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Alt 12.02.2017, 12:43   #3607  
Peter L. Opmann
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Auch Stan Lee ging bei der Konstruktion seiner Storys nach Schema F vor. Die Grundstruktur dieser Episode folgt einem wohlbekannten Muster: Die FV werden von ihrem Gegner in eine Falle gelockt, und er hat sich einen Plan zurechtgelegt, wie er jedes Teammitglied einzeln überwältigen kann – Fackels Flamme wird gelöscht, Ding entscheidend geschwächt, die Unsichtbare und Mr. Fantastic werden eingefangen. Etwas stimmt jedoch nicht mit der Kalkulation, und die FV können sich befreien, zurückkehren und ihn schließlich besiegen. Das haben wir in den vorherigen Ausgaben schon oft gesehen. Wäre das der einzige Inhalt, wäre das Heft ziemlich langweilig.

Aber hier gibt es noch weitere Handlungsebenen. „Der Schwarze Panther“ ist offensichtlich eine Reaktion auf die amerikanische Bürgerrechtsbewegung, vor allem die Emanzipationsbestrebungen der Schwarzen. Deshalb wird demonstrativ gezeigt, daß es in Afrika ein Königreich mit avancierter Technologie gibt. Afrikaner sind keine Dummköpfe, sondern den weißen Amerikanern mindestens ebenbürtig, wird damit zu verstehen gegeben. Wir sehen allerdings keine schwarzen US-Amerikaner. Ob das vielleicht doch zu riskant, zu provokant gewesen wäre? In diesem Kontext bekommt das Kräftemessen von Panther und den FV eine andere Bedeutung: Der frühe schwarze Superheld muß dem weißen Quartett wohl auch erst demonstrieren, daß er ernstzunehmen ist.

Wer in seiner Kalkulation nicht vorkam, ist Wyatt Wingfoot, ein native american, also ein Indianer, dem man seine Abstammung allerdings kaum ansieht. Wingfoot befreit seinen Studienkollegen Fackel, und der bringt die übrigen Mitglieder der FV in den Kampf zurück. Am Ende ist freilich die weiße Überlegenheit wiederhergestellt, wenn Reed feststellt, daß der Schwarze Panther kein Gegner für die FV mehr ist, da er das Überraschungsmoment nicht mehr auf seiner Seite hat. Vermutlich soll das die weißen Leser beruhigen – alles eben nicht so einfach.

Kurz eingeblendet werden die Nichtmenschen, die weiterhin vergeblich versuchen, sich aus dem Negativfeld, das die Große Zuflucht umgibt, zu befreien. Das schafft offenbar nicht einmal Black Bolt. Und Crystal verzehrt sich in Liebe zu Johnny, der Fackel. Ein Erinnerungskärtchen von Stan Lee, daß er demnächst die Nichtmenschen wieder richtig ins Spiel bringen wird.

Der Schwarze Panther tritt hier, obwohl er sich als großzügiger Gastgeber für die FV gibt, zunächst in der typischen Schurkenrolle auf. Am Ende lüftet er jedoch freiwillig seine Maske und verspricht, nun seine Geschichte zu erzählen, die viel mit Tragik und Rache zu tun hat. Man kann bereits absehen, daß sich nun seine Wandlung zum Helden vollziehen wird.

Der Panther trägt ein durchgehend schwarzes Kostüm, das teilweise einen lederartigen Schimmer aufweist, und ein neckisches kurzes Cape, das er bald darauf ablegen wird. Ich sehe da eine Parallele zur Schwarzen Witwe, die bei ihrem Kostümwechsel in Amazing Spider-Man # 86 ebenfalls ihr Cape ablegt – das war, von Ausnahmen wie Thor oder Vision abgesehen, doch eher ein Golden-Age-Requisit. Jack Kirby ist im übrigen nicht der ideale Panther-Zeichner. Er kann dessen Behendig- und Gelenkigkeit zwar visualisieren, seine Stärke liegt aber eher bei eindrucksvollen Kraft-Typen.

Davon abgesehen, ist das Heft von ihm und Joe Sinnott grafisch exquisit gestaltet. Nur die Sprechblasen, die von Williams teils deutlich erkennbar vergrößert wurden, bereiten wieder Probleme. Das Cover gefällt mir sehr gut: Die FV schleichen kampfbereit durch wuchernden Technikkram, während sich der Schwarze Panther von oben auf sie stürzt (ähnlich ist die Splashpage gestaltet). Zu seinem Debüt ein dramatischer Auftritt für ihn; mich stört allerdings, daß er hier wirklich als Bösewicht verkauft wird, der er offenbar von Anfang an nicht sein soll. Aber, wie oben bereits ausgeführt, Stan Lee bricht noch nicht konsequent aus gängigen Erzählmustern aus.
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