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Alt 29.12.2019, 16:29   #180  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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  • Theodor Fontane: Effi Briest. Roman (Vorabdruck in Deutsche Rundschau Band 81 und 82 Oktober 1894 bis März 1895, Buchausgabe 1896)
  • Fontane Effi Briest oder Viele, die eine Ahnung haben von ihren Möglichkeiten und ihren Bedürfnissen und trotzdem das herrschende System in ihrem Kopf akzeptieren durch ihre Taten und es somit festigen und durchaus bestätigen, Bundesrepublik Deutschland 1974, Drehbuch, Produktion und Regie: Rainer Werner Fassbinder, 136 min, FSK: 12
Fassbinders eingängigste Verfilmung dürfte Welt am Draht sein. Erzählerisch nutzt in Fontane Effi Briest dieselben filmischen Mittel wie in Berlin Alexanderplatz: Textinserts, eine Erzählerstimme aus dem Off und Weißblenden. Der Vorspann zum Schwarzweißfilm läuft ohne Musik, ohne Ton. Die ersten Einstellungen sind sehr starr. Mit Berlin Alexanderplatz bin ich leichter zurande gekommen. Statt eines Dreiecksverhältnisses in einem Schmachtfetzen liefert Fassbinder hier distanziertes Anti-Hollywood.

Mittlerweile dürfte Fontanes Roman leichter zugänglich sein als diese Verfilmung. (Von Fontane habe ich in der Schule nur Unterm Birnbaum als Lektüre gehabt, andere Fontanes habe ich nicht gelesen.)

Irgendwie hat Fontane Effi Briest dennoch einen eigenen Sog entfaltet. Ich habe ihn wie eine Märchenverfilmung für Erwachsene gesehen. Bei Märchen wird der Plot ja auch als bekannt vorausgesetzt, so daß Spoilern nichts am Film ändert.
Fassbinder schließt manchmal das Erzählen kurz: Das Duell von Innstetten gegen Major Crampas zeigt er erst, als Major Crampas nach dem Schußwechsel schon im Sterben liegt. Der Seitensprung von Effi Briest mit Major Crampas wird bloß mit Strandszenen und einem Sitz in einer gemeinsamen Kutsche angedeutet.
Kinder dürften dem Film wohl als langweilig empfinden, auch viele Zwölfjährige.
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