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Alt 18.01.2022, 09:51   #5072  
michidiers
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Sandman Deluxe 6 - Die Gütigen





von Neil Gaiman und weiteren Künstlern

Inhalt: Nach der Entführung ihres Sohnes wendet sich die alleinerziehende Mutter Lyta Hall an die Gütigen. Die Gütigen - die Furien aus der griechischen Mythologie - ruhen nicht, bevor das Verbrechen, das sie sühnen wollen mit Blut fortgewaschen ist. In Morpheus (Sandman) ist der Schuldige schnell gefunden, denn nach eine Intrige von Loki und des Kobolds Puck (Sommernachtstraum) , macht Lyta den Sandman für das Verbrechen verantwortlich. Der hat sich daraufhin den Furien zu stellen und sieht dem Untergang des gesamten Traumreiches entgegen…

Meinung: Langsam aber sicher neigt sich diese außerordentliche Comicserie dem Ende zu. Gleich dreizehn US – Hefte und gut -350- Seiten nimmt sich Neil Gaiman Zeit, das Finale aufzubauen. Die Geschichte um Sandmans Rolle als Täter und gleichzeitig Opfer in dieser an eine griechische Tragödie angelehnten Story ist Höhepunkt und Hauptstrang, mit dem viele kleine Neben- und Unterplots verwoben sind.

Da Gaiman den Lesern stets etwas mitteilen möchte, habe ich mir auch darüber meine Gedanken gemacht und bin zu einem Ergebnis gekommen: Ausgehend von Morpheus (Sandman) falschen Entscheidungen aufgrund falsch verstandenem Pflichtgefühl und übersteigertem Stolz setzte er schon ab etwas Heft 10 der Serie eine verhängnisvolle Kette von Ereignissen in Gang, die unweigerlich in den Untergang führt. Sandman, hoffend, dass er diesen Untergang irgendwie aufzuhalten ist, jedoch ahnend, dass dieser unaufhaltsam ist, kommt zu einer abschließenden Erkenntnis. Jeder ist für seine Taten verantwortlich und hat die daraus entstehenden Konsequenzen zu tragen. Doch sogar der Tod ist gleichbedeutend mit Auferstehung, so bedeutet jedes noch so tragische Ende gleichzeitig einen Neubeginn. Ein Gesetz der Natur, dass Schöpfung und Tod in eine unauflösliche Wechselwirkung bindet. Trauer über den Tod wechselt sich in Glück über eine Neugeburt.

Wer sich als Leser auf einen Showdown einstellt, der wird enttäuscht sein. Recht unspektakulär ist das Ende des Sandmans, was auch passend zu seinem bescheidenden und zurückhaltenden Wesen ist. Nur ein Handreich zu seiner Schwester Death läutet seinen Tod ein. Deutliche Anlehnung findet das Bild im Deckenfresko Michelangelos in der Sixtinischen Kapelle. Im Fresko scheint Gott seiner Schöpfung Adam seine Hand zu reichen. Gaiman definiert dieses Bild als den Tod Sandmans, was der theologischen Idee auf dem ersten Blick vollkommen entgegenläuft, durch die Auferstehung eines neuen Sandmanns aber im Umkehrschluss bestätigt werden kann.

Am Ende gibt es noch einen langen Epilog (Sandman Special 1 aus dem Jahr 1991), in dem die antike Sage um Orpheus (in der Serie ist er der Sohn von Morpheus und Kalliope) und Eurydike, deren Schicksal im Reich Hades und Orpheus schrecklicher Tod durch die Hand der Mänaden erzählt wird:



In Sandman Special 1 werden einige der weiter oben von mir angesprochenen falschen Entscheidungen Morpheus thematisiert und genial in die originale Sage eingewoben.

Der vorliegende Deluxe Band 6 enthält den Inhalt des Panini Paperbacks 9 „Die Gütigen):



Geändert von michidiers (05.03.2022 um 12:00 Uhr)
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