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Alt 29.04.2016, 15:02   #107  
Detlef Lorenz
Operator 50er Jahre
 
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Nummer 22 Im Lande des Inka – Pizarro gegen Atahualpa





Das vorliegende Heft, Ende Februar 1955 erschienen, wartet mit gleich mehreren positiven Überraschungen auf: die Wichtigste, endlich sind die unansehnlichen Schmuckfarben rot und blau verschwunden. Der Druck wird ab jetzt mit schwarzer Farbe bewerkstelligt. Zudem ist nach langer Zeit mal wieder Eugen Blumentritt als alleiniger Zeichner vertreten. Im Vergleich zu seinem letzten Heft, der Nummer 18, kommen hier seine teils filigranen Zeichnungen viel besser zur Wirkung. Auch wenn er erneut etliche Anleihen beim Prinz Eisenherz genommen hat, sein Stil ist sicherer geworden.






Die oben stehende Abbildung der Seite 23 zeigt interessante Aspekte. Der erste Streifen ist aus Prinz Eisenherz, aber aus welcher Sonntagsseite? In der rechten unteren Ecke der ersten beiden Streifen hat er seine Initialen eingefügt, EB. Auf der Abbildung weiter unten, der Seite 29, eine eindrucksvolle ganzseitige und querformatige Schlacht(en)szene finden wir seinen hier ausgeschriebenen Schriftzug ebenfalls unten rechts.
Der Titel des Heftes „Im Lande des Inka“ erfreute mich, immerhin heißt es hier völlig zu recht „des Inka“. Schließlich handelte es sich um einen Titel, der später auf das ganze Volk umgedeutet wurde, aber eben noch nicht zu diesem Zeitpunkt. Bisher war es in der Reihe des Öfteren üblich, die Geschichten nicht abzuschließen, das behandelte Geschehen wurde nicht zu Ende erzählt. Hier ist es genau umgekehrt: Die Handlung setzt ein, als der Inka Atahualpa bereits von den Spaniern festgesetzt wurde und für seine Freilassung einen ganzen Raum voll Gold anbot, etwas was die Konquistadoren in Südamerika schließlich gesucht hatten. Ich zitiere mich hier ausnahmsweise einmal selber und zwar aus der Sprechblase 148, in der Teil 1 meiner damaligen Beschreibung der Serie schon einmal lief – nur nicht so ausführlich und jedes Heft behandelnd, wie hier. Wenn es mir unpassend erscheint, kürze oder verändere ich den damaligen Text etwas, das wird aber erkennbar sein.

In den bisherigen Heften, z. B. der Nummer 1, wurde zwar die Goldgier der spanischen Eroberer herausgestellt, aber immer wurde versucht, ihnen hehre Motive zu unterstellen. Zitat: „Das inhaltlich völlig anderes möglich war, zeigt der (vorliegende) Band. Hier zeigt Blumentritt unverblümt die Habgier der Spanier, die es ausschließlich auf das Gold der Inkas angesehen haben (der Raub- und Vernichtungszug des Cortez in Mexico war ihnen da ein Vorbild, dieser war schließlich ein Verwandter Pizarros). Er scheut sich auch nicht, den Kulturfrevel zu schildern, die den gesamten Gold- und Silberschatz der Einfachheit halber eingeschmolzen haben, da er so leichter zu transportieren war. Auch die hinterlistige Art und Weise , wie die Spanier mit Atahualpa umgesprungen sind, wird fast genüsslich geschildert. Die spanischen Hauptleute überlegen, wie sie mit dem Inka nach der Zahlung des Lösegoldes weiter verfahren wollen. „Wenn der Inka frei ist, wird er das Volk gegen uns aufrufen und sich die Schätze wieder holen.“ Das macht Pizarro nachdenklich: “Wenn ich ihn aber nicht freilasse, holt sich vielleicht das Volk seinen Kaiser.“ Aber Riquelme hat einen Plan. „Wir bezichtigen ihn des Verrats und stellen ihn vor ein Gericht. Dann wird er zum Tode verurteilt und das Recht ist auf unserer Seite.“ Es versteht sich von selbst, dass der Inka wenige Bilder weiter vor dem Inquisitionsgericht den spitzfindigen Fragen und Winkelzügen der Spanier nicht gewachsen ist … und den Tod durch Erdrosselung erleidet. Weshalb wird nun das spanisch/katholische Raub- und Machtgebaren so anschaulich geschildert, während die zwar zuerst auch katholischen, aber die nach der Reformation protestantisch/preußischen Eroberungszüge eher wohlwollend geschildert werden? Da der selbe Zeichner derart gegensätzliche Texte bearbeitet, drängt sich natürlich der Verdacht auf, dass die Zeichner zwar die Episoden und wohl auch einen gewissen Text vom zuständigen Redakteur zur Verfügung gestellt bekamen, aber die endgültige Bearbeitung im Verlag stattfand. Und hier war es entweder Hans-Jürgen Linden oder (inzwischen und nicht im Impressum vermerkt) Dr. Knoop. Zitat Ende.

Das war meine damalige Sichtweise der Dinge und ich kann da immer noch zu stehen. Einen Punkt habe ich im letzten Satz in Klammern gesetzt, der damals nicht dort stand. Für die Heftreihe war inzwischen, womöglich mit diesem Heft, ein Wechsel des Redakteures vonstatten gegangen. So weit wie ich informiert war und bin, schied Linden aus und wurde durch Dr. Knoop ersetzt. Die Begrüßung der Leserschaft hier und in anderen Lehning-Heftserien „Euer Hans-Jürgen“ war nur noch ein fake, häufig wurde es auch von Frau Reuter, der Chefsekretärin in Hannover verwendet. Woher ich diese ganzen Infos habe, entzieht sich heutzutage meiner Kenntnis, ich habe damals leider vergessen, entsprechende Quellenangaben zu machen



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Diese Abbildung kommt mir auch irgendwie bekannt vor, eventuell die „Alexanderschlacht“, im Ausschnitt und Hintergrundmäßig bearbeitet natürlich.


Zurück zum Heft: Nach der Zahlung des unglaublichen Lösegeldes wird der letzte Widerstand der „Inkas“ geschildert und die internen Machtkämpfe der Spanier um die Beute um die alleinige Macht im indianischen Reich. Ähnliches war schon in Mexico passiert, warum sollte es hier anders sein. Das Heft endet mit dem Tode Pizarros bei einer Revolte kaltgestellter spanischer Truppenteile. Alles in allem hat es mir gut gefallen und macht Neugierig auf das folgende, das wiederum von Blumentritt gestaltet wurde.

Zum Schluss die üblichen und notwendigen Zahlenangaben: Nachdem Pizarro erstmals 1526-28 im nördlichen Südamerika Raubzüge erfolgreich durchgeführt hatte, erhielt er von Karl V die Erlaubnis für weitere Erkundungen und Eroberungen weiter südlich, also im Inka-Reich durchzuführen. 1532 landete er im Norden Perus mit rund 300 Mann. Atahualpa verfügte über tausende von Kriegern, aber die Spanier waren nicht nur besser bewaffnet, sie hatten auch Pferde, Kanonen und Musketen, die zusammen genommen die Überlegenheit der Angreifer ausmachten. Nach den Siegen auch gegen den letzten Inka, Manco Capac, bekriegten sich die Spanier untereinander. Almagro revoltierte gegen Pizarro, unterlag, aber der Sieger wurde bei einer Meuterei der Unterlegenen 1541 getötet. Soweit die Fakten und nichts anders steht im Heft!

P.S. Bei meinen Netzrecherchen zu Pizarro wurde ich überwiegend auf einen gewissen „Claudio“ statt Francisco verwiesen …
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