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Alt 30.05.2018, 14:43   #114  
Servalan
Moderatorin Internationale Comics
 
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Anläßlich des 18. Comic Salons Erlangen 2018 präsentiere ich in den nächsten Tagen Comicklassiker und teilweise schon wieder vergessene Comics, die Liebhaber und Liebhaberinnen der Kunst interessieren könnten.
Den Anfang macht ein viel zu jung verstorbener Mangaka, der oben in Post #66 schon einmal erwähnt wurde:
  • Jirō Taniguchi | 谷口 ジロー: 歩くひと (Kodansha 1990-1991, Tankobon 1991), französische Ausgabe: L'Homme qui marche (Casterman Écritures 1995, 2003, 2012 und 2015), italienische Ausgabe: L'uomo che cammina (Panini Comics Plant Manga 1999), englischsprachige Ausgabe: The Walking Man (Fanfare / Ponent Mon 2007), portugiesische Ausgabe: O Homem que Caminha (Devir Livraria Devir Manga Portugal 2007), deutsche Ausgabe: Der spazierende Mann (Carlsen 2009 und 2012), 152 Seiten
Auf dem 17. Comic Salon Erlangen 2016 fand ein einstündiges Podium unter dem Titel: Der Brückenbauer – Die Welt von Jirō Taniguchi (53 min) mit Christian Gasser, Lars von Törne und seiner französischen Agentin Corinne Quentin statt. Der Tod Taniguchis am 11. Februar 2017 wurde weltweit als großer Verlust für die Comicwelt betrauert.
Taniguchi schuf ein vielfältiges Werk, das sich besonders in den ersten Jahren durch actionbetonte Abenteuer, häufig vor grandiosen Naturkulissen, auszeichnet. Wie bei den meisten Künstlern entwickelte sich sein Werk mit Brüchen in Phasen. Taniguchi wurde durch die Assistenten seines Studios unterstützt, die ihm zuarbeiteten und trotz des immensen Umfangs ein gleichmäßig hohes künstlerisches Niveau garantierten.

Taniguchi ließ sich stark von westlichen Comickünstlern wie Moebius beeinflußen (später gestalteten beide zusammen einen Manga).
1983 nahmen einige Mangaka am Comicsalon in Angoulême teil, unterstützt vom japanischen Außenhandelsministerium. Kurz darauf erschienen anspruchsvolle Manga, beispielsweise von Yoshiharu Tsuge, in der französischen Comiczeitschrift Métal Hurlant und in den USA im legendären RAW. Während sich Mangas in den 1990er Jahren im Westen auf dem Markt durchsetzten, wurden sie von der Kritik als Kinderkram belächelt.
L'Homme qui marche war der erste Manga im Westen, der als Comic für ein erwachsenes Publikum ernstgenommen wurde. Weil sich auch zahlreiche Comicautoren in Amerika und Europa für den stillen Comic um einen namenlosen Mann begeisterten, der durch eine ungenannte japanische Stadf flaniert, avancierte der Manga rasch zum Klassiker. Wahrscheinlich weil der Manga mit etlichen Klischees über die exotischen Comics aus Fernost brach: Es passiert wenig, gesprochen wird kaum und vieles bleibt vage.

Ein junger Mann zieht mit seiner Frau in eine neue Wohnung. In siebzehn kürzeren Spaziergängen erkundet er die Landschaft.
In ihrem Katalogbeitrag verweist Angela Ziegenbein von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft auf ein Konzept, durch das sich die japanische Ästhetik auszeichnet: 間 Ma, das Konzept des negativen Raums, kommt in Taniguchis Manga grandios zur Geltung.

Geändert von Servalan (27.06.2018 um 23:50 Uhr)
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