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Alt 03.11.2018, 19:25   #399  
Peter L. Opmann
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Ort: Hessen
Beiträge: 5.542
Spinne (Williams) 80

Erscheinungstermin: 3/1977

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 79
2) Journey into Mystery # 122

Story-Titel:
1) …und strolcht nie mehr!
2) Wo Sterbliche vor Furcht zittern!

Original-Storytitel:
1) To prowl no more!
2) Where Mortals fear to tread!

Zeichnungen:
1) John Buscema / Jim Mooney
2) Jack Kirby / Vince Colletta

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Der zweite Teil der Strolch-Story gefällt mir deutlich besser als der erste, wenngleich manches daran kurios erscheint. Die Auflösung des Cliffhangers kommt mir vor wie eine Erzählung von Baron Münchhausen. Da Peter Parker beim Kampf mit dem Strolch von Jonah Jameson überrascht wird, läßt er sich so ungefähr im zehnten Stock aus dem Fenster fallen. Kein Netz kann den Sturz in die Tiefe verhindern, aber seine akrobatischen Fähigkeiten helfen ihm. Er bremst, indem er immer wieder Hände und Füße gegen die Wand schlägt und kann schließlich einfach auf seinen Füßen landen. Physikalisch wohl ebenso möglich, wie sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf zu ziehen.

Einschub: Die US-Redaktion teilt auf der Splashpage mit, es sei eigentlich ein Strolch-Dreiteiler geplant gewesen, aber da sich die Leser dagegen ausgesprochen hätten, habe man sich mit zwei Teilen begnügt. Vielleicht eine Spätfolge der Tafel-Story, die manchem eventuell zu unübersichtlich war. Deutsche Leser hatten mutmaßlich eher keine Meinung zu Fortsetzungsstorys. Auf jeden Fall mußte man aber am Ball bleiben, da man sonst die neuesten Entwicklungen in Bezug auf Gwen, Harry, Flash, Jameson, Tante May oder Mary-Jane (die allerdings schon länger nicht mehr aufgetaucht ist) nicht mitbekam.

Der Strolch erschrickt über Peters Sturz und wird von Jameson sofort des Mordes beschuldigt. Er flieht. Peter hat sich aber inzwischen in die Spinne verwandelt und nimmt ihn draußen in Empfang. Der Strolch weiß sich aber zu wehren und setzt seinem Gegner so sehr zu, daß die Spinne schließlich benommen zurückbleibt, während der Strolch sich endgültig davonmacht. Peter Parker läßt sich nochmal beim Daily Bugle blicken und schwindelt Jameson vor, die Spinne habe ihn aufgefangen. JJJ ist freilich verärgert darüber, daß er wieder mal keine Fotos gemacht hat. Peter wankt nach Hause und wälzt vielerlei Sorgen.

Auch Hobie Brown überdenkt die letzten Erlebnisse. Er kommt zu dem Schluß, daß er aus dieser Geschichte nur noch gut herauskommen kann, wenn er die Spinne zur Strecke bringt und doch noch zum Held wird. Auf dem Weg zur Uni trifft Peter Gwen. Sie möchte wissen, was mit ihm los ist. Er läßt durchblicken, daß er von ihrer Beziehung zu Flash weiß, und läßt sie stehen. Tief deprimiert erfährt er am Abend aus dem Fernsehen, daß der Strolch wieder raubend in der Stadt unterwegs ist (was nicht seinen Plänen entspricht), und er versucht, sich auf andere Gedanken zu bringen, indem er zur Spinne wird und ihn fängt. Diesmal will er auch seine Kamera schußbereit haben.

Erneut durchkämmt die Spinne die ganze Stadt - nun auf der Suche nach dem Strolch. Es bleiben noch etwa zwei Seiten für den entscheidenden Fight. Diesmal läßt die Spinne ihrem Gegner keine Chance, fängt ihn und verklebt seine Waffen mit ihrem Netz. Dann demaskiert sie den Strolch und erkennt, daß er ein junger Bursche ist. Sie macht ihm klar, daß er sich noch nichts hat zuschulden kommen lassen und noch problemlos in ein normales Leben zurückkehren kann. Sie selbst, fügt sie mit reichlich blumigen Worten hinzu, kann das nicht mehr: „Wir beide reiten auf einer Rakete ins Nichts… nur daß du Glück hattest, …weil du ausgestiegen bist.“

Dieser doch eigentlich recht sinnfreie Spruch ist durchaus geeignet, einen jüngeren Leser zu beeindrucken. Aber die Story ist nicht reines Blendwerk. Den Umgang der Spinne mit dem Strolch finde ich recht überlegt, den Schluß angemessen. Es wäre weder befriedigend gewesen, wäre der Strolch lediglich besiegt worden und hätte Rache geschworen, noch, wenn die Spinne ihn ins Gefängnis gebracht hätte – beides ein Standard-Schluß für Superheldengeschichten. Nicht überzeugend finde ich nach wie vor, wie der Strolch überhaupt entsteht. Natürlich muß es in einem Superheldencomic Supergegner geben, sonst sehe ich aber keine Motivation, daß Hobie zum Strolch wird. Und sein Plan, Geld zu rauben und anschließend den Raub wiedergutzumachen, bleibt hirnrissig. Möglicherweise war der Punisher, einige Jahre später, der erste halbwegs realistische Bösewicht, jedenfalls in der Marvel-Welt.

Ebenfalls verständnislos stehe ich der Infoseite über US-Kriegscomics, speziell die Serie „Blue Tracer“ gegenüber. Soweit ich jetzt gegogelt habe, war das ein Kriegscomic von vielen, entwickelt im Verlag Quality Comics, der dann später in DC aufging. Man kann eine gewisse Verbindung zur Serie „Die schwarzen Falken“ herstellen, die beim bsv gelaufen war. Aber mit Marvel hat das alles nichts zu tun. Dabei hatte auch dieser Verlag im Zweiten Weltkrieg etliche Kriegscomics am Start. Aber vielleicht wollte die Williams-Redaktion bei diesem heiklen Thema auch gerade Verbindungen zu Marvel möglichst vermeiden. Hatte es zuvor schon Informationen über Kriegscomics gegeben, wie hier behauptet wird? Da fällt mir höchstens „Der Fall Der Rote Wächter“ ein, eine jedoch ziemlich anders gelagerte Sache.
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