barbar

Ein paar Vorbemerkungen

Die Marvel-Comicserie „Conan the Barbarian“ war bei Williams zaghaft im Gespräch; es gab kenntnisreiche Leser, die sich eine deutsche Ausgabe der Serie wünschten. Bekanntlich wurde aber nichts mehr daraus – Williams konnte keine neuen Serien mehr starten und hatte vielleicht auch Angst vor Indizierungen. Norbert Hethke brachte stattdessen in seiner „Sprechblase“ gleich die härtere Magazinfassung „The savage Sword of Conan“. Und dann stieg Condor, als Wolfgang M. Biehler seine Marvel-Lizenz hatte, mit einer Taschenbuch- und einer Albenreihe ein.

Kleiner Exkurs: Conan ist die bekannteste Figur des texanischen Pulp-Autors Robert E. Howard, der in den 1930er Jahren sehr actionbetont und spannend schrieb und zudem als Erfinder des Genres Sword & Sorcery gilt, also einer Fantasy-Gattung, in der Schwertgefechte und Magie dominieren. Howard beging 1936 Suizid, und seine Storys gerieten weitgehend in Vergessenheit, bis sie Lyon Sprague de Camp um 1960 neu veröffentlichte und gemeinsam mit Lin Carter auch weiterführte. Roy Thomas kannte die Wiedererscheinungen und wollte schon bald eine Comicserie daraus machen, was sich als gute Idee erwies. Später gab es auch Conan-Filme (von John Milius mit dem schweigsamen Arnold Schwarzenegger als Barbar). Letztlich scheint die Serie im Comic am erfolgreichsten gewesen zu sein.

Ende der 1970er/Anfang der 80er Jahre galt „Conan“ hierzulande als interessante Comicserie, mit der Marvel ein neues Heldenkonzept eingeführt hatte. Ich hätte mich gefreut, wenn Williams den Titel gebracht hätte, und ich habe mir dann die Condor-Ausgaben eine ganze Weile gekauft, obwohl mir Marvels im Taschenbuchformat nicht zusagten und in den Alben nicht die zentrale Heftserie lief. In der Sekundärliteratur wurde „Conan“ dagegen damals meist etwas abschätzig beurteilt; die Autoren wollten nicht einer Titelfigur Beifall klatschen, die brutal, tumb und unmoralisch wirkte. Gelobt wurde der Zeichner Barry Windsor-Smith, der von europäischen Kunststilen beeinflußt war, weniger John Buscema, der die Robustheit und Wildheit der Figur grafisch unterstrich.

Conan ist nicht wirklich tumb, unmoralisch dagegen schon – ihm geht es nur um seinen Vorteil, und er tötet Menschen, ohne mit der Wimper zu zucken. Nach ihm kamen freilich Figuren wie Deadpool, Kick-Ass oder der neue DC-Joker, im Vergleich zu denen der Barbar längst nicht mehr so extrem wirkt. Ich will jetzt – zusammen mit Crackajack Jackson und vielleicht anderen Leuten – „Conan“ nochmal nachlesen, um zu erfahren, wie er nun wirklich dargestellt wird. Ob, wie auch oft behauptet wird, die Storystruktur immer dieselbe ist oder ob es Entwicklungen in der Serie gibt oder wenigstens ungewöhnliche Storyvarianten. Ob mir die Comics mit gut 40 Jahren Abstand noch gefallen, beziehungsweise wie sie heute auf mich wirken.

Was die Grafik angeht, waren die Experten und Kritiker voreilig. Smith war damals so etwas wie eine Notlösung. Roy Thomas, der die Serie durchgängig schrieb, hatte sich schon zu Beginn John Buscema als Zeichner gewünscht, und auch Buscema hatte Interesse, aber Stan Lee sah die Erfolgsaussichten skeptisch und wollte Buscema dafür nicht abstellen. Man nahm stattdessen den Newcomer Smith, der kurz vorher unter abenteuerlichen Umständen von der Schule für Industriedesign und Illustration in London-West Ham nach New York gekommen war. Er verwendete einen ungewöhnlichen Stil, aber sein präraffaelitischer und jugendstiliger Conan war nicht der, den sich Robert E. Howard einst für „Weird Tales“ ausgedacht hatte. Buscema lieferte zwei Jahre später den definitiven Conan.
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