Wolfgang Herrndorf (1965-2013) gehört mittlerweile zu den Klassiker der deutschen Gegenwartsliteratur, eine entsprechende Werksausgabe wird meines Wissens gerade vorbereitet.
Er studierte Malerei an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, schuf als Illustrator zahlreiche Titelbilder für den Haffmans Verlag. Mit seinem Debütroman
In Plüschgewittern (2002) wurde er von den Kritikern der Popliteratur zugeordnet. Das große Publikum entdeckte ihn mit seinem Bestseller
Tschick (2012), dessen Fortsetzung
Bilder deiner großen Liebe (2014) ein Fragment geblieben. Wegen eines Hirntumors nahm sich Herrndorf das Leben.
Aus
Wikipedia:
Zitat:
Er arbeitete als Illustrator und Autor unter anderem für das Fanzine Luke & Trooke, den Haffmans Verlag und die Satirezeitschrift Titanic.
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Sein einstiger
Titanic-Kollege
Oliver Maria Schmitt eröffnete Herrndorfs Ausstellung "Bilder" im Berliner Literaturhaus mit einer Rede, die weitere Details liefert. Weil Herrndorfs in diesen Tagen 50 Jahre alt geworden wäre, druckt
Die Zeit /
Zeit online (12. Juni 2015) diese Rede ab:
Zitat:
Gegen Humor im Bild habe er prinzipiell nie was gehabt, im Gegenteil, neben seiner möglicherweise ernsthaft zu nennenden Malerei habe er ja auch immer die komische betrieben, sich an Zeichnungen, Cartoons und Comics versucht. An Pointen sei er aber immer wieder gescheitert. "Witze zu machen, fand ich irgendwann doof", sagte er, erhob sich und überließ mir den Balkon. "Von einer gewissen Komik hätte ich gern mehr gehabt", warf er noch hinterher, "und mehr von dem Großen sowieso." (...)
Anfang 1995 war ich gerade frischgebackener Titanic-Chefredakteur, da rief mich Layoutchef Tom Hintner in seinen Maschinenraum, er müsse mir mal was zeigen. Eine Mappe sei eingetroffen, von einem Nürnberger Kunststudenten, sehr schöne Sachen, aber er wisse nicht genau, was man damit anfangen solle. Die große, grüne Mappe von einem gewissen Wolfgang Herrndorf war übervoll mit den verschiedensten Arbeiten, Comics, Cartoons, Illustrationen, Studien, Scribbles – viel mehr, als man normalerweise bei einer Zeitschrift einreichen würde. Die über allem schwebende Mitteilung der Mappe: "Seht her, was ich kann."
Es mangelte und mangelt der Titanic nicht an Zeichnern, die eher spartanisch, reduziert, oder sagen wir besser: fürs Auge unergiebig zeichnen; was nicht als Vorwurf zu verstehen ist, denn in der Regel soll ja die Pointe im Vordergrund stehen. Da freute man sich umso mehr über einen, der dem Auge richtig viel bot. Der neue Mitarbeiter Herrndorf wurde schnell zur Geheim- und Allzweckwaffe für die Redaktion, denn er konnte schlechterdings alles: Kolumnen illustrieren, Witze machen, erratische doppelseitige Gemälde hinzaubern, sodass man sich in Frankfurt darum stritt, wer als Erster die neue Herrndorf-Lieferung begutachten durfte.
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