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Alt 21.08.2018, 21:37   #285  
Peter L. Opmann
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Spinne (Williams) 52

Erscheinungstermin: 2/1976

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 51
2) Submariner # 4

Story-Titel:
1) In den Klauen des Kingpin!
2) ohne Titel (Wer kämpft für Atlantis?)

Original-Storytitel:
1) In the Clutches of the Kingpin!
2) Who strikes for Atlantis?

Zeichnungen:
1) John Romita / Mickey Demeo (= Mike Esposito)
2) John Buscema / Frank Giacoia

Text:
1) Stan Lee
2) Roy Thomas



Etwa ab der Rückkehr von Kraven („Spinne“ # 48) hat sich nun eine mehr oder weniger durchgehende Storyline eingestellt. Man kann zwar noch beinahe jedes Heft einzeln lesen und verliert in der Serie nicht gleich die Orientierung, aber man sieht auch Entwicklungen, die sich über etliche Episoden hinwegziehen: das angeschaffte Motorrad, Peters Verbindungen zur Familie Osborn, das Hin-und-Hergerissensein zwischen Gwen und Mary-Jane. Aus Peter Parkers Entscheidung, seine Superhelden-Identität aufzugeben, ergibt sich die vorliegende Geschichte.

Ich war zunächst versucht zu schreiben, die Serie wird mit dem Kingpin realistischer. Das ist nicht richtig. Kingpin ist ein neuer Typus Schurke mit Intelligenz und krimineller Energie, einer, der nicht Amok läuft, der nicht nur von Rache getrieben ist und der nicht völlig lächerliche Welteroberungspläne verfolgt. Aber natürlich ist er trotzdem ein Klischee. An der Kingpin-Episode wird zudem deutlich, daß New York hier nur eine Kulisse ist. Eigentlich handelt es sich hier noch um ein Dorf. Wenn die Spinne unterwegs ist, sinkt die Verbrechensrate quasi auf Null (und wenn sie nicht da ist, können Gangster machen, was sie wollen – ich frage mich, was mit all den anderen Marvel-Superhelden los ist, die ja auch alle in NY sitzen). Wenn Jameson einen Leitartikel schreibt, ist der König der Unterwelt beinahe enttarnt (andere Zeitungen tappen völlig im Dunkeln oder existieren vielleicht gar nicht). Und wenn Kingpin zu einer Unterwelt-Konferenz einlädt, ist die Verbrecherszene der Stadt vollzählig versammelt. Dementsprechend kann dieses New York höchstens 1000 Einwohner haben.

Aber die Story muß sich nun einmal auf 20 Seiten runden. Kingpin hat das Gefühl, Jameson weiß zuviel und schreibt das dummerweise auch noch in seine Zeitung. Er befiehlt, ihn zu entführen; er will ihn auf Linie bringen. Frederic Foswell hat er schon in seiner Gewalt. Überraschend bringt er ihn nicht um die Ecke, sondern macht ihn zu seinem Adlatus. Von der Spinne wird noch allgemein angenommen, sie sei von der Szene verschwunden. Ein paar Gaunern, die wieder mal einen Geldkoffer geklaut haben (Inbegriff des Verbrechens im Dorf New York), leuchtet sie gehörig heim. Kurz darauf mischt sie sich in eine Mafiaaktion ein, bei der ein Clubbetreiber unter Druck gesetzt wird. Die Gangster setzen eine Granate ein; die Spinne verhindert jedoch, daß der Club einstürzt.

Dadurch wird Kingpin auf sie aufmerksam. Sein Interesse gilt aber zunächst vor allem Jameson – der wird am hellichten Tag aus seinem Büro entführt und mit verbundenen Augen zu Kingpin gebracht. Zunächst versucht er im Guten, den Zeitungsmann von seinen Artikeln abzubringen, Jameson erweist sich aber als furchtlos. Eigentlich ein guter Mann… Der Leser ist in Kingpins Pläne noch nicht so richtig eingeweiht; vielleicht erweisen sie sich auch noch als nicht so raffiniert, wie wir denken sollen. Jedenfalls platzt nun die Spinne in die Szene. Sie hat über die Gangster im Club die Spur Kingpins zurückverfolgt. Mit verbundenen Augen bekommt Jameson offenbar nicht richtig mit, was um ihn herum passiert. Im Kampf erweist sich Kingpin als ähnlich stark wie die Spinne. Wir erfahren, daß er wegen seiner Fettleibigkeit oft unterschätzt wird. Was wie Fett erscheint, sind offenbar in Wirklichkeit alles Muskeln. Seinen Stock, mit dem er Schockstrahlen verschießen kann, entwindet ihm die Spinne, bevor er ihn einsetzen kann, aber aus seiner Krawattennadel verschießt er ein Betäubungsgas, dem die Spinne zum Opfer fällt. Letztes Bild: Die Spinne ist am Boden; Jameson sagt, das habe er sich immer gewünscht, aber „nicht so!“ Hauptmotiv der folgenden Ausgabe wird also wohl sein, daß Jameson gegen seinen Willen gerettet werden muß, vielleicht auch Foswell.

Mir scheint es, als seien die Dialoge in diesem Heft umfangreicher und vielschichtiger als früher. Man muß aber noch sehen, ob Kingpin wirklich verzwickte Pläne verfolgt oder dann doch nur die Spinne, Jameson und Foswell umbringen will. Jedenfalls: Die Episode hat was. Das aus dem Rahmen fallende Jubiläumsheft („Spinne“ # 51) hat offenbar einen Impuls gegeben, der nun weiterwirkt.

Über die redaktionellen Seiten ist nicht viel zu sagen. Aber auf der vorletzten Seite ist ein Miniposter abgedruckt, das mir ziemlich gut gefällt. Es stammt noch von Steve Ditko und zeigt Peter Parker einst in der Schule, bietet aber eine hübsche Szene: Zwei von seinen Lehrern beratschlagen, ob sie ihn für ein Studienstipendium vorschlagen sollen. Flash Gordon ist derweil von Mädchen umringt und präsentiert seinen Bizeps. Rechts oben ist Peter in ein Buch vertieft. Links unten schwärmt ein Mädchen ungeachtet von Flashs Gockelei ganz insgeheim von ihm.

(Anmerkung: Bei den letzten Besprechungen habe ich versehentlich die Texter von Spider-Man und Submariner nicht angegeben; es waren aber jedesmal Stan Lee und Roy Thomas.)

Geändert von Peter L. Opmann (21.08.2018 um 21:42 Uhr)
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