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Alt 25.05.2019, 16:53   #37  
Peter L. Opmann
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Der mächtige Thor (Williams) 7

Erscheinungstermin: 7/1974

Originalausgabe:
1) Journey into Mystery # 89
2) Journey into Mystery # 102
3) Silver Surfer # 3

Story-Titel:
1) Der Donnergott und der Gangsterboß
2) Der Tod kommt zu Thor!
3) Die Macht des Bösen

Original-Storytitel:
1) The Thunder God and the Thug
2) Death comes to Thor!
3) The Power and the Prize!

Zeichnungen:
1) Jack Kirby / Dick Ayers
2) Jack Kirby / Paul Reinman
3) John Buscema / Joe Sinnott

Text:
1) Stan Lee / Larry Lieber
2) Stan Lee
3) Stan Lee



Dieses Heft habe ich schon erwähnt. Das Cover hat sich mir ins Gedächtnis eingegraben. Den Inhalt kenne ich sicher nicht aus meiner Kindheit. Ich könnte mir vorstellen, daß ich das Heft im Lebensmittelladen in meinem Dorf in der Hand hielt, aber kein Geld hatte, um es zu kaufen. oder mich vielleicht schweren Herzens doch für etwas anderes entschieden habe. Vielleicht kenne ich das Cover aber auch nur von der Monatsvorschau her. Dieses Covermotiv läßt eine wirklich epische Geschichte erwarten. Mich spricht bis heute noch die Pose an und diese ganze Monumentalität. Die Stadt New York schrumpft zu einer Lilliput-Kulisse zusammen. Auch das reine Blau des Himmels, kontrastierend mit dem roten Cape, den gelben Haaren und den gelben Bändern um Thors Leib tut das seine dazu.

Hätte ich mir das Heft tatsächlich gekauft, wäre ich vermutlich enttäuscht gewesen. Denn hier hat es Thor erstmals mit einem einfachen Gangster zu tun. Schön, dieser Gangsterboß ist ziemlich abgebrüht, und zur Steigerung der Dramatik hat er eine Freundin, die eigentlich ein gutes Herz hat, aber das ist nun wirklich keine angemessene Thor-Story. Es gibt aber zumindest erste Ansätze zu einer Superheldenserie: Der Schauplatz New York, die Arztpraxis von Don Blake, Thor als Beschützer der Bürger und Freund der Polizei rücken ein wenig mehr in den Mittelpunkt. Trotzdem ist das in meinen Augen insgesamt eine ziemlich schwache Episode.

Zu Beginn geht es um die Geheimidentität: Thor kehrt zu Blakes Praxis zurück, wird dort aber von wartenden Patienten gesehen, so daß er nicht hinein kann. Im Stockwerk über der Praxis sind Wachsfiguren gelagert. Aus einer von ihnen macht er eine Thor-Attrappe und schleudert sie davon. Es sieht so aus, als würde Thor wegfliegen. Dann taucht er als Don Blake bei seinen Patienten auf. Für neue Leser wird noch einmal kurz die Origin-Story von Thor wiederholt, und das „Dreiecksverhältnis“ zwischen Blake, Thor und Jane Foster wird noch einmal aufgeblendet. Jane träumt davon, wie sie als Thors Frau seinen Hammer wienern, sein Cape bügeln und ihm eine zivile Frisur verpassen würde (für Kinder mögen solche Frauenträume normal gewirkt haben). Dann beginnt die eigentliche Story: Bei einem Schußwechsel mit der Polizei wird der Gangsterboß Thug (der Name läßt seine Brutalität anklingen) Thatcher an der Schulter verletzt. Blakes Praxis ist nur ein paar Schritte entfernt. Er flüchtet sich also dorthin und wird von ihm medizinisch versorgt. Obwohl Don Blake keine Anstalten macht, die Polizei zu verständigen, befürchtet Thug genau das. Ein Gangster hat Blake unwissend seinen Stock weggenommen, so daß er sich nicht in Thor verwandeln kann, aber er bittet Göttervater Odin einzugreifen. Der sendet einen Blitz, und Blake kann blitzschnell den Stock ergreifen und zu Thor werden.

Thor mischt die Gangsterbande problemlos auf, aber Thug nimmt Jane Foster als Geisel. Thor kann ihm aber seine Pistole aus der Hand schlagen Jane in Sicherheit bringen. Thug flüchtet sich auf ein Stahlgerüst. Thor erzeugt mit seinem Hammer Blitze, die den Stahl zu schmelzen beginnen. Dann bricht das Gerüst zusammen, aber nicht deswegen, sondern weil es aus von Thug geliefertem Stahl gebaut ist. Sein Verbrechen besteht darin, Geschäfte mit minderwertigem Stahl zu machen. Seinen Machenschaften fällt er nun gleichsam selbst zum Opfer. Thugs Freundin versucht die ganze Zeit, ihn zum Aufgeben zu bewegen, aber Thug ist eiskalt und will sie erschießen. Thor rettet ihn vor dem tödlichen Sturz; seiner Freundin nimmt er die Erinnerung an ihn, so daß sie frei ist für einen besseren Partner. Ende gut, alles gut. Im nächsten Heft soll der „Blaupapier-Mann“ auftreten (tatsächlich kommen wieder mal Außerirdische auf Besuch).

Noch immer bekommen wir eher Mystery-Storys im Sinne von „Journey into Mystery“ aufgetischt als etwas Superhelden-mäßiges. Die Geschichte von Thug Thatcher paßt nicht zu Thor. Offenbar waren sich Autor und Künstler noch gar nicht richtig bewußt, mit welchen Kräften sie ihn ausgestattet hatten. Davon abgesehen, fällt doch ein gewisser Einfallsreichtum auf, mit dem Thor in Schwierigkeiten gebracht wird und sie löst. Mit seinem Hammer kickt er Thugs Pistole weg; er greift das Gerüst mit Blitzen an oder bringt Jane mit einem kleinen Wirbelsturm aus der Gefahrenzone. Diese Kabinettstückchen sind für Thor allerdings eindeutig mindestens eine Nummer zu klein. Ich meine freilich, Superman hat in dieser Zeit oder in den 50er Jahren solche kleinen Tricks auch gern eingesetzt. Die Geschichte ist so verwickelt, daß Jack Kirby immer mehr als sechs Bilder pro Seite einsetzt. Also eine aufwendig ausgearbeitete, eine kuriose, aber keine gute Story.

Geändert von Peter L. Opmann (26.05.2019 um 16:20 Uhr)
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