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Alt 14.12.2021, 16:33   #287  
Peter L. Opmann
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Sorry wegen der diesmal längeren Pause - über die Feiertage kann ich sicher in kürzerem Abstand Rezensionen liefern.

Conan the Barbarian # 31 / Marvel-Superhelden-Comic-Taschenbuch: Conan # 4 / Conan der Barbar, Classic Collection # 2

Erscheinungstermin:
Oktober 1973 / 1980 (?) / 2019

Story-Titel: Der Schatten im Grabmal!

Original-Storytitel: The Shadow in the Tomb!

Zeichnungen: John Buscema und Ernie Chua

Text: Roy Thomas

Übersetzung: Burn-E

Die Story „The Thing in the Crypt“ habe ich schon mal erwähnt – hier spielt sie tatsächlich eine Rolle. Roy Thomas berichtet im Vorwort, sie habe er adaptieren wollen. Sie stammt von Lyon Sprague de Camp und Lin Carter. Wie schon erwähnt, hatte sich Marvel mit Carter über die Rechte geeinigt, aber mit de Camp gab es offenbar lange und schwierige Verhandlungen. Weil er wieder mal Einwände hatte, mußte Thomas hier sein Script verändern. Die Comicstory besteht aus kriegerischen Auseinandersetzungen mit einem primitiven Hügelvolk und einer Rückblende: Conan erinnert sich, wie er sich als junger Mann einmal ein neues Schwert besorgen mußte. Die Rahmengeschichte hatte John Buscema bereits in der Mache, also veränderte Thomas die Rückblende so, daß de Camp das Ganze nicht beanstanden konnte. Im Wesentlichen tauschte er wohl ein Skelett in der Gruft („Grabmal“ ist eine nicht ganz passende Übersetzung) gegen einen Schatten aus – Conans eigenen Schatten, was laut Vorwort eine Idee seiner Frau war.

Es ging wohl um die Originalstorys. Mir kam schon wiederholt in den Sinn, ob es Thomas wohl an Fantasie mangelte, sich eigene Comic-Geschichten auszudenken – zumal da ja relativ wenige Versatzstücke immer wieder variiert wurden. Aber das Entscheidende war wohl, vermerken zu können, daß es sich um eine Robert-E.-Howard-Adaption handelte (auch wenn andere Autoren seine Notizen verarbeitet hatten). Allerdings wurden die Originalstorys überwiegend in den Credits nicht angegeben. Und hier konnte es nur heißen: „mit dem von Robert E. Howard erdachten Helden“.

Conan ist hier wieder in der Armee von König Yildiz, unter dem Kommando von Hauptmann Malthuz. Conans Truppen ziehen sich nach dem Angriff der Hügelleute in eine Höhle zurück. Sie bieten darauf ein Stellvertreterduell gegen den Hünen Toruk an: Gewinnen die Turaner, können sie unbehelligt abziehen, verlieren sie, geht es ihnen schlecht. Malthuz will den Kampf aufnehmen, wünscht sich aber gegen Toruk ein Zauberschwert. Das bringt Conans Erinnerung zurück. Er wurde einst von einem riesigen Bären angegriffen. Zwar konnte er das Tier töten, aber dabei stürzte er in eine Höhle, und sein Schwert brach ab. Conan machte Feuer und erblickte einen Steinquader, aus dem eine Knochenhand ragte, die ein Schwert umklammerte. Als er seine Scheu überwand und das Schwert ergriff, mußte er plötzlich gegen seinen eigenen Schatten kämpfen. Conan riß einen Vorhang herunter und warf ihn in seine Feuerstelle. Das hellere Licht vertrieb den Schatten. Jung-Conan krabbelte aus der Höhle, warf aber das Zauberschwert aus Abscheu vor magischen Kräften dorthin zurück.

Wieder in der Gegenwart: Der Hauptmann will sich dem Duell mit Toruk stellen, wird aber von Conan niedergeschlagen. Er habe die bessere Chance, meint er. Es sieht so aus, als sei Conan unterlegen und fliehe in den Geröllhang. Aber tatsächlich benutzt er sein Schwert, eine Felsspitze ins Wanken zu bringen, und eine Steinlawine tötet Toruk. Das Hügelvolk zieht sich zurück. Am Ende wird eine aussagekräftige Szene gebraucht. Wir sehen Toruks Hand, die sein Schwert umklammert, aus den herabgestürzten Steinen ragen. Dann entgleitet es der toten Hand – es ist das Zauberschwert, das Conan vor langer Zeit in die Höhle zurückgeschleudert hatte.

Im Prinzip gefällt mir die Episode ganz gut. Sie gewinnt dadurch, daß sich ihr Ausgang mit der Rückblende rundet. Allerdings sind mir einige Details aufgefallen, die nicht stimmig sind. Vor allem stimmt Gil Kanes Cover wieder mal nicht. Es suggeriert, daß Conan wie in König Artus‘ Sage das Zauberschwert aus dem Stein ziehen muß (während sein Schatten hinter ihm schon zum tödlichen Hieb ausholt). In Wirklichkeit muß er das Schwert nur der Skeletthand entwinden. Etwas widersprüchlich kommt mir Hauptmann Malthuz vor. Einerseits ist er entschlossen, sich auf den Zweikampf einzulassen, aber er ersehnt sich dafür ein Zauberschwert (das tatsächlich sein Gegner Toruk besitzt). Sein Bild schwankt also in der Geschichte. In der Höhle sieht man einmal einen Krieger mit einem Arm in einer Schlinge. Das würde auf einen gebrochenen Arm hindeuten, aber so eine Verletzung ist weniger zu erwarten – und wer sollte ihm die Schlinge anlegen? Was Conans Schatten betrifft: Bei wenig Licht gibt es ihn noch nicht, bei etwas stärkerem Licht erwacht er zum Leben, und bei ganz hellem Licht stirbt er – das muß der Leser eben so akzeptieren. Der Stellvertreterkampf selbst: Das Vorbild dafür ist sicher die biblische Geschichte von David und Goliath; da sind die Voraussetzungen aber andere. Dieser Zweikampf sollte schon lange andauernden Kriegshandlungen zwischen zwei Völkern ein Ende setzen. Hier spricht eigentlich nichts für einen solchen Symbolkampf. Yildiz‘ Soldaten können Toruk von ihrer Höhe aus mit Pfeilen töten, aber das Hügelvolk kann die Truppen auch belagern und aushungern. Es bleibt zudem immer unklar, ob die Ehre zählt und beide Seiten den Ausgang des Duells anerkennen werden oder lieber zu Tricks greifen. Auch Conans Idee, Toruk durch Steinschlag zu erledigen, wird als „Trick“ bezeichnet. Aber alles in allem liest sich die Ausgabe wieder flüssig, und sie ist von Buscema und Chua solide umgesetzt. Mich stört inzwischen das etwas Fließbandhafte, das den „Conan“-Storys anhaftet.
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