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Alt 17.11.2015, 14:26   #17  
Servalan
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Standard François Rabelais: Gargantua und Pantagruel (1532 - 1564)

Winkler Weltliteratur Dünndruck Ausgabe, mit Illustrationen von Gustave Doré, 1517 Seiten in zwei Bänden
Diverse französische Ausgaben in verschiedenen Fassungen, unter anderem in der Bibliothèque de la Pléiade (Gallimard) und Textes littéraires français (Droz)
https://de.wikipedia.org/wiki/Gargantua_und_Pantagruel
https://fr.wikipedia.org/wiki/François_Rabelais

Während die französische Wikipédia Rabelais' Werk ausführlich betrachtet, rafft die deutschsprachige Online-Enzyklopädie seinen Status prägnant zusammen:
Zitat:
Heute gilt Rabelais, obwohl er aufgrund seiner archaisch gewordenen Sprache und seiner oft kaum mehr verständlichen Wortspiele und Anspielungen wenig gelesen wird, als der größte französische Autor des 16. Jahrhunderts, als einer der Großen der französischen Literatur überhaupt und speziell als Galionsfigur des moralisch häufig unkorrekten, dafür aber volkstümlich-heiteren „esprit gaulois“ oder eben „rabelaisien“.
Durch modernisierte Übersetzungen haben Fremdsprachler gegenüber Muttersprachlern einen gewissen Vorteil, sobald die Sprache zu sehr veraltet. Die Originalfassung im mittelalterlichen richtet sich heute vorwiegend an Sprach- und Literaturwissenschaftler, Mediävisten und eingefleischte Liebhaber klassischer Texte. Bei übersetzten Fassungen lassen sich moderne Verständnishilfen flüssiger und subtiler in den Text einarbeiten.

Die insgesamt fünf Bücher über ein imposantes Riesengeschlecht sind Teil der französischen Kultur geworden, und der unersättliche Gargantua dürfte zu den Urahnen des Hinkelsteinlieferanten Obelix gehören: Beide vereint ein schier unersättlicher Appetit und die Lust am Feiern.

Ähnlich wie Luther mit seiner deutschen Bibelübersetzung, hat der frühe Humanistund Ordensbruder Rabelais (1494 - 1553) erst Franziskaner, später Benediktiner) den Leuten aufs Maul geschaut. Die fünf Bände vermitteln ein ziemlich rauhes Bild der frühen Neuzeit aus ihrem Inneren heraus, kein geschönt-bekömmliches Image wie bei einem Mittelaltermarkt oder einem historischen Roman. Zunächst sollte es nur ein Buch geben, aber durch den Erfolg kamen weitere Fortsetzungen zustande, das letzte Buch erschien nach Rabelais' Tod.

Insofern handelt es sich um eine Art Serie im weitesten Sinne, in der Rabelais mittelalterliche Genres vom Fürstenspiegel bis zum Erziehungsratgeber parodiert. Besonders leibliche Genüsse und körperliche Vorgänge werden eindrucksvoll in Szene gesetzt - vom Essen und Trinken bis zum Scheißen und Pissen. Der Klassiker wurde unter anderem von Gustave Doré und Honoré Daumier illustriert.

Wer die fremdartige Welt unserer Vorfahren entdecken möchte, dem empfehle ich die ersten beiden Bücher. Schon das Blättern in den illustrierten Fassungen ist ein Genuß.

Geändert von Servalan (17.11.2015 um 15:46 Uhr)
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