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Alt 12.04.2018, 11:13   #59  
Peter L. Opmann
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Die Spinne (Williams) 13

Erscheinungstermin: 7/1974

Originalausgabe:
1) Amazing Spider-Man # 11
2) Tales to Astonish # 84

Story-Titel:
1) Der Tod von Bettys Bruder mit dem schurkischen Dr. Octopus!
2) Aquarius läuft Amok!

Original-Storytitel:
1) Turning Point
2) Like a Beast at Bay!

Zeichnungen:
1) Steve Ditko
2) Gene Colan / Dick Ayers

Text:
1) Stan Lee
2) Stan Lee



Dieses Heft sieht so aus, wie ich die Marvels aus meiner Kindheit hauptsächlich in Erinnerung habe: Etwas kleineres Format als andere Comichefte, erstmals durchgehendes Handlettering (etwas zittrig, aber alles in allem gut lesbar), die Vorschau auf die kommende Monatsproduktion in der dann lange üblichen Form: die sieben Titel und der Hinweis, daß „Spinne“ und „FV“ 14-tägig erscheinen. Noch nicht gelöst ist das Problem, im Heft zwei Storys auf 32 (netto 29) Seiten unterzubringen. Bei der „Spinne“ fehlt diesmal eine Seite, bei Aquarius sind es wieder drei (und das Cover), was mich bei Williams ziemlich enttäuscht.

Mit „Turning Point“ beginnt der erste Zweiteiler der Hauptserie, noch freilich ohne Cliffhanger. Die zweite Rückkehr eines spektakulären Schurken (nach dem Geier) wird ganz einfach eingefädelt: Doc Ock (siehe „Spinne“ # 5) wird aus dem Gefängnis entlassen, gut geführt hat er sich auch. Man merkt: Er ist intelligent, auch wenn sein Charakter sich durch seinen radioaktiven Unfall verändert und ihn zu einem unberechenbaren Verbrecher gemacht hat. Die Spinne hat vergeblich versucht, den Gefängnisdirektor von der Entscheidung abzubringen. Mittels Spinnenspürer will sie zumindest erhellen, was Ock mit seiner Freiheit anfängt. Hier nimmt die Story eine überraschende Wendung: Dr. Octopus wird von Betty Brant abgeholt – die Welt ist doch klein in einer Stadt wie New York.

Die Spinne kann sich keinen Reim darauf machen, warum sich seine Freundin mit Doc Ock trifft, aber den Lesern wird es sofort enthüllt: Bettys Bruder Bennett, ein Rechtsanwalt, soll Gangsterboß Blackie aus dem Knast holen – allerdings nicht mit legalen Mitteln. Das soll Ock übernehmen (er kehrt also sofort auf die schiefe Bahn zurück). Bennett ist unter Druck, weil er Schulden bei Blackie hat, und Betty hilft ihrem Bruder und bringt Ock zu seinem Job. Kurz darauf trifft sie Peter Parker und beichtet ihm, was sie getan hat. Peter nimmt sich insgeheim vor, Betty seine Geheimidentität zu enthüllen. Aber nun muß er sich zuerst in die Spinne verwandeln, um Blackies Ausbruch zu verhindern. Das gelingt ihr jedoch nicht, da sie der Polizei in die Arme läuft. Sie flieht, während Ock Blackie aus seiner Zelle befreit und zu einem Boot im Hafen bringt.

Das Verhängnis nimmt seinen Lauf: Bennett will sich von den Gangstern lösen, aber Blackie denkt nicht daran, ihm seine Schulden zu erlassen. Die Spinne greift ein, aber verstaucht sich den Knöchel und wird gefangengenommen. Dr. Octopus will sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, sich an ihr zu rächen. Es beginnt eine wilde Rauferei, bei der auch die versammelten Gangster mitmischen. Dabei wird Bennett erschossen – er hatte sich schützend vor Betty gestellt. Sie dreht daraufhin durch und gibt der Spinne die Schuld. Im folgenden Showdown setzt der Netzschwinger zunächst – trotz lädiertem Knöchel – Blackie und seine Bande außer Gefecht, dann auch Ock. Das inzwischen führerlose Boot prallt gegen eine Befestigung; sowohl die Spinne als auch Ock werden ins Wasser geschleudert. Ock nutzt die Verwirrung zur Flucht. Peter steht Betty in ihrem Leid bei, sieht aber keine Chance mehr, ihr zu enthüllen, daß er die Spinne ist. Ein Hinweis auf die nächste Ock-Story fehlt.

Wenn man von den Unwahrscheinlichkeiten absieht, ist das eine ganz ansehnliche Episode. Den Tod von Bennett Brant sieht man als Kenner der Serie mit anderen Augen, wenn man an Captain Stacy und natürlich vor allem Gwen denkt. Doch von solchen Dramen sind wir hier weit entfernt, denn Bennett ist eine ziemlich austauschbare Figur – sein Tod soll vor allem Betty und die Spinne gegeneinander in Stellung bringen. Es fällt auf, daß in dieser Story auf Humor fast völlig verzichtet wird; das verbietet sich offenbar, wenn etwas Tragisches passiert. Aber mehrmals wird Peter Parker als untypischer Held gezeigt: Er kommt als Spinne der Polizei in die Quere und erregt Verdacht, selbst den Gangsterboß befreit zu haben. Und er muß unter Schmerzen kämpfen, weil er über eine Seilrolle gestolpert ist. So etwas kannte man bei Superhelden bis dahin wohl nicht.

Steve Ditkos Zeichnungen werden immer besser, was ich etwa an den oft recht aufwendigen Hintergründen ablese. Die Figur der Spinne wird zudem zunehmend drahtiger und nimmt viele akrobatische Posen ein. Manche dieser Posen bewähren sich nicht, aber etliche sind dann in der Ditko-Phase immer häufiger zu sehen. Negativ fällt noch immer das teilweise nicht sehr akkurate Inking auf. Ditko wird noch wesentlich besser werden, hat aber inzwischen einen annehmbaren Standard erreicht. Am Cover ist diesmal nicht viel auszusetzen, nur ein Textkasten, in dem über die Aufdeckung von Peters Geheimidentität spekuliert wird, wird bei Williams für „Aquarius“-Werbung zweckentfremdet.

Geändert von Peter L. Opmann (12.04.2018 um 13:03 Uhr)
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