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Alt 21.06.2020, 22:47   #2503  
God_W.
Captain Rezi
 
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Road to Perdition



Um so grob beim Thema zu bleiben geht es weiter im Chicago der 30er Jahre, wo Michael O’Sullivan sich den zweifelhaften Ruf als einer der gefürchtetsten Killer der Unterwelt erarbeitet hat. An sich ist „Mike“ ein liebevoller, treusorgender Familienvater, seine Frau fragt lieber nicht so genau nach was er eigentlich tut und die Kinder haben sowieso keinen Schimmer. Das ändert sich allerdings, als sich sein älterer Sohn Michael Jr. einschleicht, als Mike zusammen mit dem Sohn seines Bosses zu einem Auftrag aufbricht. Die Beiden sollen einer dritten Gruppe unmissverständlich klar machen, dass sie ihren Alkohol nur bei Ihnen, und nicht bei einer rivalisierenden Familie zu kaufen haben. Den Männern soll nur Angst gemacht werden, was Mike in der Regel allein mit seiner Anwesenheit recht gut hinbekommt. Der Sohn des Oberbosses ist allerdings ein nervöser Heißsporn und alles andere als schlau. Als dieser sich von der Gegenseite provozieren lässt gipfelt die Aktion in einem Blutbad – einem das Michale Jr. mit ansehen musste.

Mike nimmt seinem Sohn das Versprechen eines Ehrenmannes ab nie auch nur ein Wort über das zu verlieren, dessen Augenzeuge er am heutigen Abend wurde und auch Connor Looney, dem Sohn des Bosse scheint dieses Versprechen zu reichen. Das scheint sich im Laufe der Nacht allerdings zu ändern und so steuert Mike O’Sullivans Familie auf eine absolute Katastrophe zu. So kommt, dass kurze Zeit darauf Mike zusammen mit seinem ältesten Sohn, die beiden einzigen Überlebenden seiner Familie, sich auf einer wahnwitzigen Flucht quer durch mehrere Bundesstaaten befinden. Immer auf der Flucht vor angeheuerten Mafiakillern, aber auch auf der Suche nach Rache für das, was ihnen angetan wurde. Ziel ist das Städtchen Perdition, wo Michael Jr. bei Verwandten in Sicherheit gebracht werden soll. Aber ist diese Hoffnung auch berechtigt, oder ist der Name des Städtchens Programm?

Spitzenmäßige Graphic Novel zwischen düsterem Mafia-Epos und Road-Movie. Trotz brutaler Schießereien und hochdramatischer Ereignisse liegt der Fokus doch auf dem Zusammenspiel zwischen Vater und Sohn, und wie letzterer seinen alten Herrn während der Zeit der gemeinsamen Flucht erst wirklich kennenlernt. Da schafft es Autor Max Allan Collins sogar einige humorvolle, und Geborgenheit vermittelnde Passagen unterzubringen. Hauptziel des Vaters ist es allerdings nicht nur seinen Sohn körperlich in Sicherheit zu bringen, sondern vor allem seine Seele vor der grausamen Welt, in der er seinen Lebensunterhalt verdienen musste, fern zu halten.

Vielen ist der Stoff vermutlich durch die äußerst starke Verfilmung von Regisseur Sam Mendes mit Tom Hanks in der Hauptrolle ein Begriff. Der Film war bei seinem Erscheinen anno 2002 in aller Munde, da die Rolle des Eiskalten Killers eine denkbar ungewöhnliche für Strahlemann Tom Hanks darstellte. Klar gab es da einige Änderungen, um den Charakter etwas besser auf ihn anzupassen, und auch die Story selbst wurde an der ein oder anderen Stelle für das Drehbuch etwas abgewandelt, aber insgesamt bin ich auch mit der Verfilmung äußerst zufrieden. Ich habe den Film kürzlich, nach der Lektüre des Buches, mal wieder aus dem Bunker gekramt und muss sagen, dass die Schauspieler allesamt einen prima Job machen. Neben Hanks brilliert der damals 14-jährige Tyler Hoechlin als dessen Sohn, Jude Law kommt als Auftragskiller herrlich „unbequem“ rüber, dass Daniel Craig den absoluten Unsympath, den feigen Sohn des Bosses spielt war mir so gar nicht mehr bewusst und in der Rolle seines Vaters gibt Altstar Paul Newman in seiner letzten Rolle eine kleine Galavorstellung. Nur wenig Screentime, aber ein würdiger Abschied eines der ganz ganz großen.

Abschließend ist es für mich schwierig zu bewerten, ob jetzt der Comic, der bei Heyne in einem 296 Seiten starken, in S/W gehaltenen Taschenbuch erschienen ist, oder der Film besser sind. Beides finde ich sehr stark und jede Variante hat ihre Vorzüge. Der Comic ist ein Stück weit kompromissloser und man ist weniger voreingenommen, als bei einem Schauspieler, den man schon so oft gesehen hat. Dazu bietet die Graphic Novel ein herrlich düsteres und passendes Artwork von Richard Piers Rayner und als Schmankerl noch den ein oder anderen Auftritt eines „Gaststars“ aus der damaligen Mafia-Szene, was dem Ganzen noch etwas mehr Realismus verleiht. Dennoch hat Sam Mendes beim Film auch ganz viel richtig gemacht. Am besten vergleicht Ihr selbst mal.

8,5/10

Leider nur in einem normalen Taschenbuch untergebracht. Die Zeichnungen hätten auch ein größeres Format vertragen und in einem Hardcover wie z.B. bei A History of Violence hätte ich auf jeden Fall noch einen halben Punkt mehr gegeben. Ist einfach eine grandiose Story.

VG, God_W.
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